Von: luk
Bozen – Heute ist der internationale Tag der Muttersprache. Freiheitliche und Süd-Tiroler Freiheit greifen diesen Tag auf, um an den Schutz der Muttersprache zu erinnern.
Freiheitliche: „Schutz der Muttersprache: Sprachmonitoring ist Voraussetzung!“
Freiheitlichen Obfrau Sabine Zoderer betont anlässlich des Internationalen Tags der Muttersprache am 21. Februar die Wichtigkeit, den der Schutz und die Pflege der Muttersprache für den Minderheitenschutz im Land haben und verweist auf den bedauerlichen Umstand eines nach wie vor fehlenden professionellen Sprachmonitorings in Südtirol.
„Instrumente wie der muttersprachliche Unterricht und das Recht auf den Gebrauch der Muttersprache sind zentrale Schutzmechanismen unserer Autonomie. Leider erleben wir im Alltag immer wieder, dass diese nicht so greifen wie sie sollten oder im Laufe der Zeit an Wirkkraft eingebüßt haben – denken wir nur an die oftmals einsprachig italienische Realität in öffentlichen Ämtern und Krankenhäusern oder den hohen Anteil von Nichtmuttersprachlern an unseren Schulen“, so Zoderer.
„Voraussetzung dafür, diesen Negativentwicklungen gegensteuern zu können, ist eine laufende und umfassende Erhebung und Bewertung der Sprachrealität im Land. Im vergangenen Jahr wurde im Landtag ein Beschlussantrag von uns Freiheitlichen genehmigt, mit dem wir ein kontinuierliches Monitoring in Sachen Vermittlung der Erst- und Zweitsprache an Kindergärten und Schulen, der Sprachentwicklung und der praktizierten Sprachrealität gefordert haben. Leider lässt die Umsetzung vonseiten der Landesregierung – wie so oft – zu wünschen übrig, was angesichts dieser für den Schutz unsere Autonomie so fundamental wichtigen Grundlage als sträfliche Nachlässigkeit bewertet werden muss“, so die F-Obfrau.
„Im Zuge dieses Monitorings müssen selbstverständlich auch äußere Einflüsse auf die praktizierte Sprachrealität im Land erhoben werden, wie zum Beispiel die Auswirkungen der Zuwanderung aus italienischen Provinzen und dem nicht-deutschsprachigen Ausland oder des stark steigenden Konsums englischsprachiger Medien und dem damit einhergehenden zunehmenden Gebrauch von Anglizismen bei Jugendlichen“, so die F-Obfrau.
„Der Gebrauch der Muttersprache ist ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber der eigenen Identität, inmitten einer sich rasch verändernden Gesellschaft. Nur mit einem kontinuierlichen Sprachmonitoring und einer profunden Datenlage können wir seriös ermitteln, wo wir in Sachen Minderheitenschutz und Erhalt der Muttersprache ansetzen müssen und welche Instrumente dafür in Frage kommen. Es besteht dringender Handlungsbedarf“, so Zoderer abschließend.
Freiheitliche: “Blaue Reihe ist wichtig für Zweisprachigkeit”
Der freiheitliche Vizeobmann Otto Mahlknecht bemängelt, dass sich die Landesregierung zu wenig um zweisprachige Rechtstexte kümmert.
„Die Blaue Reihe der zweisprachigen Gesetzestexte ist für jeden Südtiroler Juristen ein wertvolles Hilfsmittel. Ohne eine verbindliche deutsche Übersetzung staatlicher Gesetze ist die gelebte Zweisprachigkeit im Alltag bei Gericht und in Ämtern schwierig. Umso mehr bedaure ich, dass etliche der Texte seit Langem nicht mehr aktualisiert wurden. Jüngere Anwaltskollegen beklagen, dass man nicht einmal mehr die in die Jahre gekommenen Ausgaben kaufen kann“, gibt Mahlknecht zu bedenken.
„Zum heutigen Tag der Muttersprache wünsche ich mir deshalb, dass sich die Landesregierung und vor allem der zuständige Landesrat Philipp Achammer um die Herausgabe und Finanzierung von aktuellen Ausgaben der Gesetzestexte kümmert. Mit der bewährten Kompetenz des Teams am Institut für Italienisches Recht an unserer Landesuniversität Innsbruck dürfte das kein Problem sein“, so Mahlknecht abschließend.
STF: Muttersprache in Bildungseinrichtungen bestmöglich einsetzen
Der Wert der Sprache könne nicht hoch genug eingeschätzt werden und sei vielleicht das zentrale bestimmende Charakteristikum der Menschheit, stellte der Minderheitenexperte der Vereinten Nationen, Fernand de Varennes, in einem Bericht aus dem Jahre 2020 fest. Anlässlich des Tags der Muttersprache am 21. Februar fordert die Landesjugendsprecherin der Süd-Tiroler Freiheit, Melanie Mair, dass die Muttersprache auch im Südtiroler Bildungswesen weiterhin ausreichend geschützt wird und an den einsprachigen deutschen/italienischen Kindergärten und Schulen festgehalten wird.
