Beschlussantrag in Meran

Luigi Cadorna: „Keiner Verherrlichung würdig“

Dienstag, 31. Oktober 2017 | 11:31 Uhr

Von: mk

Meran – Die „Ökosoziale Linke Meran“ hat einen Beschlussantrag zur Umbenennung der Luigi-Cadorna-Straße eingereicht. 2018 jährt sich zum hundertsten Mal das Ende des Ersten Weltkrieges, der rund zehn Millionen Todesopfer unter den Soldaten und 20 Millionen Verwundete verzeichnet hat. Die Anzahl der zivilen Opfer wird von den Historikerinnen und Historikern auf rund sieben Millionen Opfer geschätzt.

Allein in Italien fielen rund 700.000 Soldaten (ca. 14 Prozent der gesamten Soldaten) und in Österreich-Ungarn rund 1,5 Millionen (ca. 19 Prozent der gesamten Soldaten). Zehntausende Invaliden erlitten schreckliche Entstellungen und Amputationen, unzählige, oft sehr junge, Soldaten starben nach Kriegsende an den Folgen von Kriegsverletzungen und Krankheiten, wie es in dem Beschlussantrag heißt.

„Die Propaganda der Kriegstreiber vor und nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und die nationalistisch geprägte geschichtswissenschaftliche Tradition haben dazu beigetragen, dass lange Zeit der Krieg dazu benutzt wurde, um Feindbilder zu schaffen und nationalistische Spannungen zu schüren. Der grauenvolle Tod von Millionen Menschen wurde dementsprechend mythisiert und missbraucht und aus dem historischen Kontext gerissen. Dieser Umgang mit der Geschichte verklärt den Krieg und leugnet die Tatsache, dass Millionen von Männern von den Militärkommandos bewusst in ein massenmörderisches Gemetzel geschickt wurden. Eine derartige Verantwortung trifft vor allem auch General Luigi Cadorna“, erklärt Gemeinderatsmitglied David Augscheller.

Luigi Cadorna sei für tausende Gerichtsverfahren verantwortlich (350.000 allein an den Kriegsgerichten), in denen 4.000 Todesurteile gegen einfache Soldaten und Unteroffiziere verhängt wurden, denen man Desertion unterstellte. 750 Urteile wurden tatsächlich vollstreckt. „Italien wies somit einen traurigen Rekord auf, was die Vollstreckung von Todesurteilen an Militärangehörigen anging. Weitere hunderte von Soldaten wurden ohne jeglichen Prozess hingerichtet. Außerdem verhinderte Cadorna mit Unterstützung der damaligen italienischen Regierung die Versorgung der italienischen Kriegsgefangenen in Österreich-Ungarn mit Nahrungsmittel und Kleidung. Dadurch hat er die Bemühungen des Roten Kreuzes und der Familienangehörigen gezielt sabotiert. Dies sollte dazu beitragen, die italienischen Soldaten angesichts aussichtsloser Kampfhandlungen sich in österreichische Gefangenschaft zu begeben. Diese Strategie Cadornas hatte grauenvolle Folgen: 100.000 Tote, ein Sechstel aller italienischen Kriegsgefangenen.“

In einem Rundschreiben vom 28. September 1915 schrieb Cadorna: „Niemand soll ignorieren, dass angesichts des Feindes nur eine Option möglich ist: Der Weg der Ehre. Der Weg, der zum Sieg oder zum Tod an der Front führt; jeder, der versucht, auf schändliche Weise aufzugeben oder zurückzuweichen, wird vom Blei der hinteren Linien erreicht oder vom Blei der Carabinieri, die beauftragt sind, die Truppen zu bewachen, außer, er wurde bereits von den Offizieren niedergestreckt.“ (http://isonzofront.altervista.org/leggi_documenti.php?id=10&cat=documenti; 25.10.2017)

Am 1. November 1916 forderte Cadorna: „Es gibt kein geeigneteres Mittel, um kollektive Straftaten zu bekämpfen, als die sofortige Erschießung der Hauptverbrecher. Sollte allerdings die Feststellung der Straftäter nicht möglich sein, so haben die Kommandeure das Recht und die Pflicht, einige Soldaten auszulosen, die mit der Todesstrafe bestraft werden.“

„Luigi Cadorna ist eine historische Figur, die in den Geschichtsbüchern thematisiert werden muss, aber sein Namen kann nicht weiterhin Gegenstand einer offiziellen Ehrung sein. Wir können historische Ungerechtigkeiten nicht rückgängig machen, aber wir können aufhören, diese zu verherrlichen“, erklärt die „Ökosoziale Linke Meran“.

In ihrem Beschlussantrag werden der Bürgermeister und die zuständige Ratskommission beauftragt, einen Vorschlag für eine Umbenennung für die derzeitige Luigi-Cadorna-Straße zu formulieren. „Die Umbenennung dieser Straße soll die demokratischen und pazifistischen Werte sowie das friedliche Zusammenleben aller Menschen in unserem Land widerspiegeln“, erklärt die Bewegung. Der Vorschlag soll anschließend innerhalb des nächsten Jahres dem Gemeinderat zur Abstimmung vorgelegt werden.

Bezirk: Burggrafenamt