„Deutsche Fragestellung falsch“

Pöder hält Verfassungsreferendum für anfechtbar

Donnerstag, 20. Oktober 2016 | 17:42 Uhr

Bozen – „Die offizielle deutsche Fragestellung zum Verfassungsreferendum ist falsch und eine Wählertäuschung, das Referendum kann so in Südtirol nicht stattfinden. Entweder das Referendum wird für Südtirol verschoben und neu anberaumt oder es sind Rekurse und eine Annullierung möglich“, unterstreicht der Landtagsabgeordnete der BürgerUnion, Andreas Pöder.

Während im italienischen Text unter anderem „la riduzione del numero dei parlamentari“ steht, steht in der deutschen Referendumsfragestellung „Reduzierung der Zahl der Abgeordneten“. Die „Abgeordneten“ seien jedoch die Mitglieder der Abgeordnetenkammer und die Zahl der 630 Abgeordneten werde keineswegs verkleinert. Spricht man von „parlamentari“, dann schließt das Abgeordnete und Senatoren mit ein. Für die deutschen Wähler in Südtirol sei aber der Begriff „Abgeordnete“, wenn eigentlich die “Senatoren” gemeint sind, irreführend und falsch, ist Pöder überzeugt.

„Noch hinzu kommt, dass auch der italienische Text für die Abschaffung des CNEL einfach übernommen wurde, kein Mensch versteht jedoch in Südtirol, was das CNEL ist, wobei man auch bezweifeln darf, dass dies sehr viele italienische Wähler wissen“, meint Pöder. Der CNEL ist der Natonale Wirtschafts- und Arbeitsrat.

„Wer glaubt, das sei textliche Erbsenzählerei, täuscht sich, denn gerade bei der Reform eines Gesetzes oder wie in diesem Fall der Verfassung geht es um hochsensible juridische Bereiche und somit um Beistriche und einzelne Worte. Man kann den Südtirolern nicht einfach sagen, stimmt über die Verringerung der Zahl der Abgeordneten ab, während diese Zahl gar nicht verkleinert wird“, so Pöder.

“Am heutigen 20. Oktober war der letzte Termin für die Aufhängung der Plakate mit der Wahlkundmachung durch die Gemeinden. Die Südtiroler Gemeinden haben dabei sowohl die genau textlich vom Innenministerium vorgeschriebenen italienischen Plakate als auch die offiziellen deutschen Wahlkundmachungen aufgehängt. Auf diesen Wahlkundmachungen werden die Wählerinnen und Wähler formell auf das Verfassungsreferendum am 4. Dezember aufmerksam gemacht und es wird der Inhalt der Abstimmung mitgeteilt”, erläutert der Abgeordnete.

“Nachdem der Termin für die Aufhängung der Wahlkundmachungen heute verfallen ist, können die Plakate auch nicht so ohne weiteres ausgetauscht werden. Denn dann würde die Aufhängung der korrekten Plakate gemessen am geplanten Wahltag, dem 4. Dezember zu spät aufgehängt. Auch kann keineswegs auf diesen Wahlkundmachungen und den Stimmzetteln ein unterschiedlicher Text abgedruckt werden”, so Pöder.

„Mit dem offiziellen deutschen Referendumstext, der auf den Wahlkundmachungsplakaten der Bürgermeister und auf dem Stimmzettel steht, ist nicht zu scherzen, denn genau darüber stimmen dann letztlich auch die Südtiroler Wählerinnen und Wähler ab“, gibt Pöder zu bedenken.

Auch die Nichteinhaltung der Bestimmungen des Referendumgsgesetzes zur Referendumgsfrage sei in Südtirol ein noch größeres Problem als in den übrigen Regionen auf Staatsgebiet.

„Das Referendumgsgesetz (Nr. 352/1970) schreibt eindeutig vor, dass bei einem Verfassungsreferendum die Nummern der geänderten und somit neuen Artikel der Verfassung angegeben werden, damit der Wähler bei der Referendumgsfrage auf den Wahlkundmachungen und auf den Stimmzetteln eindeutig erkennen kann, welche Artikel der gesamten umfangreichen Verfassung geändert werden“, erklärt Pöder.

„Gerade die Südtiroler sollten bei dieser hochsensiblen Frage beim deutschen Text auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften pochen. Landeshauptmann und Landesregierung sind aufgefordert, den korrekten deutschen Text sowie die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften für die Südtiroler Wählerinnen und Wähler zu garantieren. Nachdem die Wahlkundmachungsfrist vorbei ist, kommt eigentlich nur mehr die Verschiebung der Wahl selbst und die Neukundmachung mit dem richtigen Text und die Bereitstellung von Stimmzetteln mit dem korrekten deutschen Text infrage“, erklärt Pöder

„Die zweite Textmöglichkeit ist beim vorliegenden Verfassungsreferendum nicht anwendbar, weil tatsächlich einzelne Artikel der Verfassung geändert werden und diese in der Fragestellung somit auch angeführt werden müssen. Gegen die einfache und ziemlich irreführende von der Regierung Renzi vorgelegte und bislang vom Kassationsgericht und vom Staatspräsidenten abgesegnete Fragestellung laufen die Oppositionsparteien in Rom Sturm – bislang allerdings ohne Erfolg”, so Pöder.

Für Südtirol sei jetzt aber mit dem offiziellen deutschen Text der Fragestellung eine völlig neue Situation eingetreten, „nämlich eine faktisch und formell falsche Fragestellung“, ist Pöder überzeugt. „Die oft verwendete Argumentation, dass im Zweifelsfalle der italienische Text gilt, sei hier nicht anwendbar, weil es sich nicht um die Entscheidung eines Gerichtes oder um ein Gerichtsverfahren handelt, sondern um die Bestimmungen zum Recht auf Gebrauch der deutschen Muttersprache, wodurch den Südtirolern sehr wohl korrekte Texte auch auf Wahlzetteln garantiert werden müssen“, erklärt Pöder.

bü

Von: mk

Bezirk: Bozen