Von: ka
Bozen – Neues Landesfischereigesetz ohne Nein-Stimmen angenommen; LGE „Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern in der Gemeinschaftsverpflegung” auf März vertagt; Gesetzentwurf zur Institutionalisierung der Konferenz der Regionen und autonomen Provinzen angenommen
Mit einer Tagesordnung zum Landesgesetzentwurf Nr. 124/22 zum Thema „Bäuerliche Fischzucht in Südtirol” forderten die Abg. Noggler und Vallazza, der Landtag möge die Landesregierung auffordern, • die bäuerliche Fischzucht weiterhin als zukunftsträchtigen Weg für die Südtiroler Landwirtschaft anzuerkennen und verstärkt zu unterstützen; • das derzeit sehr aufwändige Genehmigungsverfahren zur Vergabe von Wasserkonzessionen für bäuerliche Fischzucht bestmöglich zu vereinfachen und damit zeitlich wesentlich zu beschleunigen. In der Folge könnte das Land Südtirol rascher auf das entsprechende europäische bzw. staatliche operative Programm zugreifen; • die Zusammenarbeit zwischen den Landesämtern für Jagd und Fischerei und für nachhaltige Gewässernutzung einerseits und den Südtiroler Fischzuchtbetrieben andererseits im Sinne einer zukunftsweisenden Weiterentwicklung der heimischen Fischzucht voranzutreiben und zu verbessern; vor allem auch im Hinblick auf eine ausreichende Versorgung mit sauerstoffreichem Wasser.
Mit einer Tagesordnung (Ökologische Auflagen bei den neuen Konzessionen im Sinne der Fischerei) forderte das Team K, der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, dafür zu sorgen, dass in Zukunft die Auflagenhefte der Wasserkraftwerke obligatorisch auch die Schonung des Fischbestandes vorsehen müssen.
Mit einer weiteren Tagesordnung (Kontrolle der Restwassermengen) forderte das Team K, der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, dafür zu sorgen, dass sämtliche relevanten Daten der Wasserkonzessionen umgehend online zu veröffentlichen sind und frei zugänglich zu machen.
LR Giuliano Vettorato erklärte, dass alle drei Tagesordnungen angenommen werden.
Es folgte der Übergang zur Artikeldebatte. Die Artikel 1 bis 12 wurden jeweils ohne Diskussion angenommen.
Zu Art. 13 (Ausübung der Angeltätigkeit in Fischwassern) lag ein Änderungsantrag von Riccardo Dello Sbarba (Grüne) vor. Dieser erklärte, er habe diesen Änderungsantrag bereits in der Generaldebatte ausgeführt – es gehe darum, dass die Verwendung von Blei in der Angeltätigkeit verboten werde. LR Arnold Schuler antwortete, es werde bestimmt in diese Richtung gehen, doch es brauche noch etwas Zeit. Er schlage vor, den Änderungsantrag abzulehnen.
Der Änderungsantrag wurde mit 12 Ja, 18 Nein und 3 Enthaltungen abgelehnt.
Artikel 13 wurde mit 27 Ja und 8 Enthaltungen angenommen.
Art. 14 wurde ohne Diskussion mit 33 Ja und 3 Enthaltungen angenommen.
Einen Änderungsantrag hatte Riccardo Dello Sbarba (Grüne) auch für Art. 15 (Aufgaben des Amtes) eingebracht. Über diesen Änderungsantrag habe er, so der Abgeordnete, ebenfalls bereits gesprochen. Es gehe um die Aufgaben des Landesamts für Jagd und Fischerei und um die Aufgaben, die dieses an den Fischereiverband delegieren könne. Die hoheitlichen Aufgaben, sagte LR Arnold Schuler, würden beim Amt bleiben, doch zur Entlastung des Amts sei die Übertragung der Aufgaben notwendig. Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol) erkundigte sich, ob der Fischereiverband für die Übernahme der Aufgaben Unterstützung oder zusätzliche Finanzmittel des Landes erhalten werde. Er könne dazu, antwortete LR Schuler, keine präzise Antwort geben, weil er nicht wisse, wann welche Aufgaben übertragen würden.
Der Änderungsantrag wurde mit 13 Ja, 19 Nein und 2 Enthaltungen abgelehnt.
