Anträge von Freiheitlichen und Süd-Tiroler Freiheit

Plenarsitzung: Leistbares Wohnen und Sprachkompetenzen

Donnerstag, 29. Juni 2017 | 11:52 Uhr

 

Beschlussantrag Nr. 736/17: leistbares Wohnen (vorgelegt von den Abg. Leitner, Blaas, Mair, Oberhofer, Stocker S. und Tinkhauser am 31/1/2017).  Die Landesregierung möge im Zuge der Wohnbaureform das Astat mit einer Erhebung des Bedarfs beauftragen, bei der EEVE angespartes Eigenkapital nicht bestrafen, junge Ehepaare und Familien mit Kindern bevorzugen, konventionierte und WOBI-Wohnungen den Einheimischen vorbehalten. Die Debatte dazu hatte bereits am Dienstag begonnen.

Ulli Mair (Freiheitliche) war mit der Antwort von LR Tommasini am Dienstag nicht zufrieden. Leistbares Wohnen könne er mit den laufenden und versprochenen Maßnahmen nicht garantieren. Sie verwies auf den Gesetzentwurf der Freiheitlichen, der eine Reihe von Vorschlägen zum Thema enthalte. Auch der Jugendring habe brauchbare Vorschläge unterbreitet. Anerkannte Flüchtlinge hätten natürlich ein Recht auf Wohnen, aber für die Freiheitlichen stünden Einheimische zuerst.

Der Antrag wurde mit 11 Ja und 20 Nein abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 583/16: Erhebung der Sprachkompetenzen an Süd-Tirols Schulen (eingebracht von den Abg. Knoll, Zimmerhofer und Atz Tammerle am 9.3.2016). Der Antrag, der bereits im April 2016 andiskutiert wurde, wurde heute in neuer Fassung vorgelegt: 1. Der Landtag unterstreicht die Bedeutung des rein muttersprachlichen Unterrichts in Südtirol und spricht sich gegen die Einführung gemischtsprachiger Schulen aus. 2. Die Landesregierung wird beauftragt, langfristige Vergleichsstudien über die Entwicklung der Sprachkompetenzen der Süd-Tiroler Schüler in allen Schulstufen durchzuführen, welche zuvörderst folgende Punkte beinhalten: • Entwicklung der Sprachkompetenz in der Muttersprache über einen längeren Zeitraum. • Ein Vergleich über die Sprachkenntnisse in der jeweils anderen Landessprache, um feststellen zu können, ob italienische Schüler gleich gut die deutsche Sprache sprechen, wie deutsche Schüler die italienische Sprache, und wie sich die Kenntnisse im Laufe der Schuljahre entwickeln. • Eine Erhebung über die Fremdsprachenkenntnisse der Südtiroler Schüler im Vergleich zu Schülern aus anderen europäischen Regionen. • Eine Untersuchung der Gründe dafür, warum Südtiroler Schüler nach nur einigen Jahren Unterricht in anderen Fremdsprachen bessere Sprachkenntnisse aufweisen als nach wesentlich mehr Jahren Italienischunterricht an deutschen Schulen bzw. Deutschunterricht an italienischen Schulen. 3. Die Süd-Tiroler Landesregierung wird beauftragt, in anderen Regionen mit sprachlichen Minderheiten Informationen über die dortigen Schulsysteme einzuholen, um in Erfahrung zu bringen, ob es auch andere Möglichkeiten gibt, den Schülern bestmöglich Fremdsprachen beizubringen, ohne dass dabei der muttersprachliche Unterricht gefährdet wird.

