Ein Kommentar

Papier gegen Zukunft

Mittwoch, 20. März 2019 | 09:50 Uhr

Von: ka

Bozen – Das Nein aus Rom zur Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an die deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler schlug in den Südtiroler Politfrühling ein wie eine Bombe. Die für Insider wenig überraschende Entscheidung – Rom hatte bereits öfters Nein zum Doppelpass gesagt – löste in Südtirol die übliche Welle der Empörung aus, wobei besonders aus dem patriotischen Lager der Hinweis kam, dass Österreich das Einvernehmen Italiens eigentlich nicht benötige.

Aber war das Einvernehmen mit Italien, auf das selbst österreichische Politiker großen Wert legten, aus der Sicht Wiens in Wirklichkeit nicht eine Hintertür? Nicht wenige an der Donau werden sich klammheimlich darüber freuen, dass der von der türkis-blauen Regierung vorfolgte Doppelpass nun mit dem Verweis auf die „bösen Italiener“ ohne Schaden für die Wiener Koalition ad acta gelegt werden kann.

APA/HELMUT FOHRINGER

Der Schaden ist klein. Abgesehen von einer kleinen Schar von Nostalgikern sind in Österreich in der Tat mit dem Doppelpass keine Stimmen zu holen. Das gleiche gilt übrigens auch für Südtirol. Eine Rolle dürfte in Wien und Rom auch die Tatsache spielen, dass jene Parteien, die im Vorfeld der Landtagswahl die Forderung nach dem Doppelpass massiv befeuert haben, vom Wähler hart abgestraft worden sind.

Aber brauchen wir eigentlich dieses Stück Papier? Die ganze Doppelpassdiskussion, die sich besonders um die Frage drehte, wer denn nun Anspruch darauf haben dürfe, spaltete mit seinen verschiedenen Vorschlägen – Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung oder Vorhandensein altösterreichischer Vorfahren – das Land. Die oftmals hitzig geführte Debatte um „gute“ und „schlechte“ Südtiroler riskierte, unsere Heimat um Jahrzehnte zurück in eine dunkle Zeit zurückzuwerfen. Anstatt die Frage zu beantworten, was alle Bewohner Südtirols eint, ging es nur mehr darum, was sie trennt.

Südtirol hat bei den letzten Wahlen bewiesen, dass jenseits von Parteigrenzen und Sprachgruppen hinweg die, die ein einiges, zukunftsorientiertes Südtirol wollen, viel mehr an der Zahl sind.

Bezirk: Bozen