Von: apa
Der Nationalrat hat am Montag zu Beginn seiner Plenarwoche der Opfer des Amoklaufs an einem Grazer Gymnasium gedacht. Gleichzeitig kündigten die Spitzen der drei Koalitionsparteien ein umfangreiches Paket an, um Taten wie jene am vergangenen Dienstag zu verhindern, etwa über eine Verschärfung der Waffengesetze. Um das individuelle Sicherheitsgefühl an den Schulen zu erhöhen, bleibt bis zu den Ferien die Polizeipräsenz vor den Bildungseinrichtungen erhöht.
Gleich zu Beginn der Sitzung gab es eine Schweigeminute für die neun getöteten Schüler und eine ebenfalls zu Tode gekommene Lehrerin, danach betonte Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ): “Ganz Österreich trauert mit den Opfern und deren Angehörigen.” Der Parlamentschef sprach von einer unsagbaren Katastrophe. Es sei aber ein gutes Gefühl, wenn versucht werde, Trost zu spenden, Halt zu geben und einen Schimmer Hoffnung zu erzeugen. Politiker und Politikerinnen in dem Land hätten nach der Tragödie ein Vermächtnis von den Opfern der Wahnsinnstat. Dieser Verantwortung werde man gerecht werden.
Stocker spricht von “nationaler Tragödie”
“Ich stehe hier heute vor Ihnen schweren Herzens”, eröffnete Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) seine Erklärung. Es handle sich bei dem Amoklauf um eine “nationale Tragödie von einer Dimension, die uns bis dato unbekannt war” und diese stelle eine Zäsur dar.
“Wir müssen uns fragen, wie wir Schulen sicherer machen und wie wir Menschen mit psychischen Problemen früher erreichen”, sagte Stocker. So soll jede Schule ein Sicherheitskonzept erarbeiten, das auch regelmäßig evaluiert werde. Der Zugang zu Waffen müsse “noch verantwortungsvoller” geregelt werden. So soll es Einschränkungen für Risikogruppen geben und der Datenaustausch verbessert werden.
Babler will Verantwortung übernehmen
Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) ergänzte: “Es gibt wirklich keinen Grund, warum man sich mit 18 ohne strenge Prüfung eine Schrotflinte kaufen können sollte.” Der SPÖ-Chef betonte: “Wir können damit das Geschehene nicht rückgängig machen, aber wir müssen Verantwortung übernehmen und das werden wir tun.” Jedes Kind müsse in Sicherheit aufwachsen.
Von NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger wurde eine massive Aufstockung der psychosozialen Unterstützung hervorgehoben, die schon budgetär berücksichtigt worden sei. Für den Vollausbau stünden hier mehr als 20 Millionen Euro zur Verfügung: “Unsere Sicherheit beginnt mit guter psychischer Gesundheit.”
Positiv bewertet wurde von der Koalition, dass schon diese Woche im Ministerrat ein Paket vorgelegt und im Nationalrat eine größtmögliche Flexibilität bei der Matura an der betroffenen Schule ermöglicht werde. So wird ein Abschluss auch ohne mündliche Reifeprüfung möglich sein. Zudem wird ein Hilfsfonds etabliert, der Betroffenen etwa bei der Begleichung von Begräbnis- und Therapiekosten helfen soll.
Kickl will Maßnahmen “sorgfältig” durchdenken
Das, was in Graz passiert ist, gehöre “zum Schlimmsten, was einem Menschen passieren kann”, betonte FPÖ-Chef Herbert Kickl. Mit einem Schlag bleibt für die Hinterbliebenen nur “Schmerz, Leere und Verzweiflung”. “Wir alle sind mit unseren Gedanken und Wünschen und Gebeten bei den Opfern, den Hinterbliebenen und den Verletzten”, sagte Kickl: “Trotz des Beileids und Mitgefühls muss uns klar sein: Es bleibt immer nur ein Mit-Gefühl und ein Bei-Leid, es geht nicht anders, denn niemand kann den Schmerz in seiner ganzen Dimension nachvollziehen. Wir können das Leid nicht abnehmen und nicht ungeschehen machen, leider – wir können es aber ein wenig lindern. Das war und ist unsere Aufgabe.” Es gehe um die Frage, wie können wir das Recht auf Sicherheit und Schutz mit dem Recht auf Freiheit in Einklang bringen, so Kickl. Oder was kann die Politik machen, solche Ereignisse nach menschlichem Ermessen zu verhindern. Laut Kickl ist aber “jetzt noch nicht die Zeit, die Lösung eines Problems anzukündigen. Denken wir die Dinge sorgfältig durch, denken wir sie zu Ende und handeln entschlossen und ganzheitlich.” Auch Kickl dankte allen Rettern und Helfern.
Kogler plädierte neuerlich für “Freiheit von Waffen”
Grünen-Chef Werner Kogler wies darauf hin, dass das Parlament die Aufgabe habe, aus dieser Tragödie Schlüsse zu ziehen. Zwar könne es keine “100-prozentige Sicherheit” geben, so Kogler: “Aber wir sollten alles tun, um die Wahrscheinlichkeit von Wahnsinnstaten zu reduzieren.” Erneut plädierte Kogler für eine Prinzipienumkehr, was den Waffenbesitz anbelangt: “Wir brauchen eine Freiheit von Waffen, nicht für Waffen, um mehr Sicherheit zu erzeugen. Das ist doch die Grundfrage, um die sich einige herumschummeln.” Kogler warnte vor “Relativierern”, die wiederum von einer Anlassgesetzgebung abraten. Gerade dieses schreckliche Attentat gebe Anlass, “gebiete zu handeln”, so Kogler, der für eine “Anlassgesetzgebung” plädierte: “Es gibt genug zu tun”, im Übrigen auch, was das Einsammeln von illegalen Waffen anbelangt. “Wir sind keine Insel der Seligen.”
Die Regierungsfraktionen brachten im Zuge der Debatte einen Entschließungsantrag für ein Paket mit kurzfristigen Unterstützungsmaßnahmen für Betroffene sowie Vorkehrungen ein, um vergleichbare Taten zu verhindern. Darunter das Bekenntnis, das Waffengesetz “deutlich” zu verschärfen und den Datenaustausch zwischen den Behörden zu verbessern. Auch soll die Sicherheit und Prävention an Schulen durch etliche Maßnahmen verbessert und es sollen strengere Vorschriften beim Umgang mit Social Media für Kinder und Jugendliche erarbeitet werden. Der Entschließungsantrag wurde neben den Regierungsfraktionen auch von den Grünen unterstützt, lediglich die Freiheitlichen stimmten nicht mit.
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