Von: luk
Bozen – Zwei abgelehnte Beschlussanträge: Das ist die Bilanz der Landtagssitzung von Donnerstagvormittag. Die Abgeordneten beschäftigten sich dabei mit den Themen Mobilität nach der Krise und Digitalisierung für Senioren.
Beschlussantrag Nr. 295/20: Die Krise überwinden – am besten zu Fuß oder mit dem Rad (eingebracht von den Abg. Foppa, Staffler und Dello Sbarba am 21.05.2020). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. zusätzlich zum Neukauf auch die Reparatur von Fahrrädern und den Gebrauchtkauf zu fördern; 2. einen Sonderbeitrag für die Umrüstung von Fahrrädern zu E-Bikes und Cargo-Bikes vorzusehen, der mit anderen Beiträgen kumulierbar ist; 3. ein Projekt zu einem professionellen Fußverkehrs-Check in Zusammenarbeit mit Pilotgemeinden durchzuführen; 4. ebenfalls zusammen mit Pilotgemeinden, die sich dazu bereit erklären, die Einführung von Rad- und Fußgängerstraßen zu erproben.
Die Debatte dazu hatte bereits am Vortag begonnen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) fand den Antrag in weiten Teilen sinnvoll. Die E-Mobilität berge aber auch Probleme wegen der Batterien, deren Herstellung und Entsorgung eine massive Umweltbelastung darstellten.
Hanspeter Staffler (Grüne) räumte ein, dass es Probleme mit den E-Fahrzeugen gebe. Hier müsse die Industrie noch nachbessern, auch bezüglich der sozialen Auswirkungen. In dem Antrag gehe es, anders als von Urzì gestern behauptet, nicht um Ideologie. Das sei bei der Unterstützung der Radmobilität weit hergeholt. Eher könne man von der Ideologie des Individualverkehrs reden. Er habe übrigens Urzì kürzlich auf einem Fahrrad gesehen.
Das Fahrrad sei unabhängig von der Ideologie gut, meinte LR Daniel Alfreider. Das Fahrrad werde bereits für die touristische Mobilität gefördert, man müsse es aber vielmehr im Lichte der Alltagsmobilität sehen. Bei der Infrastruktur dafür sei noch viel zu tun. Man arbeite gut mit Bozen und anderen Pilotgemeinden zusammen, aber man wolle noch viel mehr tun, vor allem in den Ballungszentren. Die Punkte 3 und 4 des Antrags würden also bereits umgesetzt. Er habe ursprünglich einen Fahrradbonus angedacht, um den staatlichen Bonus für die Hauptstädte auf die Landgemeinden auszuweiten. Das sei leider nicht akzeptiert worden, aber das sei eben Demokratie. Insofern seien auch die Punkte 1 und 2 des Antrags hinfällig. Alfreider erinnerte an die zahlreichen Förderungen für E-Mobilität, die es bereits gebe, darunter auch für die Cargo-Bikes.
Man merke, dass es dem Landesrat peinlich sei, erklärte Brigitte Foppa, er solle aber nicht den Landtag dafür verantwortlich machen. Sie wies auf die Inklusion hin, welche die E-Fahrräder leisten könnten, z.B. für Menschen, die nicht die Kraft hätten, mit dem Fahrrad die ganze Stadt zu durchqueren. Sie gab auch Atz Tammerle recht, die auf die Gefahr für Frauen auf einsamen Radwegen hingewiesen hatte; dies sei eine Aufgabe für die Stadtplanung. Im Antrag gehe es nicht um einen Beitrag für den Ankauf von E-Bikes, gegen den sich Unterholzner gestellt habe, sondern um Reparatur und Aufrüstung von Fahrrädern. Ebenso gehe es darum, mehr Augenmerk auf die Fußgänger zu richten, z.B. auf die Ampelzeiten.
Der Antrag wurde in mehreren Abstimmungen zu den einzelnen Punkten mehrheitlich abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 300/20: Digitalisierung für Seniorinnen und Senioren (eingebracht von den Abg. Rieder, Köllensperger, Ploner F., Faistnauer, Ploner A. und Unterholzner am 27.05.2020). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. Projekte und Initiativen zur Förderung der Digitalisierung von Seniorinnen und Senioren zu bündeln, zu fördern und zu unterstützen. 2. Informationsbroschüren und Tutorials in zielgruppengerechter Sprache auszuarbeiten, konstant zu aktualisieren und den Seniorinnen und Senioren in geeigneter Form zur Verfügung zu stellen. 3. darauf zu achten, dass bei allen Diensten, die nur digital angeboten werden, Unterstützungsmöglichkeiten für Seniorinnen und Senioren im Sinne der digitalen Inklusion geschaffen werden. 4. formelle wie informelle Treffs zur Schulung, Beratung und Unterstützung von Seniorinnen und Senioren zu schaffen und flächendeckend anzubieten.5. Eine eigene Stelle beim Amt für Senioren und Sozialsprengel zu errichten, die die Digitalisierung von Seniorinnen und Senioren vorantreibt, Digi-Coaches ausbildet und vernetzt und die Angebote für Seniorinnen und Senioren koordiniert. 6. Alters- und Pflegeheime mit dem notwendigen Knowhow und den notwendigen Infrastrukturen auszustatten, dass die Nutzung digitaler Kanäle möglich ist, gefördert werden kann und allen Bewohnerinnen und Bewohnern zugänglich gemacht werden können. 7. mit Partnern wie z.B. dem ASTAT eine Erhebung zur Digitalisierung von Seniorinnen und Senioren durchzuführen, damit Bedürfnisse erkannt werden können und dementsprechend Maßnahmen zu erarbeiten. 8. ein Beitragsmodell zu erarbeiten, um Seniorinnen und Senioren beim Kauf von digitalen Geräten und dem Errichten von Internetanschlüssen zu unterstützen. 9. gemeinsam mit den Providern und der Firma Infranet attraktive Angebote für Seniorinnen und Senioren zu erarbeiten.
