Von: mk
Meran – In diesen Tagen startet eine neue Kampagne des Netzwerks gegen Männer-Gewalt an Frauen der Stadt Meran. Die Initiative wurde heute Vormittag bei einer Pressekonferenz im Rathaus vorgestellt. Mit dabei waren auch Bürgermeister Dario Dal Medico und Vizebürgermeisterin und Chancengleichheit-Referentin Katharina Zeller.
„Gewalt gegen Frauen kennt weder Zeit noch Grenzen, sie ist endemisch, kein Land – ob es nun ein industrialisiertes Land oder ein Entwicklungsland ist – und keine Nation bleibt davon verschont. Sie kennt auch keine soziokulturellen Unterschiede: Opfer und Täter gehören allen Gesellschaftsklassen an, denn laut Statistik geht die größte Gefahr von den Familienangehörigen, den Ehemännern und Vätern, gefolgt von den Freunden, den Nachbarn, engen Bekannten und Arbeitskollegen aus. Daten der Weltgesundheitsorganisation zufolge wird in ihrem Leben eine von fünf Frauen von einem Mann körperlich oder sexuell missbraucht. Deshalb wollen wir uns als Stadtverwaltung in diesem speziellen Bereich konkret engagieren, denn, wer Gewalt an Frauen verübt, verletzt ein grundlegendes Menschenrecht“, erklärte Zeller.
“Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, braucht es die enge Zusammenarbeit aller Institutionen und aller Bürger*innen, aber vor allem die professionelle Beratung jener Helfern und Helferinnen, die sich täglich an vorderster Front für den Schutz der bedrohten Frauen engagieren. Wir sind froh und stolz darüber, die so wichtigen Initiativen des 2012 eingerichteten Netzwerkes gegen Gewalt der Stadt Meran unterstützen zu dürfen und werden dies auch in Zukunft tun“, betonte Dal Medico.
Sensibilisierungskampagne gegen sexuelle Gewalt
Bei der Kampagne „Ohne Deine Zustimmung ist es Gewalt“ geht es um sexuelle Gewalt, und der Handlungsbedarf in diesem Bereich ergab sich, nachdem die Vertreterinnen der Streetworker im Netzwerk Alarm geschlagen hatten. Diejenigen, die eng mit Mädchen und Jungen zusammenarbeiten, haben festgestellt, dass die verschiedenen Formen sexualisierter Gewalt häufig von Missverständnissen und Verwirrung sowie von Schuldgefühlen auf Seiten des Opfers/der Frau begleitet werden.
Auch die Begriffe Grenzen, Zustimmung und Respekt werden oft verwechselt. Darüber hinaus behindern die Schuldgefühle und der Mangel an Informationen vonseiten der jungen Frauen die Suche nach Hilfe und Unterstützung durch die Dienste vor Ort sowie durch Vertrauenspersonen bzw. Freundinnen.
Das Netzwerk gegen Gewalt an Frauen hat daher beschlossen, eine Informations- und Sensibilisierungskampagne zu starten, die darauf abzielt, alle Urteile und stereotypen Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem Thema sexuelle Gewalt abzubauen und den jungen Frauen Instrumente an die Hand zu geben, um ihr Selbstwertgefühl zu stärken, ihre Schuldgefühle zu beseitigen und sich über die Möglichkeiten der Hilfe zu informieren. Es versteht sich von selbst, dass dies mit einer gleichzeitigen Sensibilisierung der jungen Männer einhergeht.
Kampagne mit Plakaten und Aufklebern
Die Kampagne ist sehr strukturiert und so angelegt, dass sie ihre Gültigkeit über einen längeren Zeitraum behält. Das Netzwerk beschloss, sich auf die Grafik und die sprachliche Wirksamkeit der Botschaft zu konzentrieren. Zu diesem Zweck wurde ein Ideenwettbewerb für Grafikdesignerinnen und Künstlerinnen ausgeschrieben, aus dem Júlia Ventura Bruguera als Siegerin hervorging.
Nach monatelangen Treffen zwischen der Illustratorin und einer Arbeitsgruppe des Netzwerks entstand eine Kampagne mit Postern und Aufklebern. Die Aufkleber – 16 verschiedene – sind das Herzstück der Kampagne und jeder hat die Aufgabe, eine andere Botschaft zum Thema sexualisierte Gewalt zu vermitteln.
Außerdem wurde eine spezielle Box erstellt, in der sie alle enthalten sind und die zusammen mit dem Plakat an allen Orten verteilt wird, die von jungen Menschen besucht werden, vor allem in Schulen, aber auch in Jugendzentren, öffentlichen Einrichtungen usw. Die Botschaft, die vor allem an junge Menschen gerichtet ist, gilt natürlich für alle: Frauen und Männer jeden Alters.
