Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag ging es heute zunächst um die sogenannte “Bus-Affäre” und um die Mobilität nach der Ausgangssperre.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) beantragte eine Aussprache unter den Fraktionssprechern, um angesichts der Meldungen über gerichtliche Ermittlungen gegen den Landeshauptmann den Fortgang der Arbeiten zu besprechen. Gert Lanz (SVP) sprach sich dagegen aus. Für solche Angelegenheiten sei eine Aktuelle Debatte zu beantragen, außerdem sei bereits eine Untersuchungskommission gefordert worden. Brigitte Foppa (Grüne) meinte, dass einem solchen Antrag normalerweise ohne lange Kommentare stattgeben werde. Es wäre absurd, wenn man nicht über ein Thema von außerordentlicher Aktualität sprechen dürfte. Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) forderte Lanz auf, Predigten zu unterlassen. Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) meinte, eine Unterbrechung müsse man nicht begründen, dass tue die SVP auch nie. Im Zweifelsfall entscheide das Plenum. Gert Lanz zweifelte an der Ernsthaftigkeit der Forderung; es sei sein Recht, diese Zweifel zu äußern.
Nach einer 20-minütigen Unterbrechung wurden die Arbeiten wieder aufgenommen.
Beschlussantrag Nr. 294/20: Mobilität nach der Ausgangssperre: Vorteile für jene, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen (eingebracht von den Abg. Dello Sbarba, Foppa und Staffler am 21.05.2020). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. im Landestarifsystem ein zusätzliches und fakultatives Angebot eines Jahresabonnements mit Pauschaltarif einzuführen, das für alle Verkehrsmittel und alle Strecken gültig ist, die vom „Südtirol Pass“ abgedeckt sind, wobei der Preis nicht über 300 Euro im Jahr liegen darf und auch in monatlichen Raten von 25 Euro bezahlbar sein soll; davon unbeschadet bleibt die Möglichkeit, sich für das aktuelle Tarifsystem auf Kilometerbasis zu entscheiden; 2. einen Sonderplan für einen neuen Aufschwung und den Ausbau des Carsharings auszuarbeiten, wobei Anreize und Erleichterungen jenen zugutekommen sollen, die – mit den erforderlichen Gewährleistungen und unter Einsetzung von elektrisch oder zumindest hybrid betriebenen Fahrzeugen – das Angebot in dieser Sparte der Mobilität ausbauen; 3. die Transportkapazität der öffentlichen Verkehrsmittel auszubauen, wobei die Vorbeugungsmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus strikt einzuhalten sind, sodass den Fahrgästen die Sicherheit gewährleistet wird, dass sie in den Verkehrsmitteln Platz finden und ihre Gesundheit bestmöglich geschützt wird.
Der Individualverkehr habe nach Aufhebung des Lockdowns stark zugenommen, und damit auch Lärm und Luftverschmutzung, erklärte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Durch die weiter bestehenden Abstandsregeln sei der öffentliche Nahverkehr weniger attraktiv und brauche daher besondere Unterstützung.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) zweifelte am Sinn des Antrags, da der Südtirolpass im Schnitt 120 Euro koste. Besser wäre es vielleicht, mehr auf alternative Verkehrsmittel zu setzen, E-Bikes usw.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) äußerte grundsätzlich Zustimmung. Auch mit Blick auf ein gemeinsames Abo mit Tirol wäre ein Pauschaltarif ein Vorteil. Damit würde man einen Beschluss des Dreierlandtags umsetzen.
In der Lockdown-Phase sei auch die Mobilität ein Experiment gewesen, meinte LR Daniel Alfreider. Zeitweise seien der Verkehr und der entsprechende Lärm ganz entfallen. Südtirol habe jahrelang daran gearbeitet, den öffentlichen Nahverkehr zur attraktiven Alternative zu machen, und das habe man auch während des Lockdowns aufrechterhalten, um eben zu verhindern, dass danach alle aufs Auto umsteigen. Ebenso fördere man die Fahrradmobilität. Es wäre unrealistisch, die Buslinien zu verdoppeln. Man beobachte jeden Tag die Nutzung der Linien und fordere eventuell Zusatzbusse an. Das Ziel sei es, wieder zur normalen Kapazität zurückzukehren, bei Einhaltung aller Sicherheitsvorschriften. Man arbeite gleichzeitig auch an einem neuen Digitalsystem, das auch eine neue Tarifpolitik bedingen werde – vorher hätte ein neues Tarifsystem keinen Sinn. Für den SüdtirolPass gebe es bereits eine Deckelung unabhängig von der Kilometerzahl. Bei den Sharingangeboten gebe es europaweit einen Einbruch; hier sei eine Unterstützung nötig. Das Land möchte dabei stark auf das Bike-Sharing setzen.
Riccardo Dello Sbarba äußerte die Hoffnung, dass man das Pauschalsystem andenke, auch mit Blick auf ein Euregio-Ticket. Die meisten Nutzer lägen unter 10.000 Jahreskilometern, hier zahle sich die Pauschale aus.
Der Antrag wurde mit 15 Ja und 18 Nein abgelehnt.