“In Südtirol wird viel Geld in Digitalisierung der Schulen und der öffentlichen Verwaltung gesteckt”, erklärte Maria Elisabeth Rieder (Team K). “Die sogenannten Generationen Y und Z sind bereits geprägt vom Digitalen, sie sind die „digital natives“. Wer im Berufsleben steht, der digitalisiert sich zwangsläufig, um seine Arbeit ausführen zu können. Die Generation der Rentnerinnen und Rentner, die nicht mehr „aktiv gezwungen“ sind, mit digitalen Medien zu arbeiten, fallen durch den Rost. Eine große Gruppe wird nicht erreicht und hat große Scheu, sich auf neue Herausforderungen einzulassen. Reine Schulungs-, Kurs- oder Erklärungsangebote reichen nicht aus, sondern Seniorinnen und Senioren brauchen konstante Anlaufstellen und Hilfen nach Bedarf. In der Corona-Krise wurde auch durch die Schließung der Alters- und Pflegeheime schmerzlich bewusst, dass digitale Kommunikation zumindest ein wenig die Isolation verbessern könnte. Die Bewohner/innen sind aber kaum mit Medien vertraut und auf Hilfe angewiesen.” Es gebe bereits einzelne Angebote, aber es brauche viel mehr und vor allem ein konstantes Angebot.
Der Antrag greife einen wichtigen Punkt auf, dessen Bedeutung man auch während der Coronakrise bemerkt habe, meinte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Am Digitalen zeige sich auch ein neues soziales Gefälle. Der Landtag statte die Abgeordneten mit guten Computern aus, die auch regelmäßig ausgetauscht würden. Man könnte die ausgetauschten PCs, die immer noch gut funktionierten, auch an die Altenheime weiterreichen.
Die Pandemie habe vielen Altenheimbewohnern Dienste wie Skype nähergebracht, meinte Franz Ploner (Team K). Gerade für Demenzkranke, die im Heim von Maskengesichtern umgeben würden, seien solche Kommunikationsformen ein Stück Normalität. Die Senioren würden diese Angebote dankbar annehmen. Nun müsse man diesen Weg mit Unterstützung der öffentlichen Hand weiter beschreiten.
Das Thema stelle sich bereits vor dem Seniorenalter, meinte Helmuth Renzler (SVP). Es seien auch nicht alle Senioren gleich; manche stünden noch im Berufsleben, manche seien auf Pflege angewiesen. Bildungsangebote würden nur in bestimmten Fällen greifen, es brauche noch andere Lösungen. Vor allem in ländlichen Gebieten bestehe Bedarf. Renzler dankte schließlich LR Deeg für den Gesetzentwurf für ein aktives Alter, der demnächst vorgestellt werde und auch diesen Aspekt umfasse.
LR Waltraud Deeg bestätigte dies. Das Gesetz betreffe die Unterstützung der Senioren in vielen Aspekten. Man habe in diesem Sommer gesehen, wie wichtig die Rolle der Großeltern in der Familie sei, auch in Sachen Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der KVW habe Pilotprojekte zur Digitalisierung gestartet, die Krise habe den Prozess beschleunigt. Man könne den Antrag in dieser Form nicht annehmen, aber der Gesetzentwurf, der im Herbst vorgelegt werde, werde auf diese Forderungen eingehen.
Maria Elisabeth Rieder begrüßte den Vorschlag zur Nutzung der ausgewechselten Landtagscomputer. Ihr Ansinnen sei es gewesen, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen. Sie nehme es zur Kenntnis, dass dazu bereits ein Gesetzentwurf in Ausarbeitung sei, und sie erkenne auch an, dass es bereits Angebote gebe. Nachholbedarf gebe es vor allem in den Landgebieten.
Der Antrag wurde mit 16 Ja und 18 Nein abgelehnt.
Im Anschluss wurden die Arbeiten für eine Beratung in der SVP-Fraktion unterbrochen.