Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag wurden heute Anträge von Alto Adige nel cuore, 5 Sterne Bewegung und Grünen behandelt.
Beschlussantrag Nr. 795/17: Mehr Luftmessstationen einrichten (eingebracht vom Abg. Urzì am 30.6.2017). Die Landesregierung möge verpflichtet werden, 1. dringend eine Studie in Auftrag zu geben, um eine bessere Überwachung der Schadstoffquellen auf dem gesamten Gebiet der Gemeinde Bozen und der angrenzenden Gemeinden zu gewährleisten und die Gründe der gesundheits- und umweltschädlichen Emissionen eindeutig zu ermitteln sowie die in der genannten Studie vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen, etwa durch die Errichtung neuer Messstationen an geeigneten Standorten bzw. durch den Ausbau der bestehenden sowie durch die Entnahme von Boden-, Untergrund- und Grundwasserproben; 2. eine neue Messstation neben dem Coni-Sportplatz bzw. am Eingang des Virgltunnels oder an einem anderen für geeignet erachteten Ort, vorzusehen, damit die Höhe der Schadstoffemissionen in Oberau/Haslach überwacht wird, auch in Anbetracht der stark gesundheitsschädlichen Emissionen, die durch den Verkehr auf der nahegelegenen Autobahn und am Virgltunnel selbst sowie entlang der Uferstraße verursacht werden.
Die Luftwerte würden in Bozen nur an drei Stellen gemessen, bemängelte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore). “Es wäre sinnvoll, auch in anderen Stadtteilen die Luftqualität zu messen, insbesondere in Oberau/Haslach, wo es im Vergleich zu anderen Stadtteilen aufgrund der Nähe zur Autobahn und des hohen Durchzugsverkehrs entlang der Uferstraße zu einer höheren Umweltbelastung kommt. Infolge der Inbetriebnahme der Müllverbrennungsanlage wäre es zudem erforderlich, eine ständige und flächendeckende Kontrolle der Luftqualität in Bozen und in den angrenzenden Gemeinden, die auch von den Emissionen dieser Anlage betroffen sind, zu gewährleisten.”
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) unterstützte den Antrag und plädierte sogar für eine Ausweitung angesichts des heutigen LKW-Staus vom Brenner bis nach Bozen. Er fragte, was aus dem Beschluss geworden sei, mit dem eine Koordinierung zwischen A22 und Asfinag gefordert wurde. Der Stau zeige, dass eine Koordinierung derzeit nicht stattfinde, denn nördlich des Brenners gebe es keinen Stau.
Urzì lege den Finger in eine offene Wunde, meinte Brigitte Foppa (Grüne), die auch auf die Stickoxide verwies, die in Bozen, vor allem längs der Autobahn, die Grenzwerte überschreiten würden.
Auch Hans Heiss (Grüne) betonte, dass die Stickoxide in den letzten Jahren zur größeren Gefahr als der Feinstaub geworden seien. In Nordtirol gebe es viel mehr Messstationen, während in Südtirol die Messstation in Schrambach geschlossen werde, weil der Strom nicht bezahlt wurde. Von den LKW gehe mehr Gefahr aus als von Wolf und Bär.
Walter Blaas (Freiheitliche) erinnerte an seinen Antrag im Dreierlandtag zur Koordinierung der Messstationen, der aber abgelehnt wurde. Er wies auch auf den Schwindel mit dem Diesel hin, auf den ein guter Teil der Belastung an der Autobahn zurückzuführen sei. Der Landtag habe es aber abgelehnt, die Schwindler zur Verantwortung zu ziehen. Mehr Messstationen wären auch wichtig, um Vergleichswerte zu haben.
Sigmar Stocker (F) lehnte einen Vergleich von Luftbelastung und Großraubwild ab. Er kritisierte die Gleichgültigkeit der Grünen gegenüber den Problemen der Bergbauern, hier gehe es um Existenzen.
Südtirol sei im Vergleich mit den Nachbarländern gut mit Messstationen ausgestattet, erklärte LR Richard Theiner. Die Belastung komme in Südtirol weniger vom Feinstaub als von den Stickstoffdioxiden. Zum Dieselthema erklärte er, dass die Autoindustrie vor allem bei den PKW geschwindelt habe. Die Landesregierung habe den Antrag von Blaas nicht rundweg abgelehnt, sondern um Aufschub gebeten, weil man noch Daten sammeln wollte – in ein paar Wochen sei man soweit. Die Luftqualität werde in Südtirol flächendeckend überwacht, mit 12 fixen und 5 mobilen Messstationen und anderen Methoden. Die Messtechnik sei nördlich und südlich des Brenners total identisch, dieselben Geräte, dieselben Abstände. Die mobilen Stationen blieben ein Jahr am selben Ort, um Vergleichswerte zu bieten. In Bozen werde die Luftqualität sehr gut überwacht und auch flächendeckend simuliert. Demnach seien die Zonen neben der Autobahn am meisten belastet, einige Grenzwerte würden laufend überschritten. Auf der Homepage der Umweltagentur seien sämtliche Werte abrufbar, auch die Auswirkungen des heutigen Staus – wobei die Belastung wie gesagt von den PKW komme. Die Luft in Oberau werde umfassend überwacht, innerhalb Frühjahr werde ein Maßnahmenpaket für die Zonen längs der Autobahn vorgelegt.
