Von: luk
Bozen – Das Plenum im Landtag hat heute die Debatte zum Beschlussantrag Nr. 474/21: wieder aufgenommen: Anti-Covid-Strategie: IMPFEN und TESTEN (eingebracht von den Abg. Amhof und Ladurner am 13.08.2021, Ersetzungsantrag von Amhof, Ladurner, Lanz, Tauber vom 15.09.) Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, 1. sobald die staatlichen Voraussetzungen geschaffen sind, dafür Sorge zu tragen, dass die Green-Pass-Pflicht auf alle öffentlichen Verwaltungen und privaten Unternehmen, sowie auf alle organisierten Ansammlungen von Personen (Veranstaltungen, Sitzungen, Feiern, Gottesdienste usw.) ausgedehnt wird; 2. das Konzept der freiwilligen Testung an den Schulen weiterzuführen und geimpfte und negativ getestete SchülerInnen soweit möglich von der Quarantänebestimmung der Schule auszunehmen; 3. kostenlose Tests für Schülerinnen und Schüler anzubieten, damit diese ihre Aktivitäten im außerschulischen Bereich wahrnehmen können; 4. geimpften Bürgerinnen und Bürgern eine gewisse Anzahl von Nasenflügeltests zur Verfügung zu stellen; 5. weiterhin einen niederschwelligen Zugang zum Impfen zu garantieren.
“Mit einer flächendeckenden Impfung und zusätzlichen Tests könnte die vierte Corona-Welle möglichst flach gehalten werden. Impfen ist der Königsweg, das Testen braucht es ebenso.” Das unterstreicht Magdalena Amhof in dem Beschlussantrag, den sie mit mehreren LandtagskollegInnen eingebracht hatte, und der vom Südtiroler Landtag mit großer Mehrheit angenommen wurde. Damit bleibt das Konzept der freiwilligen Testung an den Schulen weiterhin garantiert und geimpfte Personen sollen eine gewisse Anzahl an Nasenflügeltests zur Verfügung gestellt bekommen.
Nach den gestrigen Stellungnahmen der Abgeordneten und der Landesregierung ging Magdalena Amhof (SVP) auf die einzelnen Stellungnahmen ein. Man unterstütze die staatlichen Vorgaben zur Green-Pass-Pflicht. Der Antrag ziele außerdem darauf ab, eine Quarantäne nach positiven Fällen in der Schule zu vermeiden und die Gratistests auf außerschulische Aktivitäten auszuweiten. Gratistests für alle wolle man hingegen nicht, man wolle stattdessen jene unterstützen, die sich impfen ließen.
Der Antrag wurde in Teilabstimmungen zu den einzelnen Punkten mehrheitlich angenommen.
Beschlussantrag Nr. 478/21: Lebensmittelverschwendung eindämmen (eingebracht von der Abg. Ladurner am 26.08.2021, Änderungsantrag von Gert Lanz vom 17.09.). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, folgende Punkte zu prüfen: – Die Erstellung eines Aktionsplans gegen Lebensmittelverschwendung gemeinsam mit Handelsunternehmen, Produzierenden und karitativen Organisationen in Südtirol; – Betrieben, die für den Müll bestimmte Lebensmittel kostenlos abgeben, die Müllgebühren zu reduzieren, wie vom Staatsgesetz Nr. 166 vom 19. August 2016 vorgesehen; – das Landesgesetz vom 13. März 2018 bis spätestens 1.6.2022 dahingehend zu überarbeiten, dass a) das Entsorgen von genusstauglichen Lebensmitteln aus dem Lebensmitteleinzelhandel und Mensen verboten wird, und b) Handelsunternehmen zu Vereinbarungen mit karitativen Organisationen verpflichtet werden, die Spenden von überschüssigen Lebensmitteln vorsehen; – eine preisliche Staffelung des Biomülls pro Person/Haushalt nach Verursacherprinzip und Kontingentierung zu überprüfen; – Daten zu Lebensmittelabfällen in der Landwirtschaft und der lebensmittelverarbeitenden Industrie zu erheben und überflüssige Handels- und Qualitätsnormen (z.B. „zu kleine Äpfel“) zu überprüfen; – verbindliche Reduktionsziele für Lebensmittelproduktion und Handel einzuführen.
