Söder und Stocker wollen Transitstreit lösen

Österreich und Bayern wollen Slot-System für Transitverkehr

Donnerstag, 10. Juli 2025 | 16:26 Uhr

Von: apa

Österreich und Bayern wollen gemeinsam mit Italien das geplante digitale Slot-System mit buchbaren Lkw-Fahrten zur Entlastung des Transitverkehrs am Brenner in Tirol voranbringen. Darauf hätten sich beide Seiten geeinigt, sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder am Donnerstag nach einem Arbeitsbesuch bei Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) in Wien. Stocker sagte, er wolle kommenden Dienstag mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni darüber reden.

“Wir brauchen für diese Lösung auch Italien”, verwies der Bundeskanzler darauf, dass für ein solches Verkehrsmanagement-System die Zustimmung der drei Nationalstaaten bzw. ein Staat notwendig ist. Auf österreichischer Seite sei die Bereitschaft für eine Lösung gegeben. Details der Vorschläge habe der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP), die Stocker nach eigenen Angaben bei seinem jüngsten Berlin-Besuch dem deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz übergeben hat. Ein solches “Slot-System” ist in der Debatte nichts Neues, es war von Bayern, Tirol und Südtirol bereits im April 2023 in Kufstein paktiert worden. Italien sagte jedoch bisher kategorisch “Nein” dazu, auch Deutschland war eher ablehnend. Österreich begrüßte indes bereits auch unter der türkis-grünen Vorgängerregierung die Initiative.

“Wir wollen uns auch konstruktiv einbringen, um ein digitales System zu entwickeln, wie wir den Verkehr über die Brennerautobahn besser regeln können, ohne die Blockabfertigung und Fahrverbote”, setzte Stocker jedenfalls auf das “Slot-System”, ohne die Tiroler Maßnahmen in Frage zu stellen. Söder lobte unterdessen die “kooperative Haltung” von Mattle. Wenn Österreich beim Slot-System Tempo mache, werde dies auch Deutschland tun. Ein Slot-System biete die Möglichkeit, über eine Steuerung eine Belastungsreduktion beim Verkehr zu erzielen.

Bayerns “Sympathie” für Italiens Transitklage

Dass Bayern eine Sympathie für die eingebrachte Transitklage Italiens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Tiroler Anti-Transit-Maßnahmen habe, “brauche ich nicht zu sagen”, so Söder. Es sei “kein Geheimnis, dass die Blockabfertigung sehr zu unseren Lasten” gehe. Doch selbst wenn die Tiroler Maßnahmen durch die italienische Klage fallen würden, bleibe das Verkehrsproblem. Stocker betonte, die Bundesregierung habe die Tiroler Fahrverbote und Lkw-Blockabfertigung als “Notmaßnahmen” gesehen, wolle ein Lösung gemeinsam mit Italien und Bayern erzielen. “Man kann Politik nicht durch Gerichtsverfahren ersetzen, diese Frage braucht eine politische Lösung”, so Stocker. An manchen Tagen lässt Tirol Lastwagen nur dosiert über die Grenze. Diese Blockabfertigung löst vor allem auch Staus in Bayern aus, was dort seit Jahren zu scharfer Kritik führt.

Stocker drängt auf nördliche Zulaufstrecke für BBT

Der Bundeskanzler forderte erneut eine Verlagerung des Transitverkehrs auf die Schiene, “die Brennerautobahn wird nicht breiter werden”. Es sei wichtig, dass der Brennerbasistunnel (BBT) so schnell wie möglich einsatzbereit sei und die nördliche Zulaufstrecke gebaut werde, so Stocker. Auf einen Zeithorizont wollte sich Stocker aber nicht festlegen, “da scheitert man regelmäßig”. Söder räumte ein: “Wir müssen schauen, dass wir den Brennerbasistunnel und die Zulaufstrecken besser organisieren. Ich gebe zu, das ist in Deutschland nicht so einfach.” Der im Bau befindliche Brennerbasistunnel soll 2032 in Betrieb gehen, beim nördlichen Zustand in Deutschland ging aber bisher wenig weiter.

