Gesetzentwurf der Landesregierung

Landtag: Buchhaltungs- und Finanzordnung der Gemeinden verabschiedet

Donnerstag, 01. Dezember 2016 | 16:02 Uhr

Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich heute mit dem Landesgesetzentwurf Nr. 104/16: „Buchhaltungs- und Finanzordnung der Gemeinden und der Bezirksgemeinschaften der Autonomen Provinz Bozen“ (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag von LR Schuler) befasst. Dieses Gesetz war vor einem Jahr vom Landtag in einer Sondersitzung beschlossen worden, erklärte LR Arnold Schuler. Man wollte eine Anpassung auf die neuen Haushaltsbestimmungen und einen Einheitstext, um ein Nachschlagewerk zu haben. Das Gesetz sei in einigen Punkten angefochten worden. Damit die Gemeinden Rechtssicherheit haben, ist bis zum Urteil ein neues Gesetz nötig. Die EU-Vorgaben machten nun alle Haushalte von Staaten, Regionen und Gemeinden vergleichbar. Bisher sei da und dort oft einiges verschleiert worden, um dem Stabilitätspakt zu genügen. Der Vorteil des neuen Systems sei auch, dass man zu einem Kassensturz gezwungen werde und alles offenlegen müssen, was man habe – daher hätten die Abschlussrechnungen der Gemeinden heuer auch so viele Verwaltungsüberschüsse zutage gebracht. Das Land habe mit seinem Einheitstext auch einige Besonderheiten berücksichtigt und den Verweis auf einige staatliche Bestimmungen unterlassen, und dies sei dann angefochten worden. Er hoffe, dass das Gesetz heute verabschiedet werden könne, damit die Gemeinden nicht vor einer Rechtslücke stehen.

Andreas Pöder (BürgerUnion) hat zum Gesetzentwurf eine Tagesordnung vorgelegt, mit der er eine Förderung des Zusammenschlusses von Kleingemeinden fordert. In Südtirol gebe es 48 Gemeinden unter 2.000 Einwohnern, davon 17 unter 1.000 und 5 unter 500. Durch eine Zusammenlegung ließen sich Millionen einsparen, mehr als durch gemeinsame Dienste.

Die Initiative sollte bei den Gemeinden bleiben, meinte Pius Leitner (Freiheitliche), eine Fusion dürfe nur im Konsens geschehen. Im Trentino z.B. seien nicht alle Fusionsvorhaben von der Bevölkerung angenommen worden. Es gebe in Tirol nichts Höheres als den Kirchturm, das sei zu bedenken.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bezweifelte das Einsparungspotenzial. In der Steiermark und in Baden-Württemberg habe man mit den Zusammenlegungen finanziell nichts erreicht, es seien mehr Mitarbeiter einzustellen gewesen, die Organisation der Dienste sei schwieriger geworden, die Hoffnung auf mehr Standortattraktivität habe sich nicht erfüllt. Sinnvoller wäre es, Dienste zusammenzulegen.

Auch Hans Heiss (Grüne) zeigte sich skeptisch. Südtirol habe halb so viele Gemeinden wie Tirol oder das Trentino. Die Vereinigung bestimmter Dienste sei sinnvoll und weiter voranzutreiben. Wichtig sei auch eine Gemeinwesenentwicklung, um das Zusammenspiel der Fraktionen in einer Gemeinde zu optimieren.

Dieter Steger (SVP) schloss sich den Worten der Vorredner an. Bei einem Fusionszwang sehe er das Problem, dass man gewachsene Identitäten missachtet und dass es lange Zeit braucht, damit sich Synergieeffekte zeigen. Man sollte daher vor allem den zweiten Weg einschlagen: die Dienste zusammenlegen. Damit stelle man keine Identitäten in Frage und es könnten auch Synergieeffekte erzielt werden.

LR Arnold Schuler verwies darauf, dass die Region für Gemeindezusammenlegungen zuständig sei. Gemeinden seien gewachsene Strukturen und über die Jahrhunderte stabiler als Staaten und Regionen, daher die starke Identifikation mit der eigenen Gemeinde, vor allem in kleinen Gemeinden, wo sich die Bürger auch für das Gemeinwesen engagieren. In den Städten hätten sich die Bürger längst schon aus dieser Solidarität verabschiedet. Unter dem Faschismus seien aus 200 Gemeinden 90 geworden, einige hätten sich danach wieder scheiden lassen. Wenn man nur auf die Effizienz schaue, müsste man Bozen in mehrere Gemeinden aufteilen. Schuler kündigte für Frühjahr einen Gesetzentwurf an, auf dessen Grundlage die Gemeinden gemeinsam Kompetenzzentren schaffen könnten, gemeinsam einen Sekretär nutzen usw. Das sei vielversprechender als Fusionen. Die Tagesordnung wurde mit zwei Ja, 23 Nein und sechs Enthaltungen abgelehnt.

Artikeldebatte

Art. 1 nennt die Zielsetzung des Gesetzes.
Andreas Pöder kritisierte, dass man hier wieder einfach staatliche Bestimmungen übernehme, nur um keine Anfechtung zu riskieren. In Zukunft möchte man solche Verweise natürlich vermeiden, antwortete LR Schuler, genau darum bemühe man sich ja um neue Zuständigkeiten. Der Artikel wurde mit 19 Ja, elf Nein und vier Enthaltungen genehmigt.

Art. 21 betrifft den konsolidierten Haushalt, der für Gemeinden über 5.000 Einwohner vorgeschrieben wird. Andreas Pöder beantragte, dem Rat der Gemeinden folgend, eine Schwelle von 10.000 Einwohnern. Die Bestimmung greife erst ab 2018, erklärte LR Arnold Schuler, daher gebe es genug Zeit zur Anpassung. Der Artikel wurde ohne Änderung mit 16 Ja, einem Nein und 13 Enthaltungen genehmigt.

Art. 35 enthält die Aufhebung einer Bestimmung zur vorzeitigen Tilgung von Darlehen. Andreas Pöder berief sich wieder auf den Rat der Gemeinden und forderte die Streichung, da man sonst zwei Klassen von Gemeinden schaffen würde, da einige dies bereits erledigt hätten. Der Einwand sei berechtigt, antwortete LH Arno Kompatscher, aber man habe mit den Gemeinden darüber gesprochen: In diesem Moment sei es volkswirtschaftlich besser, die Überschüsse für Investitionen zu verwenden. Die Schulden gingen derzeit schnell zurück. LR Arnold Schuler fügte hinzu, dass man durch verschiedene Maßnahmen die Schulden bereits halbiert habe, 2028 würden sie gegen Null gehen. 2008 hätten die Gemeinden noch jährlich 60 Mio. Euro an Zinsen gezahlt, jetzt seien es nur mehr 30 Mio. Der Artikel wurde unverändert mit 17 Ja, einem Nein bei 13 Enthaltungen genehmigt.

In seiner Stimmabgabeerklärung kritisierte Andreas Pöder (BürgerUnion), dass man wieder einmal vor der Regierung Renzi die Hosen herunter lasse. Deren Anfechtungen seien der beste Beweis, dass man ihnen nicht trauen könne. Hier würden die Regeln des Staates sklavisch übernommen.

Es sei eine Kompromisslösung zwischen dem, was man versucht habe, und dem, was Rom wolle, bemerkte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung). Es sei eine schmerzlicher Weg, die Grenzen der Autonomie auszuloten. Der Gesetzentwurf wurde mit 18 Ja, zehn Nein und vier Enthaltungen genehmigt.

Von: mk

Bezirk: Bozen