Er habe nicht den Eindruck, dass die Bozner Luft flächendeckend überwacht werde, erklärte Alessandro Urzì. Für Oberau brauche es eine fixe Station.
Der Antrag wurde mit 14 Ja und 17 Nein abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 799/17: Wartelisten und Verfall vom Amt des Generaldirektors (eingebracht vom Abg. Köllensperger am 25.7.2017). Die Rückerstattung der Behandlungskosten sollte auch für Besserverdienende beibehalten werden, wenn der Sanitätsbetrieb die Dienstleistung nicht zeitgerecht bieten könne; die Bewertung des Generaldirektors soll veröffentlicht bzw. wiederholt werden, falls die Wartelisten noch nicht unter den Kriterien waren; für Ärzte des Sanitätsbetriebes, die auch freiberuflich tätig seien, sollen zusätzliche Einrichtungen geschaffen werden; zur Reduzierung der Wartelisten sollen zusätzliche Maßnahmen getroffen werden, wobei man auch auf Erfahrungen anderer Regionen zurückgreifen könnte.
“Das leidige Problem der langen Wartezeiten für gewisse diagnostische Dienstleistungen scheint nicht enden zu wollen”, stellte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung) fest. “Die gesetzlich vorgeschriebene Maximalfrist von 60 Tagen für aufschiebbare Leistungen wird bei vielen Fachvisiten systematisch nicht eingehalten. Das Problem, von dem auch mehrmals die Presse berichtet hat, müsste auf verschiedenen Ebenen angegangen werden. Unter anderem müsste endlich eine echte einheitliche Landesvormerkstelle eingerichtet werden, denn, trotz wiederkehrender Ankündigungen, läuft diese immer noch nicht an.” Wenn der öffentliche Dienst die Leistung nicht fristgerecht bieten könne, müsse man eben Konventionen mit Privatstrukturen abschließen – damit könne die öffentliche Hand weiter die Kontrolle behalten. Was in Südtirol fehle, sei die fachärztliche Versorgung des Territoriums. Fachärzte des Sanitätsbetriebes könnten Visiten in den Bezirken anbieten, außerhalb der Arbeitszeit. Zum Abbau der Wartezeiten gebe es einige positive Erfahrungen anderer Regionen, etwa das Overbooking, eine App um Termine abzusagen u.a.m.
Brigitte Foppa (Grüne) unterstützte den Antrag, außer den dritten Punkt zu den zusätzlichen Einrichtungen. Sie verwies auf die zentrale Vormerkstelle in Trient, mit der kürzere Wartezeiten möglich seien.
Man hätte sicher bessere Daten, wenn nicht plötzlich die EU-Arbeitszeitregelung eingeführt worden wäre, erklärte LR Martha Stocker. Dadurch sei über Nacht ein Viertel der Arbeitskraft abhanden gekommen, und man musste auf viele Dienste verzichten. Auch der Sanitätsbetrieb arbeite laufend an Verbesserungen, aber das gehe nicht von heute auf morgen. Konventionierte Auslagerungen seien geplant, Voraussetzung sei eine Akkreditierung, um die höhere Qualität zu gewährleisten. Für diese Dienste seien Tarife vorgesehen, staatliche wie Landestarife. Aber die Anbieter seien mit diesen Tarifen oft nicht einverstanden. Eine kostendeckende Rückerstattung sei nicht möglich. Man werde mehr auf Intramoenia-Tätigkeit setzen, und bei der Versorgung des Territoriums habe man bereits Fortschritte gemacht. Eines der wichtigsten Anliegen sei die Unterstützung der Familien bei der Pflege von chronisch Kranken. Stocker wies darauf hin, dass dringende Visiten weiterhin innerhalb von zehn Tagen möglich seien. Bei der papierlosen Verwaltung sei man auch schon weitergekommen.
Es sei Fakt, dass der Sanitätsbetrieb nicht genug Ärzte habe, erklärte Paul Köllensperger. Daher werde man auf Konventionen ausweichen müssen. Aber 18 Euro für eine Visite seien wenig, da werde es nicht viele Angebote geben, Friaul zahle 29 Euro. Die Intramoenia sollte man in die Sprengel verlagern, so könnte man auch das Spital enorm entlasten. Solche Maßnahmen könnten schnell umgesetzt werden.
