Von: luk
Landtag – Im Landtag wurde heute die Maßnahmen zum Großraubwild erläutert.
Landesgesetzentwurf Nr. 162/18: „Vorsorge und Entnahmemaßnahmen bei Großraubwild. Umsetzung von Artikel 16 der Richtlinie 92/43/EWG (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag von Landesrat Schuler). Der Gesetzentwurf setzt sich aus einem Artikel zusammen, welcher vorsieht, dass der Landeshauptmann die Vorbeugungs- und Eingriffsmaßnahmen zur Durchführung der Habitat-Richtlinie im Rahmen des Managements des Bärs und des Wolfes auf dem Gebiet der Provinz unter Berücksichtigung der Ziele, der Bedingungen und der Grenzwerte im Sinne des Artikels 16 der Richtlinie Nr. 92/43/CEE. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt nachdem das Gutachten des ISPRA eingeholt worden ist. Die Bestimmung gewährleistet auch, dass das Land dem Staat die Informationen, welche für die Einhaltung der Kommunikationspflichten gegenüber der Europäischen Kommission notwendig sind, liefert.
Obwohl Italien mangels Regelung die meisten illegalen Abschüsse verzeichne, verdopple sich die Wolfspopulation alle sieben bis acht Jahre, bemerkte LR Arnold Schuler. Aber auch in Deutschland oder Spanien werde die Konfliktsituation immer größer. Südtirol sei wegen der weit verbreiteten Berglandwirtschaft in einer besonderen Situation. Das Gebirge werde auch für Tourismus und Freizeitaktivitäten immer stärker genutzt. Hier gebe es daher keinen Lebensraum für Großraubwild. Das Konfliktpotenzial sei durch die heutige Nutzung noch wesentlich größer als zu jenen Zeiten, als man den Wolf ausgerottet habe. Heute sei der Wolf keine vom Aussterben bedrohte Tierart mehr, und es brauche eine Regelung, um die weitere Ausbreitung zu stoppen. Andere Staaten hätten den Spielraum der EU-Richtlinie genutzt und eine eigene Regelung erlassen, die unter bestimmten Bedingungen eine Entnahme erlaube, Italien nicht. Mit diesem Gesetzentwurf wolle Südtirol seinen Spielraum nutzen, EU-Recht unmittelbar umzusetzen. Beim Bär sei die Entwicklung ähnlich, auch wenn dieser im Unterschied zum Wolf angesiedelt wurde. Er habe sich mehr vermehrt als ursprünglich erwartet.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) wies auf die geänderte Wahrnehmung des Problems hin. Als der Wolf noch nicht so verbreitet war, hätten Kandidaten wie Jakob Wolf im Nordtiroler Wahlkampf noch mit dem Namen gespielt. Heute würde das niemand mehr. Er wies darauf hin, dass man einen Problembären leichter definieren könne als einen Wolf, der nicht an einem Individuum festzumachen sei.
Hans Heiss (Grüne) gab zu bedenken, dass der Wolf in einer Zeit auftreten, in der die Wahrnehmung durch Ängste bezüglich Wirtschaftskrise, Einwanderung u.a. beeinflusst sei. Die realen Schäden, die der Wolf verursacht habe, stünden in keinem Verhältnis zum medialen Kampf gegen ihn. Einzelne Blätter hätten Interesse daran, auf den Wolf und in Folge auch auf die Landesregierung losgehen zu können. Die Ausbreitung des Wolfs habe stark zugenommen, seine Rückkehr sei unabwendbar. Er sei nicht nur ein Schädling, er sei Teil des Naturkreislaufs. Er sei als Jagdtier ein Opportunist und trachte nach leicht greifbarer Beute. Die Kleintiere würden deshalb vermehrt angegriffen, weil sie in Südtirol ein starkes Vorkommen hätten. Die Schäden seien aber noch überschaubar. Die Entnahme sei aber nur eine Palliativkur, der Wolf sei auch in Ländern präsent, wo diese erlaubt sei. Man werde mit dem Wolf leben müssen, aber man wolle oder nicht. Die Grünen seien keine ausgesprochenen Wolfsfans, sie sähen auch die Sorgen und die Wut der Bauern. Heiss plädierte dafür, endlich die Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die das Landesamt für Jagd schon seit Jahren vorschlage. Natürlich seien Herdenschutzmaßnahmen in Südtirol schwieriger als anderswo. Durch Abstürze und andere Unfälle kämen mehr Schafe um als durch den Wolf, der Adler als Räuber sei auch aus der Wahrnehmung verschwunden. Der Wolf stelle somit nur einen Teil der Gefährdung dar. Das vorgeschlagene Gesetz sei sehr schwach, es habe eine Palliativfunktion bis zu den Wahlen, ebenso wie Nogglers Sonderkommission. Bis das staatliche ISPRA-Gutachten eintreffe, könne es dauern. Laut Gesetzentwurf könne geschossen werden, auch wenn es negativ ausfalle, daher könne man mit einer Anfechtung des Gesetzes rechnen. Dieses Gesetz greife ins Strafrecht ein, welches eine staatliche Materie sei. Man täusche die Rezeption von EU-Recht nur vor. Man tue eine Wolfsgrube auf, in die man, rechtlich gesehen, selber hineinfalle.
Dieses Gesetz löse nicht den Zuständigkeitskonflikt zwischen Staat und Land, befand Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore). Er fragte, inwieweit die rechtliche Haltbarkeit des Entwurfs vorab geklärt wurde, um damit nicht vor dem Verfassungsgericht zu landen. Das Problem sei real und sollte nicht aus ideologischer Sicht behandelt werden. Auch die Grünen hätten im Ausschuss den Abschuss einzelner Exemplare konzediert, und Hochgruber Kuenzer habe auf die Gefahr durch Hirtenhunde hingewiesen. Das Thema sei komplex und bedürfe einer Sensibilisierung. Das Grundproblem sah Urzì allerdings in der mangelnden Zuständigkeit des Landes.
Die Debatte wird morgen fortgesetzt.