Artikel 15 wurde mit 27 Ja und 7 Enthaltungen angenommen.
Die Artikel 16 bis 22 wurden jeweils ohne Diskussion mehrheitlich angenommen.
Der Landesgesetzentwurf Nr. 124/22 wurde schließlich mit 32 Ja und 3 Enthaltungen genehmigt.
LR Arnold Schuler bedankte sich beim Plenum für die Diskussion und die Unterstützung und unterstrich, dass es bei der Abstimmung bei keinem Artikel eine Nein-Stimme gegeben habe.
Als nächster Punkt stand der Landesgesetzentwurf Nr. 122/22 Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern in der Gemeinschaftsverpflegung (vorgelegt von den Abg. Manfred Vallazza, Franz Locher, Josef Noggler und Brigitte Foppa) auf der Tagesordnung. Einbringer Manfred Vallazza (SVP) sagte, es sei ihm nach den regen Diskussionen und der Einigung auf Änderungen wichtig, dass die vorgesehenen Änderungen im Entwurf auch rechtlich in Ordnung seien. Deshalb solle der überarbeitete Entwurf noch einmal dem Rechtsamt zur Überprüfung vorgelegt werden. Er beantragte eine Vertagung des LGE auf die Landtagssitzung im März.
Franz Ploner (Team K) erkundigte sich, ob der LGE aufgrund der vielen Änderungen noch einmal im IV. Gesetzgebungsausschuss behandelt werde. LH Arno Kompatscher machte einen Vorschlag zur Güte: Nachdem der Text an die EU gemeldet werden müsse, könne man diesen Text, der an die EU gehe, allen Fraktionen zukommen lassen.
Landesgesetzentwurf Nr. 126/22 Genehmigung des Einvernehmens zwischen den Regionen und den Autonomen Provinzen Trient und Bozen zur Institutionalisierung der Konferenz der Regionen und autonomen Provinzen (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag des Landeshauptmannes Arno Kompatscher): Mit dem Gesetzentwurf werde vorgeschlagen, das am 6. Dezember 2022 von den Präsidenten der Regionen und autonomen Provinzen unterzeichnete Einvernehmen über die Institutionalisierung der Konferenz der Regionen und autonomen Provinzen gemäß den Bestimmungen von Artikel 117, Absatz 8 der Verfassung der Republik Italien zu genehmigen, heißt es im Begleitbericht des Einbringers zum Gesetzentwurf. Zudem bestätigt die Autonome Provinz Bozen ihren jährlichen Beitrag an das „Centro Interregionale Studi e Documentazione (CINSEDO)“ mit Sitz in Rom, der als Mitgliedsbeitrag für die Konferenz der Regionen gilt. Die Regionenkonferenz sei seit langem üblich, aber sie sei von der Verfassung nicht vorgesehen, erklärte LH Arno Kompatscher. Mit der angestrebten Gesetzesänderung werde sie institutionalisiert, wenngleich das letzte Ziel eine Verankerung in der Verfassung sei.
Ulli Mair (Freiheitliche) zweifelte am Sinn dieser Institutionalisierung, sie könne den Mehrwert nicht erkennen. Bisher sei es eine freiwillige Vereinigung gewesen. Jede Institutionalisierung bedeute auch eine weitere Integration in diesen Staat. Wenn es um die Erweiterung der Autonomie gehe, seien die Freiheitlichen immer ein zuverlässiger Partner, daher hätte sie sich eine Vorabinformation über das Vorhaben gewünscht. Sie fragte, wer dies vor allem vorantreibe. Es sei nützlich, wenn Südtirol mit am Tisch sitze, wenn es um Entscheidungen gehe, die auch Südtirol betreffen könnte, aber eine Institutionalisierung bringe keinen Mehrwert.
Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) wunderte sich, wie man so einen Vertrag unterschreiben könne, in dem vom gemeinsamen Interesse der Republik die Rede sei. Südtirol müsse sein autonomes Interesse vertreten, nicht das gemeinsame Interesse. Sie fragte, wieweit Kompatscher bei diesem Vertragsentwurf mitreden konnte. Der Vertrag, den der Landtag nicht ändern könne, sehe Einstimmigkeit oder qualifizierte Mehrheiten vor, das bedeute, dass Südtirol mit seinen Anliegen auch allein dastehen könne. Ihre Fraktion werde dem sicher nicht zustimmen.