“Weltweit lässt sich in Minderheitenregionen feststellen, dass überall dort, wo vom muttersprachlichen Unterricht abgegangen wird, zunächst die Sprachkompetenz in der Muttersprache abnimmt und es in der Folge zum Verlust der ethnischen Identität und damit zur Assimilierung kommt”, erklärte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). “Das Aostatal ist dafür ein warnendes Beispiel. Anstatt den Wert des muttersprachlichen Unterrichts in Süd-Tirol zu erkennen, wird jedoch seit einigen Jahren versucht, diesen gezielt schlechtzureden. Den Eltern soll suggeriert werden, dass ihre Kinder, wenn diese die Schulen mit nur deutscher Unterrichtssprache besuchen, unzureichend Italienisch lernen würden. Mit dieser manipulativen Fehlinformation einhergehend wird die Erhöhung der Anzahl der Italienischstunden oder gar die Einführung gemischtsprachiger Schulen gefordert. Pauschal wird behauptet, dass die Süd-Tiroler Jugendlichen heute schlechter Italienisch sprechen würden als früher, ohne dabei empirische Belege über die Verschlechterung der Sprachkompetenzen vorweisen zu können.” Mit dieser Begründung habe man den Italienischunterricht erweitert und die CLIL-Methode eingeführt. Die jüngste KOLIPSI-Studie habe aber ergeben, dass diese Methode, die zudem den muttersprachlichen Unterricht in Frage stellt, keine positiven Ergebnisse bringt. Schüler sollten so viele Sprachen als möglich erlernen, aber nicht auf Kosten der Muttersprache, erklärte Knoll.

Ulli Mair (F) bezeichnete die Ergebnisse der Studie als ernüchternd, die CLIL-Methode bringe keine Fortschritte. Eine erdrückende Mehrheit im Konvent spreche sich für die Beibehaltung des Art. 19 aus. Wenn die Schüler in anderen Fremdsprachen besser seien als in der Zweitsprache, dann sei an der Unterrichtsmethode etwas zu ändern. Die Zweitsprache sei als Fremdsprache zu unterrichten, die Ausbildung der Zweitsprachenlehrer zu verbessern.
Auch Elena Artioli (Team Autonomie) bezeichnete die bisherigen Wege als gescheitert. Auch die Gastwirte würden lieber Ausländer einstellen, weil sie mehr Sprachen beherrschten. Man müsse die Voraussetzungen schaffen, damit die Jugend nicht einsprachig aufwächst, Gratissprachkurse nicht nur den Ausländern, sondern auch den Einheimischen bieten. An der europäischen Schule in Brüssel würden die Kinder vier Sprachen erlernen, ohne die eigene zu verlieren.
Brigitte Foppa (Grüne) fand Punkt 2 des Antrags interessant. Der Antrag verlange eine Studie, nehme aber die Ergebnisse schon vorweg. Die zitierte Studie widerlege eigentlich die Thesen der Einbringer: Wer in einer einsprachigen Umgebung aufwachse, tue sich schwer mit dem Erlernen anderer Sprachen. Foppa kritisierte, dass immer wieder der Tod der Muttersprache herbeigeredet werde.

Laut Andreas Pöder (BürgerUnion) hat die Studie ergeben, dass die vielen Projekte zu nichts geführt hätten. Es sei ein Fakt, dass die Zweitsprachenkenntnisse ungenügend seien. Unsere Zweitsprachendidaktik sei altmodisch, und es sei kein Wunder, dass die Kinder Englisch besser beherrschten. Ein ideologischer Zugang, wie etwa die Forderung nach einer zweisprachigen Schule, helfe nicht weiter.

Tamara Oberhofer (F) bezeichnete das CLIL-Projekt als gescheitert. Der Zweitsprachenunterricht müsse nicht ausgebaut, sondern verbessert werden. Besonders in den Tälern werde Italienisch als Fremdsprache empfunden und sollte auch als solche Unterrichtet werden. Dazu seien auch die Lehrer dementsprechend auszubilden. Oberhofer sprach sich für wissenschaftliche Erhebungen zum Bestand aus, wobei auf die besondere Situation der Minderheiten einzugehen sei.
Myriam Atz Tammerle (STF) stellte fest, dass laut Studie die CLIL-Methode zum Erfolg führt, und fragte, was nun an den Schulen geschehe, die CLIL anwenden. Derzeit würden die Schüler vielfach den Inhalt des italienischen Unterrichts nicht verstehen. Sie plädierte dafür, solche Projekte wie CLIL außerhalb der Schule anzubieten; die Entscheidung solle den Familien überlassen bleiben.