“Ungefähr ein Drittel der weltweit für den menschlichen Verzehr hergestellten Lebensmittel wird jährlich verschwendet, das sind ungefähr 1,6 Milliarden Tonnen”, erklärte Jasmin Ladurner (SVP). “44 Prozent der globalen Abfälle bestehen aus Lebensmitteln und Grünpflanzen, wobei Lebensmittelabfälle einen großen Teil ausmachen. In der EU werden jedes Jahr 88 Millionen Tonnen verschwendet (173 kg pro Kopf), in Italien rund 130 kg pro Kopf.” Während es im globalen Süden vor allem zu unbeabsichtigten Verlusten bei der Ernte komme, so trete Lebensmittelverschwendung im globalen Norden vor allem am Ende der Wertschöpfungskette auf, bei Einzelhändlern und Verbrauchern. “Die Eindämmung dieser Lebensmittelverschwendung, ist laut Klimaexperten, eine der wichtigsten Stellschrauben, an der wir drehen können, um den Klimawandel wirksam entgegentreten zu können.” Es gebe auf internationaler und lokaler Ebene bereits mehrere Initiativen gegen diese Verschwendung, z.B. “Una bella occasione” von der Verbraucherzentrale oder „To good to go“, die überschüssige Lebensmittel zu einem Drittel des Preises verkaufen. Ladurner begrüßte die letzte Woche vorgestellte Kampagne gegen Lebensmittelverschwendung, aber es brauche neben der Sensibilisierung auch konkrete Schritte. Das Mindesthaltbarkeitsdatum, das oft gegen solche Initiativen ins Feld geführt werde, bedeute nicht, dass die Lebensmittel danach ungenießbar würden. Sie nehme den Änderungsantrag von Gert Lanz an – die Landesregierung möge “prüfen” statt “umsetzen” -, da sie auch gegenüber ihrer Fraktion Verantwortung zeigen wolle, erwarte sich aber in Zukunft eine andere Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und Abgeordneten.
Brigitte Foppa (Grüne) unterstützte den Antrag und erinnerte an ihren eigenen zu den Essensresten in den Restaurants. Das Thema hänge stark mit dem Klimawandel zusammen. Zweifel habe sie zu Punkt 4, denn Biomüll bestehe auch aus Gartenresten.
Die Landesregierung wolle von den Abgeordneten anscheinend nur Zustimmung zu ihren Initiativen, bemerkte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Der Antrag greife ein wichtiges Thema auf. Neben Punkt 4 sehe er auch Punkt 3 als problematisch, vor allem für Lebensmittelläden im ländlichen Raum. Von dort müssten die überschüssigen Lebensmittel in die Stadt gebracht werden, was wiederum Verkehr produziere. Ein Problem sei auch die verpackte Menge – man könne nicht mehr die zwei Zwiebeln kaufen, die man gerade brauche.
Ladurner spreche mit ihrer Klage zur Zusammenarbeit vielen Abgeordneten aus der Seele, erklärte Josef Unterholzner (Enzian). Nach abgelaufenem Verfallsdatum dürfe ein Geschäft die Lebensmittel nicht mehr weitergeben, das sei strafbar. Leider würden die Konsumenten zu oft auf das Aussehen achten als auf den Geschmack, etwa bei Äpfeln oder Karotten. In Südtirol würden oft staatliche Gesetze missachtet, nur bei den staatlichen Coronavorgaben folge die Landesregierung blind.
Paul Köllensperger (Team K) schloss sich der Klage Ladurners über die Zusammenarbeit an. Die Opposition habe keine Chance, Gesetzesentwürfe voranzubringen. Das sei unproduktiv. Man sollte sich fraktionsübergreifend zusammensetzen und die Zusammenarbeit überdenken.
Alex Ploner (Team K) fand es auffällig, dass kurz vor Behandlung dieses Antrags eine Sensibilisierungskampagne zum Thema gestartet werde. Es gebe ein Landesgesetz, das Martha Stocker 2018 vorangebracht habe, das die vom Antrag geforderten Maßnahmen vorsehe. Man bräuchte nur dieses Gesetz anzuwenden.