Gleichzeitig werden seit gestern zweimal zwei Meter große Plakate in der Stadt aufgehängt, um auf den Start der Kampagne aufmerksam zu machen.
Alle Produkte – Aufkleber, Boxen und Plakate – sind mit einem QR-Code versehen, der Sie zu einer speziellen Seite auf der Website der Stadtgemeinde Meran führt, auf der Sie ausführliche Informationen zum Thema sowie alle Tipps und Informationen finden, die Sie benötigen, um im Falle von Gewalt zu reagieren. Die Kampagne wird auch auf den sozialen Netzwerken veröffentlicht, wofür der Hashtag #SexuelleGewaltWirRedenKlartext dient.
Wanderausstellung zur sexuellen Gewalt „Wie warst Du gekleidet?“
Der Verein „Donne contro la violenza – Frauen gegen Gewalt“, in Zusammenarbeit mit dem Frauenmuseum Meran und unter der Schirmherrschaft der Stadt Meran, bringt die Wanderausstellung „Com’eri vestita?“ (Wie warst Du gekleidet?) nach Meran.
Die Ausstellung im Parterre des Eingangsbereichs des Frauenmuseums, Meinhardstraße 2, ist vom 4. bis 12. Dezember von Montag bis Freitag von 7.30 Uhr bis 19.00 Uhr, am Samstag und Sonntag von 10.00 bis 16.00 Uhr kostenlos zugänglich.
„Wie warst du gekleidet? Es antworten Frauen, die sexuelle Gewalt überlebt haben“ ist eine Kunstinstallation der Sozialgenossenschaft Cerchi D’Acqua. Ausgestellt werden Kleidungsstücke, die symbolisch für jene stehen, die Frauen während wirklich erlebter Gewaltepisoden getragen haben. Die Kleidungsstücke sind begleitet von den Aussagen der betroffenen Frauen über die ihnen angetane Gewalt.
Diese Kunstinstallation wurde in Mailand am 25. November 2018 anlässlich des internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen eröffnet. Es handelt sich um eine Wanderausstellung, die in ganz Italien gezeigt werden konnte dank der Unterstützung von D.i.Re – Donne in Rete contro la violenza, der italienischen Vereinigung der Beratungsstellen für Frauen in Gewaltsituationen, welchem Cerchi D’Acqua und in Meran der Verein „Donne contro la violenza – Frauen gegen Gewalt“ angehören.
Stereotype Vorstellungen entlarven
„Com’eri vestita?“ will zum Nachdenken anregen und stereotype Vorstellungen über die Gewalt entlarven. Viel zu oft wird mit der Frage „Was hast du getragen? Wie warst du gekleidet?“ unterschwellig anklagend suggeriert: „du hast es dir doch wohl auch ein wenig selber so ausgesucht…“.
“Durch bestimmte Kleidungsstücke wird von erlebter Gewalt, Belästigungen, Vergewaltigungen und Missbrauch erzählt, ausgeübt durch Fremde, Gelegenheitsbekanntschaften, aber viel häufiger durch den Lebenspartner oder einen anderen Familienangehörigen für den es kein „NEIN“ geben darf im vermeintlich sicheren Zuhause”, erklärte Sigrid Pisanu vom Meraner Frauenhaus.
In diesem Zusammenhang muss Gewalt an Frauen betrachtet werden, zu der es häufig in der öffentlichen Meinung die unterschiedlichsten Erklärungen und Rechtfertigungen gibt. War der Gewalttäter ein Unbekannter, wird danach gefragt warum die Frau nicht vorsichtiger war; waren es Bekannte, wird danach gefragt ob und wie die Frau die Gewalt provoziert hat; waren es die Ehemänner oder Partner, dann haben sie aufgrund zu großer Liebe, aus Eifersucht oder im Affekt gehandelt.
Inspiriert von dem Gedicht „What I was Wearing“© von Mary Simmerling, wurde die Wanderausstellung 2013 erstmals von Mary Wyandt-Hiebert, Dozentin an der University of Arkansas und Jen Brockman, Direktorin der Sexual Assault Prevention and Education Center an der University of Kansas, mit dem Titel „What were you wearing?“ der Öffentlichkeit vorgestellt.
An der heutigen Pressekonferenz nahmen auch Kulturabteilungsleiterin Sabine Raffeiner, Schulamt-Direktorin Claudia Tomio und Sarah Freimuth vom Amt für Chancengleichheit der Stadtgemeinde Meran teil.