Mattle: “Braucht politische Lösungen”

Tirols Landeshauptmann Mattle freute sich indes in einer Reaktion gegenüber der APA über das “klare Bekenntnis” Söders und Stockers zum Slot-System und zur “raschen Umsetzung des Brennerbasistunnels samt Nordzulauf”. Es brauche politische Lösungen. “Das Slot-System hilft mit buchbaren Zeitfenstern Stau zu vermeiden und die Blockabfertigung obsolet zu machen. Deshalb freue ich mich über die Unterstützung aus Bayern und Wien”, erklärte Mattle. Tirol werde aber jedenfalls weiter an seinen Maßnahmen gegen den überbordenden Transit festhalten, “bis Mensch, Natur und Infrastruktur nicht mehr so stark vom Transitverkehr belastet sind”. Man sei “hart in der Sache, aber konstruktiv im Umgang”, fügte der Landeschef hinzu. Deshalb habe man sich auch mit Bayern darauf verständigt, “gemeinsame Lösungswege im Sinne der Bevölkerung” zu suchen.

SPÖ-Verkehrslandesrat René Zumtobel erklärte gegenüber der APA, dass Tirol seine Aufgaben in puncto Lkw-Slot-System erledigt habe. Nun müssten Italien und Deutschland die “nächsten Schritte zur Umsetzung” ermöglichen. Hinsichtlich der BBT-Zulaufstrecken mahnte Zumtobel den notwendigen Beschluss durch den Deutschen Bundestag ein, damit hier “endlich etwas weitergeht.” Nach dem “klaren Bekenntnis” von Söder sollte nun “schnellstmöglich die Festlegung der Trasse und der Baubeginn folgen.”

Zufriedenheit herrschte auch unmittelbar südlich des Brenners: Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) freute sich über die “Slot”-Unterstützung und erklärte: “Wir begrüßen die Zusicherung von Bundeskanzler Stocker, das Thema auch bei Ministerpräsidentin Giorgia Meloni voranzubringen.” Es brauche eine gemeinsame Mobilitätsstrategie auf dem gesamten Brennerkorridor.

Kritik übten hingegen die oppositionellen Tiroler Grünen. “Die Tiroler:innen haben diese ergebnislosen Transitgipfel und vollmundigen Ankündigungen satt. Es ist ein Transitgipfel, der auf ganzer Linie enttäuscht hat”, erklärte deren Landessprecher Gebi Mair zu dem Stocker/Söder-Treffen in einer Aussendung. Stocker habe sich “an der Nase herumführen lassen”: “Und Landeshauptmann Mattle wurde erst gar nicht eingeladen.”

Söder: “Danke für Eure Migrationspolitik”

Abseits des Transits war auch die Migration Thema der Pressekonferenz von Stocker und Söder gewesen. Der bayerische Ministerpräsident sprach dem Bundeskanzler ausdrückliches Lob für Österreichs strikte Migrationspolitik aus. Bei diesem Thema sei Deutschland lange Bremser gewesen und vollziehe nunmehr selbst einen Richtungswechsel. “Danke für Eure Migrationspolitik, das ist die zentrale Herausforderung”, so Söder. Die Zusammenarbeit der deutschen und österreichischen Grenzpolizei würde hervorragend klappen. Söder sprach sich auch für Abschiebungsflüge nach Afghanistan aus, insbesondere für Straftäter.

Stocker betonte, derzeit sei Griechenland besonders von illegaler Migration betroffen. Diese sei aber ein europäisches Problem, “wir müssen solidarisch sein und das gemeinsam lösen”. Österreich wolle mit den Herkunftsländern reden und Fluchtursachen begrenzen und zugleich die Außengrenzen schützen. Mittlerweile gebe es beim Thema Migration 21 von 27 gleichgesinnte EU-Staaten. Die geplante EU-Rückführungsverordnung werde zu einer Entschärfung führen, notwendig seien auch Drittstaatendefinitionen, um das Problem ins den Griff zu bekommen. Stocker verteidigte seinen Vorstoß für eine striktere Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention. “Jede Rechtsvorschrift unterliegt immer einem Wandel”, betonte er.

“Wien ist näher bei München als Berlin”

Stocker und Söder betonten die guten nachbarschaftlichen, freundschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und Bayern. Bayern sei der wichtigste Partner für die österreichische Exportwirtschaft, so der Kanzler. “Wien ist näher bei München als Berlin”, sagte Söder. Der bayerische Ministerpräsident bot einen “strategischen Dialog” an, um bei innovativen Wirtschaftsprojekten enger zusammenzuarbeiten.

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