Lebensmittel würden heute sehr aufwendig hergestellt, meinte Helmut Tauber (SVP), umso mehr müsste man darauf achten, Verschwendung zu vermeiden, die weder moralisch noch wirtschaftlich tragbar sei. Vor dem Hintergrund des Klimaplans und der Nachhaltigkeitsstrategie sei auch dieses Thema anzugehen. Es gebe bereits Initiativen gegen die Lebensmittelverschwendung, auch in der Gastronomie.
Franz Locher (SVP) betonte, dass bereits viel getan werde, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Eine gezielte Preisgestaltung für den Biomüll halte er für undurchführbar. Die Kunden wollten perfekte Lebensmittel. Es wäre verboten, verfallene Lebensmittel z.B. dem Altersheim weiterzugeben. In den letzten zehn Jahren sei sehr viel geschehen, um Verschwendung zu vermeiden. Früher seien Lebensmittel tonnenweise mit den Baggern vernichtet worden. Der Antrag sei zur Auffrischung gut, aber vieles sei nicht umsetzbar.
Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol) fragte Ladurner, was sie unter Lebensmittelverschwendung in der Landwirtschaft verstehe.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) nahm Ladurners Klage zur Zusammenarbeit zur Kenntnis, aber heute erlebe man eine Show in drei Akten. Der ursprüngliche Antrag sei wirkungslos, er fordere die Landesregierung auf, weiterzumachen. Die zweite Fassung verlange Dinge, die nicht durchführbar seien. Man sei heute also nur hier, um ein Thema aufzuzeigen.
Gerhard Lanz (SVP) erklärte sich zur Zusammenarbeit mit der Opposition bereit, diese habe aber nie das Gespräch gesucht, um eventuell Mehrheiten für ihre Initiativen zu finden. Beim Biomüll sollte es vor allem eine Änderung im Verhalten geben. Die Mensen müssten verfallene Lebensmittel laut Gesetz entsorgen. Das Thema sei jedenfalls wichtig. Seine Fraktion sei immer gesprächsbereit und auch offen für gemeinsame Anträge.
LR Giuliano Vettorato sprach sich für den Antrag aus. Einiges davon sei bereits angegangen worden. Punkt 4 müsse man prüfen, denn jede Gemeinde habe ihre eigene Regelung.
LR Waltraud Deeg verwies auf eine jüngst erschienene Broschüre, die aufzeige, was getan und erreicht wurde. Darin werde auch eine Verringerung der Lebensmittelverschwendung um zwölf Prozent festgestellt. Man werde die Punkte des Antrags prüfen und sehen, was umsetzbar sei. Das Gesetz von Stocker sehe einen Koordinierungstisch vor, in dem Landesabteilungen, Wirtschafts- und Sozialverbände vertreten seien. Man werde auch gerne die Verbraucherzentrale aufnehmen. Es gehe dabei auch um Medikamente, einen besonders komplexen Bereich – ein entsprechender Fachbeirat werde vom Präsidenten der Apothekerkammer geleitet.
Jasmin Ladurner bedankte sich für das breite Interesse zum Thema. Die Weitergabe der Lebensmittel könne auch in der Peripherie funktionieren, durch Abkommen mit karitativen Organisationen. Das Landesgesetz sehe vor, dass die Weitergabe auch über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus möglich sei, außer bei sehr verderblichen Lebensmitteln wie etwa Fleisch. Es sei bereits viel unternommen worden, aber es gebe – angesichts der eingangs genannten Zahlen – noch viel Luft nach oben. Ihr gehe es um das Thema und es sei wichtig, dass es parteiübergreifend geteilt werde.
Der Antrag wurde in Teilabstimmungen zu den einzelnen Punkten mehrheitlich angenommen, mit 18 (Punkt 4) bis 29 (Punkt 1) Jastimmen.
Damit war die Tagesordnung erschöpft, und Präsidentin Rita Mattei schloss die Sitzung um 11.45 Uhr.