Auch Alex Ploner (Team K) äußerte den Wunsch nach mehr Information, denn was man nicht kenne, das mache einem Sorge. Südtirol sei zu Recht in der Konferenz vertreten, damit es dort seine Stimme erheben könne. Er bat LH Kompatscher, den Landtag über die Arbeitsweise dieser Konferenz zu informieren. Er werde dem Gesetzentwurf zustimmen, bitte aber darum, dass man dem Landtag informiere, bevor man den Vertrag unterschreibe. Er hätte sich bereits im Vorfeld mehr Austausch gewünscht.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) sah in dem Vertrag einen Schritt in Richtung Föderalisierung. Damit werde eine föderalistische Einrichtung institutionalisiert. Die Einwände Atz Tammerles verstehe er nicht.
Marco Galateo (Fratelli d’Italia) bemerkte, es gebe mit diesem Gesetz keine Gefahr für die Autonomie. Auch das Aostatal habe der Institutionalisierung der Konferenz der Regionen und autonomen Provinzen zugestimmt – und es sei nicht so, dass man dort weniger Wert auf die Autonomie lege. Würden alle Regionen unterschreiben und Südtirol nicht, hätte die Provinz den Vorteil verloren, gemeinsam mit den anderen Regionen Ansprüche gegenüber dem Staat geltend zu machen. Wenn der Landtag diesen Text nicht einstimmig genehmigen würde, wäre dies ein falsches Zeichen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) unterstrich, wenn die Vertreter von Fratelli d’Italia die glühendsten Fürsprecher zu einem solchen Vertrag seien, dann müsse man die Details anschauen. Er bemängelte insbesondere zwei Punkte: Im Vertrag werde von „quadro di unità giuridico-economica della Repubblica” gesprochen, dies sei ein Punkt, wo er gewisse Bedenken habe. Dieser Satz müsse gestrichen werden, denn die Südtirol-Autonomie könne sich nicht nach den Interessen Italiens richten. Diesen Satz könnte man auch streichen, ohne dass sich sonst im Vertrag etwas ändern würde. Es stellten sich auch Fragen wie: Wie muss in diesem Gremium abgestimmt werden? Braucht es Einstimmigkeit oder eine einfache oder qualifizierte Mehrheit? Wenn nun ein solches Gremium installiert werde, wo es um die Autonomien gehe, müsse man bedenken, dass es ethnische Autonomien wie die Südtiroler und territoriale gebe, weil es Inseln seien. Der Pariser Vertrag sei zwischen Österreich und Italien geschlossen worden; der Vertragspartner der Südtiroler Autonomie sei die Republik Österreich. Doch wenn in Italien ein Gremium gebildet werde, das über Autonomien verhandelt, wie sei das dann konkret? Was passiere, wenn Südtirol mit dem Staat autonome Befugnisse verhandeln möchte und die anderen Mitglieder des Gremiums dagegen seien? Man habe nichts gegen eine Zusammenarbeit der autonomen Provinzen und Regionen; es stelle sich aber die Frage der Verbindungen und Verpflichtungen, die man mit einem solchen Vertrag eingehe.
Im Grunde genommen, so Magdalena Amhof (SVP), würde sich durch diesen Vertrag nicht viel ändern. In dieser Konferenz würden Themen, Abkommen, mögliche Gesetzentwürfe etc. diskutiert. Es sei dies eine Plattform, wo der Staat Regionen mit Normal- und Sonderstatut einlade, mitzuarbeiten. Neu sei, dass die Konferenz institutionalisiert werde – alles andere bleibe beim Alten. Es sei klar festgehalten, dass an den autonomen Regelungen festgehalten werden müsse. Einen Ort für den Austausch sei immer zu befürworten. Die SVP werde den Gesetzentwurf mittragen.