Der Antrag wurde in mehreren Teilabstimmungen mehrheitlich abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 648/16: Korridore und ökologische Netzwerke in unserem Land (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba und Heiss am 16.8.2016). Die Landesregierung möge verpflichtet werden, 1. festzulegen, wo in Südtirol vorrangig ökologische Korridore errichtet werden sollen und zu überprüfen, ob eine Zusammenarbeit bzw. Verbindungen zu dem im benachbarten Trentino geplanten Netzwerk sowie zu etwaigen ähnlichen Projekten in Tirol möglich sind; 2. der ökologischen Begleitplanung im Rahmen von Infrastrukturprojekten größere Wichtigkeit beizumessen; 3. eine ordentliche Kommunikation sowie partizipative Prozesse vorzusehen, in die alle lokalen Behörden und Stakeholders schon von Anfang an eingebunden werden, um dadurch die Akzeptanz für Projekte zu ökologischen Korridoren sowie die Sensibilisierung diesem wichtigen Thema gegenüber zu fördern; 4. den Wert der „Ökosystemdienstleistungen“ in unserem Land zu ermitteln und diesen im Rahmen der Tourismuspolitik und der territorialen Planung zu berücksichtigen; gleichzeitig soll eine angemessene Kommunikationsstrategie zur Sensibilisierung der lokalen Bevölkerung, der Institutionen, Unternehmer/innen und Gäste ausgearbeitet werden.
“Während es früher um reine Erhaltung der Lebensräume in geschützten und entlegenen Gebieten ging, richtet sich heute das Augenmerk auf die Landschaft in ihrer Gesamtheit”, bemerkte Brigitte Foppa (Grüne). “Dafür müssen die Schutzgebiete über die eigenen Grenzen hinaus blicken und in der Raumplanung müssen Verbindungen und Übergänge zwischen den einzelnen Lebensräumen vorgesehen bzw. erhalten werden. Die vom Menschen festgelegten bzw. aufgezwungenen Grenzen werden nicht den Gesetzen und Bedürfnissen der Natur gerecht: Keine Gämse kennt die Grenzen eines Naturparks und Lurche vergewissern sich nicht, dass kein Auto kommt, bevor sie die Straße überqueren – dementsprechend fallen sie oft dem Verkehr zum Opfer. Besonders außerhalb der Naturschutzgebiete ist es erforderlich, Maßnahmen zu treffen, um die Ursachen für den Rückgang der Artenvielfalt (Zerstörung der natürlichen Lebensräume, Landschaftsfragmentierung, Übernutzung der natürlichen Ressourcen) zu bekämpfen.” Länder wie Österreich oder Kroatien, aber auch das Trentino seien hier schon weiter.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) wies darauf hin, dass Südtirol weite Schutzflächen für Tiere gebe, dazu gehöre nicht zuletzt alles über 1.600 m Meereshöhe. Bezüglich Artenvielfalt sei festzustellen, dass Hühner und Gänse von den Berghöfen verschwunden seien, seit die Jagd auf den Fuchs eingeschränkt wurde. Der Blick von der praktischen Seite richte sich auch auf die vielen Wildschäden, die nicht immer vergütet würden. Wenn der Fuchs überall Vorfahrt bekomme, müssten halt andere zurückstecken.
Es tue ihm auch leid, wenn Tiere überfahren werden, meinte Dieter Steger (SVP), aber man dürfe es mit gewissen Dingen nicht übertreiben. Bei den Korridoren gehe es schließlich auch um Großraubwild. In Südtirol sei das Habitat für Wolf und Bär nicht gegeben. Südtirol habe sich sehr sensibel gegenüber dem ökologischen Gleichgewicht gezeigt. Punkt 1 und 4 könne er zustimmen, Punkt 2 sehe er als bürokratische Belastung.
Sven Knoll (STF) bezeichnete die Vorschläge als überlegenswert. Tierübergänge seien auch unter dem Aspekt der Sicherheit für die Autofahrer sinnvoll, sie könnten beim Straßenbau eingeplant werden.
Auch Riccardo Dello Sbarba (Grüne) unterstrich die Notwendigkeit von Tierübergängen, auch bei bestehenden Infrastrukturen. Eine Zunahme an Bürokratie könne er hier nicht erkennen.
LR Richard Theiner teilte die Sichtweise, wonach die Natur nicht in Zonen, sondern als Ganzes zu sehen sei. Gebiete, die als Korridore von Bedeutung seien, würden bereits geschützt, es gebe auch eine punktuelle Zusammenarbeit mit den Nachbarregionen. Im diese Woche anstehenden UVP-Gesetz sei bereits vorgesehen, dass bei Projekten ökologischen Kriterien Rechnung getragen werde. Was Punkt 3 des Antrags vorschlage, habe mit Demokratie wenig zu tun. Bestimmte Arten seien per Gesetz zu schützen, da nütze kein partizipativer Prozess. Punkt 4 stimme er zu, allerdings ohne die Erwähnung der Tourismuspolitik, denn das Thema betreffe alle Wirtschaftsbereiche.
In Südtirol stünde viel Fläche für Biodiversität zu, räumte Brigitte Foppa ein, aber sie sei zerschnitten, vor allem durch Straßen. Die Biodiversität nutze auch der Landwirtschaft, denn es würden auch Schädlinge gefressen.
Die Punkte 1 und 4 des Antrags wurden angenommen, die Punkte 2 und 3 abgelehnt.