Rund eineinhalb Stunden wurde verhandelt

Offenbar keine Annäherung zwischen Ukraine und Russland

Freitag, 16. Mai 2025 | 18:37 Uhr

Von: APA/dpa/Reuters

Die ersten direkten Gespräche zwischen der Ukraine und Russland seit über drei Jahren haben zunächst keine Annäherung bei der Frage einer Waffenruhe gebracht. Aus ukrainischen Verhandlungskreisen wurde verlautet, die Forderungen Russlands bei den Gesprächen seien unrealistisch und gingen weit über alles bisher Besprochene hinaus. Russland erklärte sich hingegen zufrieden mit den Verhandlungen in Istanbul. Ein Gefangenenaustausch wurde vereinbart.

Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski sagte, eine Fortsetzung der Verhandlungen sei möglich. Medinski bestätigte zudem, dass beide Seiten vereinbart hätten, in den kommenden Tagen jeweils 1.000 Kriegsgefangene auszutauschen. Die unter türkischer Vermittlung geführten Verhandlungen über ein mögliches Ende des Ukraine-Kriegs dauerten laut dem türkischen Außenministerium rund eineinhalb Stunden.

Die Ukraine schlägt als nächsten Schritt nach dem Treffen der Delegationen eines der beiden Staatschefs vor. In Istanbul sei die Freilassung von Kriegsgefangenen die oberste Priorität gewesen, sagte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow vor Journalisten. An zweiter Stelle sei die Sicherung eines Waffenstillstands gestanden. Der nächste Schritt sollten Gespräche auf Führungsebene sein. Auch der ukrainische Vize-Außenminister Serhij Kyslycja erklärte, er hoffe auf ein Treffen der Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin “eher früher als später”.

Selenskyj bedauert verpasste Chance

“Wir hatten diese Woche eine echte Chance, uns auf ein Ende des Kriegs hinzubewegen – hätte Putin nicht davor Angst gehabt, in die Türkei zu kommen”, schrieb Selenskyj auf der Plattform X vom Rande eines Gipfeltreffens europäischer Staats- und Regierungschefs in Albanien. Er selbst sei zu einem direkten Treffen mit dem Kremlchef bereit gewesen, um die wichtigsten Fragen auszuräumen. “Er hat aber zu nichts zugestimmt.”

Österreichs Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sagte zu den Verhandlungen: “Die Ukraine hat viel Entgegenkommen gezeigt und deutlich gemacht, dass sie zu einem Waffenstillstand bereit sind. Der Ball liegt nun bei Russland.” Sein deutscher Amtskollege Friedrich Merz zeigte sich enttäuscht. Bei dem Gipfel in der albanischen Hauptstadt kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Vorschlag für ein neues Paket mit Strafmaßnahmen an. Großbritanniens Regierungschef Keir Starmer erklärte, sollte es keine Waffenruhe geben, werde man bei Sanktionen gemeinsam handeln.

Ukraine: Russen wollen USA loswerden

Die Ukraine hatte Russland vorgeworfen, eine Teilnahme der USA an den ersten direkten Gesprächen beider Kriegsparteien seit drei Jahren verhindern zu wollen. “Die Russen versuchen mit allen Mitteln, die Amerikaner loszuwerden”, sagte ein Regierungsmitarbeiter am Freitag. Vielleicht wollten die Russen nicht, “dass eine dritte Partei miterlebt, wie der Prozess gestört wird”, spekulierte der ukrainische Vertreter und erhob damit den Vorwurf, dass die russische Seite Fortschritte in den Gesprächen blockieren könnte.

US-Außenminister Marco Rubio verlangte unterdessen erneut ein Ende des Blutvergießens in der Ukraine. Rubio habe am Freitag in der Türkei bei einem Treffen mit seinen Kollegen aus der Ukraine und der Türkei über die “Bedeutung der Suche nach einem friedlichen Ende des Krieges” zwischen Russland und der Ukraine gesprochen, erklärte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Tammy Bruce. Rubio habe dabei die Position der US-Regierung bekräftigt, “dass das Töten aufhören muss”.

Russische Forderungen unverändert

Russland hatte vor den Gesprächen gesagt, man wolle ohne Vorbedingungen verhandeln. Von seinen Maximalforderungen ist Moskau bisher aber nicht abgerückt. So soll die Ukraine aus Moskauer Sicht auf die seit 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim und ihre teils besetzten Gebiete, Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson sowie auf einen NATO-Betritt verzichten.

Die Forderungen aus Moskau “beinhalten Ultimaten, dass die Ukraine sich von ihrem eigenen Territorium zurückzieht, um eine Waffenruhe zu erreichen, sowie weitere inakzeptable und nicht konstruktive Bedingungen”, bestätigte ein Insider aus dem Umfeld der ukrainischen Delegation der Nachrichtenagentur Reuters. “Die Ukraine ist bereit für eine echte Waffenruhe und einen weiteren authentischen Friedensprozess ohne Vorbedingungen”, fügte er hinzu.

Unterdessen hat der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin das Vermittlungsangebot von Papst Leo XIV. für ein Ende des Ukraine-Kriegs laut Kathpress präzisiert. Der Heilige Stuhl sei bereit, den Ort für ein Treffen zwischen den beiden Parteien zur Verfügung zu stellen.

Telefonat mit Trump

Nach einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump von Selenskyj und europäischen Führungspersönlichkeiten am Rande des Gipfels in Tirana forderte der ukrainische Präsident mehr internationalen Druck auf Russland. “Unsere Position – wenn die Russen einen vollständigen und bedingungslosen Waffenstillstand und ein Ende der Tötungen ablehnen, müssen harte Sanktionen folgen. Der Druck auf Russland muss aufrechterhalten werden, bis Russland bereit ist, den Krieg zu beenden”, schrieb er auf der Plattform X.

An dem Gespräch nahmen nach ukrainischen Angaben auch Deutschlands Bundeskanzler Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und der polnische Regierungschef Donald Tusk teil. Merz kündigte nach dem Telefonat an, dass sich die Europäer und Amerikaner in der Ukraine-Politik weiter “gut koordinieren”. Macron warf Putin vor, auf Zeit zu spielen und kein Interesse an Frieden zu haben. Nach dem Telefonat mit Trump schrieb Macron auf dem Kurznachrichtendienst X, die Ablehnung der Feuerpause und des Dialogs mit der Ukraine zeige, dass Russland “keinen Frieden will und lediglich versucht, durch die Fortsetzung des Krieges Zeit zu gewinnen”.

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