Er habe den Eindruck, so LH Arno Kompatscher, dass hier zum Teil über etwas geredet worden sei, das nicht vorliege. Sämtliche Staatsverträge würden im Nachhinein ratifiziert. Denn man brauche einen gleichlautenden Text. Das sei das System der Ratifizierung. Wenn man aber allein zuständig sei, dann sei die Ratifizierung nicht notwendig. Man müsse eine Einigkeit zwischen 21 Akteuren finden, den Regionen und den beiden autonomen Provinzen. Er wolle auch einige Informationen zur Konferenz der Regionen geben: Diese gebe es seit mehr als 40 Jahren. Sie habe sich in dieser Zeit verändert. Die Konferenz werde künftig bei Staatsgesetzen miteinbezogen, in den meisten Fällen seien dies obligatorische Gutachten, in einigen Fällen sei sogar das Einvernehmen vorgesehen – bei diesem werde zwischen einem starken und einem schwachen unterschieden. Eine Besonderheit sei, dass das Trentino und Südtirol abwechselnd – je nachdem, wer die Präsidentschaft in der Region habe – zwei Stimmen bei der Wahl des Präsidenten der Konferenz hätten. Die wesentlich einwohnerstärkere Lombardei habe etwa auch nur eine Stimme. Es gelinge durch die Konferenz oft, Dinge in Staatsgesetze hineinzubekommen, Dinge, die auch Südtirol beträfen. In dieser Konferenz fänden auch die Verhandlungen statt, wie europäische Gelder innerstaatlich verteilt werden; gerade bei den Landwirtschaftsthemen sei dies etwas vom wichtigsten. Es gebe auch Ausschüsse, die sich mit besonderen Fragen befassten, etwa den Verfassungsausschuss, in dem er, so der LH, zum Koordinator der autonomen Regionen gewählt worden sei. Wenn Regionen mit Normalstatut Zuständigkeiten bekämen, die selbst Südtirol nicht hätte, dann sei es eine Selbstverständlichkeit, dass wir diese auch bekämen. Besonders wichtig sei diese Konferenz bei der Aufteilung des gesamtstaatlichen Gesundheitsfonds, ein Bereich, der Südtirol nicht betreffe; doch man passe immer sehr gut auf, ob in diesem Fonds EU-Gelder steckten. Es ändere sich durch die Institutionalisierung nichts, es sei das Niederschreiben der geltenden Regeln. Es ändere an der Südtiroler Autonomie nichts – und dass hier eine Gefahr für die Autonomie heraufbeschwört werde, könne er nicht nachvollziehen.
Der Status quo der Autonomie sei klar, sagte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Doch wenn nun Südtirol mit dem Staat neue Kompetenzen erhalte, würde dann diese Konferenz befragt?
LH Arno Kompatscher antwortete, wenn man eine Forderung gemeinsam stelle, dann eröffne dies kein Mitspracherecht der anderen. Er führte dazu ein praktisches Beispiel an. Der Text gebe der Konferenz keine Zuständigkeiten. Wenn man eine gemeinsame Stellungnahme als Regionen mit Sonderstatut mache, dann stärke es die Position Südtirols.
Art. 1 befasst sich mit Gegenstand und Zielsetzung; er wurde ohne Diskussion mit 32 Ja und 2 Nein angenommen.
Um die Wirksamkeit des Einvernehmens geht es in Art. 2; er wurde ohne Diskussion mit 32 Ja und 2 Nein angenommen.
Art. 3 behandelt die Beteiligung am CINSEDO; er wurde ohne Diskussion mit 32 Ja und 2 Nein angenommen.
Die Finanzbestimmung ist Gegenstand des Art. 4; er wurde ohne Diskussion mit 31 Ja und 2 Nein angenommen.
Art. 5 regelt das Inkrafttreten; er wurde ohne Diskussion mit 32 Ja und 2 Nein angenommen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) unterstrich in seiner Stimmabgabeerklärung, er wolle das Nein der Süd-Tiroler Freiheit noch einmal bekräftigen. Er sehe seine Zweifel hinsichtlich zukünftiger Zielsetzung der Konferenz nicht zerstreut.
LH Arno Kompatscher betonte, dass Südtirol gemäß Verfassung eine Sonderrolle einnehme.
Der Landesgesetzentwurf Nr. 126/22 wurde schließlich mit 30 Ja und 2 Nein angenommen.
Die Sitzung wurde um 17.55 Uhr geschlossen. Der Landtag tritt vom 7. bis 10. März 2023 wieder zusammen.