"Sapad 2025" in Ost- und Barentssee

Militärmanöver Russland-Belarus an NATO-Ostflanke begonnen

Freitag, 12. September 2025 | 13:42 Uhr

Von: APA/Reuters/dpa/AFP

Russland und Belarus haben eine gemeinsame großangelegte Militärübung begonnen. Das Manöver mit dem Namen “Sapad 2025” (“Westen 2025”) finde in beiden Ländern sowie in der Ost- und Barentssee statt, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Die seit längerem geplante Übung findet zu einem äußerst angespannten Zeitpunkt statt, zwei Tage nach dem Abschuss mutmaßlicher russischer Drohnen über dem NATO-Land Polen.

Ziel des bis zum 16. September geplanten Manövers sei es, die Fähigkeiten von Kommandeuren und Stäben sowie die Zusammenarbeit und die Ausbildung von Truppen zu verbessern, teilte das Moskauer Ministerium auf Telegram mit. In einer ersten Phase sollen die Truppen die Abwehr eines Angriffs auf Russland und dessen Verbündeten Belarus simulieren. Die zweite Phase konzentriere sich auf die “Wiederherstellung der territorialen Integrität des Unionsstaates und die Zerschlagung des Feindes”, hieß es weiter.

Die Übung Sapad 2025 (Westen 2025) findet bis zum 16. September in beiden Ländern statt. Sapad findet alle vier Jahre statt. Dabei nutzte Russland die vorhergehende Übung Sapad 2021, um Waffen und schweres Gerät für den Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 zu verlegen.

Kremlsprecher Dmitri Peskow bezeichnete indes westliche Befürchtungen wegen des russisch-belarussischen Großmanövers für übertrieben. Unter normalen Umständen eines friedlichen Nebeneinanders würden Nachbarstaaten gegenseitig die Militärübungen beobachten, sagte Peskow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge in Moskau. “Aber jetzt nimmt das westliche Europa uns gegenüber eine feindliche Haltung ein, und das führt zu einer emotionalen Überforderung dieser Länder”, sagte er. Peskow bezog dies vor allem auf die Entscheidung des direkten Nachbarn Polen, seine Grenze zu Belarus wegen des Manövers zu schließen. Russland habe niemals andere Länder bedroht, behauptete der Kremlsprecher.

Training für Einsatz neuer russischer Mittelstreckenrakete

Bereits vor dem Drohnen-Vorfall hatte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk die bevorstehenden “Sapad”-Manöver als “sehr aggressiv” bezeichnet. Auch der grenznahe Luftraum Polens und Lettlands ist gesperrt. Wegen des Eindringens russischer Drohnen nach Polen am Mittwoch spitzte sich der Konflikt zwischen Russland und der NATO weiter zu. Der Drohnen-Vorfall über Polen wurde im Westen als Weckruf für die NATO und als Test ihrer Reaktionsfähigkeit gewertet. Westliche Länder sprachen von einer bewussten Provokation Russlands.

Ein hochrangiger russischer Diplomat in Polen sagte, die Drohnen seien aus Richtung der Ukraine gekommen. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, seine Drohnen hätten einen Angriff in der Westukraine ausgeführt. Polens Außenminister Radoslaw Sikorski sagte im US-Sender Fox News, dass auch Drohnen aus Richtung Belarus auf polnisches Territorium gefeuert worden seien. Es sei jedoch nicht geplant gewesen, Ziele in Polen zu treffen. US-Präsident Donald Trump sagte, das Eindringen der russischen Drohne in Polen könnte ein Versehen gewesen sein. “Wir würden uns auch wünschen, dass der Drohnenangriff auf Polen ein Fehler war. War er aber nicht. Und wir wissen das”, schrieb indes Tusk auf X.

Das belarussische Militär hat aber schon im Mai mitgeteilt, dass einige geplante Übungsteile gestrichen und andere tiefer ins Landesinnere verlegt werden sollen. Verteidigungsminister Viktor Chrenin bestätigte aber, dass für den Einsatz von Atomwaffen und der neuen nuklearfähigen Mittelstreckenrakete Oreschnik aus Russland trainiert werde. Moskau und Minsk hatten sich ihrerseits besorgt gezeigt wegen eines großen Manövers in Polen Anfang September mit etwa 30.000 Soldaten.

Nach Eindringen russischer Drohnen in polnischen Luftraum polnischer Außenminister demonstrativ in Kiew

Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha empfing unterdessen seinen polnischen Amtskollegen Radoslaw Sikorski zu einem Besuch in Kiew. Bei den Gesprächen soll es um die gemeinsame Sicherheit, den geplanten Beitritt der Ukraine zur EU und ihre NATO-Ambitionen sowie den Druck auf Russland gehen. “Angesichts der Eskalation des russischen Terrors gegen die Ukraine und der Provokationen gegen Polen stehen wir fest zusammen”, schrieb Sybiha auf der Online-Plattform X.

Wegen des Eindringens russischer Drohnen in den polnischen Luftraum bestellte Frankreich den russischen Botschafter in Paris ein. “Wir werden ihm sagen, (…) dass wir uns nicht einschüchtern lassen”, sagte der französische Außenminister Jean-Noël Barrot am Freitag dem Sender France Inter. “Absichtlich oder nicht, das ist sehr ernst und inakzeptabel”, betonte Barrot. “Es kommt zu all den Provokationen (des russischen Präsidenten) Wladimir Putin hinzu”, sagte der Minister. Polen, Schweden, die Niederlande, die Tschechische Republik, Rumänien, Belgien und Spanien hatten in den vergangenen Tagen ebenfalls die russischen Botschafter oder die Geschäftsträger der russischen diplomatischen Vertretungen einbestellt. Am Freitag bestellte schließlich auch die EU die Botschafter von Russland und Belarus ein. Der russische Botschafter in Berlin wurde ebenfalls in das Auswärtige Amt zitiert. Das Agieren des russischen Präsidenten Putin sei “gefährlich” und “inakzeptabel”, teilte das Ministerium auf der Plattform X zur Begründung mit. “Die #NATO steht fest zusammen, um unser Bündnisgebiet & unsere Sicherheit zu verteidigen.”

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte am Donnerstag angekündigt, drei Rafale-Kampfjets für die Überwachung der NATO-Ostgrenze zur Verfügung zu stellen. Frankreich werde sich damit “am Schutz der polnischen Luftraums beteiligen”, hatte er gesagt.

Kurz zuvor hatte Deutschland mitgeteilt, dass es die Zahl der zur Überwachung des polnischen Luftraums eingesetzten Eurofighter-Kampfjets von zwei auf vier verdoppeln werde. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, bekräftigte indes die Entschlossenheit Deutschlands zum Schutz der NATO-Partner im Osten. Er besuchte am Freitag in Litauen die laufende Militärübung Quadriga 2025 und sagte, Deutschland stehe unverrückbar an der Seite seiner Alliierten. “Die jüngste Verletzung des polnischen Luftraums durch Russland hat wieder gezeigt, wie wichtig unser Engagement ist. Unser Beitrag zur Verteidigung der NATO-Ostflanke ist verlässlich – wir sind bereit, jeden Zentimeter des Bündnisgebiets zu schützen”, sagte Breuer. Unterstrichen werde dies, indem die komplexe logistische Versorgung eigener Truppen im möglichen Konfliktfall realitätsnah geübt werde. Dies geschehe in diesem Umfang zum ersten Mal, sagte er.

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