Ja zu regionalen Kreisläufen

Nachhaltige EU-Lebensmittelpolitik: Kompatscher in Brüssel

Donnerstag, 02. Februar 2017 | 17:51 Uhr

Brüssel – Landeshauptmann Arno Kompatscher war heute in Brüssel, weil er beauftragt war, der Fachkommission für natürliche Ressourcen (NAT) seine Vorschläge zu einer „nachhaltigen EU-Lebensmittelpolitik“ zu unterbreiten. Die NAT ist eine Fachkommission des europäischen Ausschusses der Regionen (ADR), Letzterer ein beratendes Organ der EU, das sich aus gewählten, regionalen und lokalen Politikern zusammensetzt – Landeshauptmann Kompatscher ist dessen Mitglied.

Mit dieser sogenannten Initiativstellungnahme möchte der ADR dann im weiteren Verlauf die EU-Institutionen dazu bewegen, Maßnahmen zu ergreifen, die eine nachhaltigere Entwicklung der Lebensmittelversorgung ermöglichen.

„Aktuell verläuft die Förderung der Landwirtschaft nicht in dieselbe Richtung wie die Erkenntnis darüber, was eine Ernährung mit frischen, regionalen Produkten für die Gesundheit  ausmacht“, sagt der Landeshauptmann. Das Thema hatte die EU-Kommission schon 2014 in Angriff nehmen wollen, doch es war dann wieder von der Agenda genommen worden.

Als von der NAT beauftragter Berichterstatter zu diesem Thema hat der Landeshauptmann nun mögliche Lösungswege dargestellt, wie die Bereiche der gesunden Ernährung, der nachhaltigen Landwirtschaft und des CO2-Ausstoßes auf eine Linie gebracht werden können.

Ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt eines diesbezüglichen Umdenkens wäre die Aufwertung der kleinbäuerlichen Strukturen und damit die Sicherung der Arbeitsplätze und einer gepflegten Kulturlandschaft. „Um diese bereichübergreifende Lebensmittelpolitik zu erreichen, braucht es die Abstimmung der Politik, der entsprechenden Gesetze und schließlich der finanziellen Anreize“, erklärt Landeshauptmann Arno Kompatscher.

Die Vorschläge im Detail

Zu den Vorschlägen zählen beispielsweise die Förderung der Biodiversität und höhere Tierschutzstandards. Zudem sollten die bürokratischen Hürden in Zusammenhang mit lokalen Lebensmitteln reduziert werden, die viele Bauern vor einer Eigenvermarktung abhalten.

Der Vorteil der Förderung solcher Zielsetzungen läge auf der Hand: „Damit erhielten auch Familien mit geringem Einkommen Zugang zu regional angebauten Lebensmitteln, weil diese erschwinglicher wären als heute“, sagt Kompatscher. Langfristige Gesundheitsprogramme sollten Übergewicht und mit der Ernährung verbundene Krankheiten in den Mittepunkt stellen, um den erneut stärkeren Einzug von frischen, unverarbeiteten Lebensmitteln in die Küchen der Familien zu fördern. „Dieser Trend ist schon sichtbar, beispielsweise am Erfolg der Bauernmärkte und am Ansehen, den regionale Produkte genießen. Er sollte aber verstärkt werden, eben über eine abgestimmte Gesetzgebung und weitere Anreize.“

Eine weitere Maßnahme betrifft eine stärkere Planung auf regionaler und lokaler Ebene, um  die Umweltauswirkungen des Nahrungsmittelsystems vor Ort zu verringern. „Hier könnten lokal Gremien namhaft gemacht werden, die Initiativen zu Förderung der regionalen Lebensmittel anstoßen und verfolgen“, erklärt Kompatscher seine Vorschläge.

Auch in der Beschaffung von Lebensmitteln über öffentliche Aufträge gäbe es in diesem Zusammenhang Luft nach oben, sagt Kompatscher, beispielsweise in Krankenhäusern und Kindergärten. „Die bestehenden Kriterien sollten hinterfragt werden, damit Nachhaltigkeit und lokale Produkte mindestens ebenso leicht zum Zug kommen.“ Nicht zuletzt müsse auch die Fachterminologie und die Etikettierung europaweit auf eine vergleichbare Ebene gebracht werden.

Im Anschluss an Kompatschers Stellungnahme gab es Raum für diesbezügliche Diskussion mit dem Fachausschuss, auch über Änderungsanträge. Der Landeshauptmann plädierte dafür, im Vorschlag an die EU-Institutionen auch ein diesbezügliches Pilotprojekt vorzusehen, um die Entwicklung einer nachhaltigen EU-Lebensmittelpolitik konkret voranzutreiben. Am Ende hat die Fachkommission die Vorschläge angenommen.

Wie geht es weiter?

Die nächsten Schritte sind: Im kommenden März wird die Vollversammlung des Ausschusses der Regionen über die Initiativstellungnahme abstimmen, bevor sie der EU-Kommission unterbreitet wird. In Vorbereitung dieser nächsten Phasen traf der Landeshauptmann auch schon Kabinettsmitarbeiter der EU-Kommissare für Landwirtschaft und Gesundheit. “Der EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis, zuständig für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, hat bereits angekündigt, an der Sitzung der Vollversammlung des ADR, in welcher meine Initiativstellungnahme behandelt wird, teilnehmen zu wollen – dies  unterstreicht das große Interesse der Kommission”, sagt Kompatscher.

Dieses Projekt zeige letztlich, wie auch regionale Bedürfnisse es bis an die Spitze der EU-Kommission schaffen können. „Die Regionen und Städte müssen sich nur abstimmen und sich für ihre Anliegen einsetzen“, betont der Landeshauptmann.

Von: mk

Bezirk: Bozen