Von: APA/Reuters/dpa
Nach dem Debakel der pro-europäischen Regierungskoalition bei der Präsidentenwahl hat der sozialdemokratische Regierungschef Marcel Ciolacu am Montagabend seinen Rücktritt bekannt gegeben. Er ziehe die Konsequenzen aus der zweiten herben Wahlniederlage der Koalition, nachdem ihr gemeinsamer Kandidat Crin Antonescu am Sonntag den Einzug in die Stichwahl verpasst hatte, sagte Ciolacu nach einer Sitzung seiner Sozialdemokraten (PSD).
Der scheidende PSD-Chef erklärte weiter, dass seine Partei mit sofortiger Wirkung aus der Regierungskoalition austrete. Das Kabinett bleibt damit höchstens 45 Tage lang im Amt, wobei Interimspräsident Ilie Bolojan Koalitionskreisen zufolge den parteifreien Bildungsminister Daniel David zum kommissarischen Regierungschef ernennen dürfte. Nach der Stichwahl vom 18. Mai und Angelobung des neues Staatsoberhauptes wird dieses sodann als eine seiner ersten Amtshandlungen den Regierungsauftrag vergeben.
Liberale: Ciolacu “ein Hemmschuh”
Davor waren die Koalitionsspitzen am Vormittag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengetreten, da zahlreiche Koalitionspolitiker wegen des Wahlfiaskos Ciolacus umgehenden Abgang forderten. So hatte der Buzauer Bürgermeister Constantin Toma (PSD) offen eingeräumt, dass die gesamte Führungsriege seiner Partei nicht länger tragbar sei. Seinerseits verwies der liberale Abgeordnete Robert Sighiartau darauf, dass der “Zuspruch für die Koalition im Land immer geringer wird” – in ihrer jetzigen Form könne sie daher nicht weitermachen, sondern müsse sich nach der Stichwahl “neu aufstellen”. Sighiartau warf dem scheidenden Regierungschef Ciolacu zudem vor, durch seine Unbeliebtheit ein “Hemmschuh” für den Koalitionskandidaten Antonescu gewesen zu sein. Ciolacu habe nach seiner eigenen Wahlpleite im Spätherbst – damals hatte der PSD-Chef ebenfalls den Stichwahl-Einzug verpasst – das Amt des Premierministers erst gar nicht mehr beanspruchen dürfen.
Rechtsaußenkandidat Simion tritt gegen Bukarester Bürgermeister an
Die Stichwahl am 18. Mai wird zwischen dem Rechtsaußenkandidaten George Simion klar und dem parteifreien Bukarester Bürgermeister Nicușor Dan entschieden. Nach der Wiederholung der im vergangenen Jahr annullierten Wahl am Sonntag lag Simion mit 40,96 Prozent auf Platz eins, während Dan 20,99 Prozent der Stimmen erhielt.
Dan erklärte die Stichwahl zur Richtungsentscheidung, ob Rumänien weiterhin prowestlich bleibe. Die Bürgerinnen und Bürger seien daher aufgefordert, diese “Schlacht” gemeinsam mit ihm zu schlagen. Seine Pflicht sei es, die Menschen davon zu überzeugen, dass der prowestliche Weg der einzig richtige sei. Das sei zwar nicht leicht, doch bleibe er optimistisch, “dass wir er letztlich schaffen”, sagte der Bukarester Bürgermeister.
Simion tauchte indes noch in der Wahlnacht ab – der 38-Jährige trat nicht vor die Journalisten, sondern zog es vor, sich per Videoansprache an seine Wähler zu wenden. Er versicherte darin, dass er als Präsident, wie versprochen, den prorussischen Rechtsextremisten Călin Georgescu mit einem hohen Amt, voraussichtlich jenes des Regierungschefs, betrauen werde, da das Land dessen “Vision” brauche.
Bei der Abstimmung handelte es sich um eine Wiederholungswahl. Rumäniens oberstes Gericht hatte die Wahl vom November wegen illegaler Einflussnahme Russlands annulliert, eine Wiederholung angeordnet und den rechtsextremen und pro-russischen Kandidaten Georgescu, der mit einer Wahlkampagne vor allem auf der Onlineplattform TikTok als Sieger hervorgegangen war, ausgeschlossen. Gegen ihn ermittelt seit Ende Februar die Staatsanwaltschaft.
Daraufhin trat Simion in seine Fußstapfen. Georgescu trat als Simions Verbündeter auf. Am Wahltag gingen die beiden sogar demonstrativ gemeinsam zur Stimmabgabe. Seine Videoansprache hielt er anschließend vor einer Ikonen-besetzten Kulisse. Rumänischen Politbeobachtern zufolge kopiert der 38-Jährige augenscheinlich die bisherige Wahlkampfstrategie Georgescus: Statt an Debatten teilzunehmen, mache er lieber prophetische Ansagen vor mystisch-religiöser Kulisse.
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