Putin steckt in der Klemme

„Seine engsten Verbündeten wenden sich gegen ihn“

Freitag, 21. April 2023 | 08:22 Uhr

Moskau – Der Angriffskrieg auf die Ukraine könnte Kreml-Despot Wladimir Putin teuer zu stehen kommen. Offenbar hat er mittlerweile das Vertrauen und die Unterstützung seiner engsten Verbündeten verspielt. Das sollen Insider aus dem Umfeld des russischen Präsidenten behaupten.

In einem Interview erklärt Gennady Gudkov, dass Putin nicht mehr wie bisher weiter regieren könne. „Er hat zu viele Fehler begangen und alle, angefangen vom Generalstab des Militärs über die Führung des Inlandsgeheimdienstes FSB bis hin zu seinen engsten Mitarbeitern wissen das“, erklärte Gudkov.

Laut der Moscow Times war Gennady Gudkov einer der wichtigsten Politiker in Russland. Weil er im Jahr 2012 Putin kritisiert hat, wurde er allerdings vom Parlament ausgeschlossen und musste ins Exil nach Bulgarien fliehen. Von dort aus wettert er weiter gegen Putin.

Gudkov spricht außerdem von einer leisen Revolution innerhalb Russlands. Immer mehr Funktionäre seien zunehmend wagemutiger und aufmüpfiger im Verlauf des Ukraine-Kriegs geworden. „Die Unterwerfung vor Putin wie vor einem Jahr gibt es nicht mehr“, erklärte Gudkov. Laut Times beruft sich Gudkov auf Insider des Kremls und deren Angehörige, auf politische Persönlichkeiten aus Moskau und auf russische Oligarchen. Doch er ist nicht der einzige, der Alarm schlägt.

Tatiana Stanovaya, die Gründerin von „R.Politik: The Reality of Russian Politics“, ist zugleich Senior-Forscherin im Carnegie Endowment for International Peace. Sie erklärte der Times gegenüber, dass derzeit noch keine hochrangigen russischen Funktionäre mutig genug wären, um Putin zu kritisieren. Trotzdem habe sich etwas geändert. „Viele von ihnen haben ihn respektiert. Das ist jetzt nicht mehr der Fall“, so die Wissenschaftlerin.

In einem Artikel im Dezember 2022 schrieb Stanovaya, dass sich innerhalb der russischen Elite zwei Fronten auftun würden. Demnach würden die Realisten den Radikalen gegenüberstehen. Während sich die Realisten im Ukrainekrieg eine taktische Pause und eine Neuausrichtung der russischen Ziele wünschen, unterstützen die Radikalen einen Eskalationskurs ohne Rücksicht auf die Kosten. „Noch nie zuvor haben strategische Entscheidungen Putins, die oft als Preis für die Stabilität im Land angesehen werden, zu einer möglichen Spaltung der russischen Elite geführt“, erklärt die Analystin.

Die Niederlagen in Charkiw und Cherson hätten innerhalb der russischen Elite dazu geführt, dass Putins Kurs infrage gestellt wird. Dies lasse Putin schwach erscheinen, während Russland ein „freier Fall in den Abgrund“ blühe. Putin werde dabei sowohl für die Realisten als auch für die Radikalen innerhalb Russlands Elite als schwach wahrgenommen. Sollte Stanovaya recht haben, steckt Putin wahrlich in der Klemme.

Das Ergebnis im Machtkampf um die Vorherrschaft könnte Putin in jedem Fall unerfreulich ausfallen, unabhängig davon welcher Flügel gewinnt.

Von: mk