Riccardo Dello Sbarba (Grüne) verneinte, dass die Grünen eine ideologische Position zur Schule hätten. Sie wollten eine mehrsprachige Schule als Zusatzangebot, nicht als Pflicht. Solche Schulen hätten anderswo bereits großen Erfolg. Viele Eltern würden eine solche Schule wünschen. Man könnte einfach das ladinische Schulmodell übernehmen. Die Erfolgsquote bei den Zweisprachigkeitsprüfungen liege landesweit durchschnittlich bei 37 Prozent, unter den Ladinern bei 72 Prozent.

Hannes Zingerle (F) verwies ebenfalls auf die Statistik der Zweisprachigkeitsprüfungen. Es fehle aber eine Statistik nach Sprachgruppen, dies sollte nachgeholt werden.
LR Philipp Achammer bezweifelte, dass die KOLIPSI-Studie richtig gelesen wurde. Laut Studie seien die Zweitsprachenkenntnisse besser, wenn die Sprache auch außerhalb der Schule gerne gebraucht werde. Man müsse wahrscheinlich verstärkt die Gelegenheit dazu schaffen. Andere Sprachen seien für die Muttersprache keine Gefahr, wenn der Muttersprache genügend Aufmerksamkeit geschenkt werde, und die PISA-Studie zeige, dass die Deutschkenntnisse der Südtiroler Schüler sich im Vergleich auch mit deutschen Bundesländern sehen lassen könnten. In den Lehrprogrammen für die Zweitsprache werde die Literatur heute als Brücke gesehen, zentral sei die Sprachbeherrschung. Bei der Kontinuität der Zweitsprachenlehrer gebe es Verbesserungsbedarf. Auch Englisch werde mit der CLIL-Methode unterrichtet, aber die Einbringer richteten sich stets nur gegen das italienische CLIL. Die SVP halte nach wie vor nichts von einem mehrsprachlichen Modell. Die im Antrag geforderten Erhebungen gebe es bereits, man müsse nur die richtigen Daten vergleichen.

LR Christian Tommasini bestätigte die Ausführungen Achammers. Die Schule könne vieles, aber der Hebel liege im Kontakt mit der anderen Sprachgruppe. In der KOLIPSI-Studie seien die Kenntnisse der Viertklässler vor drei Jahren erhoben worden, aber damals sei noch nicht das volle CLIL-Programm angewendet worden. Tommasini empfahl, die Studie von Cavagnoli und Passerella zum Thema zu lesen. Er lud die Abgeordneten zu einem Lokalaugenschein in die Pascolischule ein, wo in drei Sprachen unterrichtet werde.

Sven Knoll forderte nach diesen Ausführungen ein eindeutiges Bekenntnis zum muttersprachlichen Unterricht (und eine namentliche Abstimmung). Er stellte in Abrede, dass, wer für den muttersprachlichen Unterricht sei, gegen das Erlernen anderer Sprachen sei. Für viele Schüler sei Italienisch eine Fremdsprache, und als solche sollte Italienisch unterrichtet werden. Bei der Studienreise nach Schleswig-Holstein und zur dänischen Minderheit habe man wieder ein warnendes Beispiel gesehen. Auf jeden Fall wäre es wichtig, Erhebungen über einen längeren Zeitraum anzustellen, damit man auch die Entwicklung verfolgen könne.
Der Antrag wurde mit 10 Ja und 21 Nein abgelehnt.

Anschließend wurde mit der Behandlung des Sammelgesetzentwurfs (125/17) begonnen.

Von: luk