Das System der getrennten einsprachigen deutschen sowie italienischen Schulen/Kindergärten sei ein Eckpfeiler der Südtiroler Autonomie; festgehalten im Artikel 19 St. “Gerade das Bildungssystem ist für eine Minderheit von essenzieller Wichtigkeit, will sie ihre Identität pflegen und ihren Fortbestand wahren.”
“Erst vor Kurzem wurde ein Antrag zur Bekräftigung der Wichtigkeit und Unantastbarkeit des vorgenannten Art. 19 von der Mehrheit des Südtiroler Landtages abgelehnt. Die Fraktionssprecherin der SVP meinte, dass es einen derartigen Beschlussantrag nicht brauche – in ihren Worten ‘das macht keinen Sinn’ – da das Autonomiestatut (worin natürlich auch besagter Artikel 19 festgeschrieben ist) fest verankert sei und niemals in Frage gestellt werde. Im Grunde handelt es sich tatsächlich um ein im Autonomiestatut verbrieftes Recht, jedoch wird unser Schulsystem trotzdem immer wieder von verschiedensten Seiten angegriffen”, erklärt Melanie Mair, Landesjugendsprecherin der Süd-Tiroler Freiheit.
“So wurde in den vergangenen Jahren immer wieder versucht, unser Schulmodell aufzuweichen, etwa durch die sogenannten CLIL-Projekte oder die konkrete Forderung der Errichtung von mehrsprachigen Klassen/Schulen. Aktuell wird immer öfter auf eine ‘räumliche Zusammenführung’ in Bildungseinrichtungen gesetzt, sprich auf ‘offene’ Räumlichkeiten, damit sich Kinder der deutschen und italienischen Sprachgruppen begegnen können und im stetigen Austausch zueinander sind. Des Weiteren soll in naher Zukunft an einer Südtiroler Oberschule ein englischsprachiger Klassenzug eingeführt werden. Zudem sei darauf hingewiesen, dass besagter Art. 19 St. in Vergangenheit bereits ausgehöhlt wurde: Der Unterricht der zweiten Sprache, Italienisch bzw. Deutsch, ist in Südtirol von der zweiten oder dritten Klasse Grundschule an Pflicht – glaubt man den Worten des Südtiroler Autonomiestatuts. Nun wird die zweite Sprache aber schon seit Jahren ab der ersten Klasse unterrichtet, was klar der vorgenannten Formulierung widerspricht”, heißt es weiter.
Der Landesrat für deutsche Bildung und Kultur äußerte sich diesbezüglich in derselben Landtagssession wie folgt: „Wir sind zum Beispiel nicht der Meinung, dass Italienisch in der ersten Klasse Grundschule eine Aushöhlung (…) des Artikels 19 wäre. Ich würde nicht verstehen warum.“ “Wenn geschrieben steht, dass die zweite Sprache von der zweiten oder dritten Grundschule an Pflicht ist, aber seit Jahren mit dem Erlernen derselben bereits in der ersten Klasse begonnen wird, so ist unser Autonomiestatut zweifelsfrei, ganz offensichtlich ausgehöhlt worden”, so Mair.
“All dies vorausgeschickt, muss der Fraktionssprecherin der SVP also klar widersprochen werden: Es braucht die offenkundige Bekundung zur Wichtigkeit und zum Festhalten an unseren einsprachigen Kindergärten und Schulen. Es nutzt nichts, zu behaupten, dass man am Art. 19 St. festhalte, dann aber nichts in dieselbe Richtung unternimmt (oder eher im Gegenteil agiert).” Melanie Mair schließt deshalb wie folgt: „Sorgen wir weiterhin für die bestmögliche Qualität an Bildung, handeln wir im Sinne des Minderheitenschutzes und sprechen wir uns klar für unsere Muttersprache im Bildungssystem aus.“
“Ohne Muttersprache hat Südtirol keine Zukunft”
Anlässlich des heutigen internationalen Tages der Muttersprache weist der Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit, Sven Knoll, auf die Wichtigkeit der deutschen und ladinischen Muttersprache für das kulturelle Überleben der Südtiroler in Italien hin. “Es ist kein Zufall, dass das faschistische Regime als eine der ersten Maßnahmen in Südtirol die deutsche Sprache auslöschen wollte. Ohne Muttersprache verliert ein Volk seine Identität. In den letzten Jahren wurde die deutsche Sprache in Südtirol immer weiter zurückgedrängt. Insbesondere im Gesundheitswesen wird Deutsch immer öfter zur Fremdsprache. Diese gefährliche Entwicklung muss gestoppt werden, denn ohne den Erhalt der Muttersprache hat Südtirol keine Zukunft. Der internationale Tag der Muttersprache wurde von der UNESCO eingeführt, um die Aufmerksamkeit auf die Minderheitensprachen zu lenken und deren Bedrohung aufzuzeigen, denn weltweit ist fast die Hälfte aller Sprachen vom Aussterben bedroht”, so Knoll.