Von: APA/AFP/dpa/Reuters
Nach dem Telefonat des russischen Machthabers Wladimir Putin mit seinem US-Kollegen Donald Trump hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Moskau vorgeworfen, durch Gespräche lediglich “Zeit schinden” zu wollen, um den Krieg gegen die Ukraine fortzusetzen. “Es ist offensichtlich, dass Russland Zeit schinden will, um seinen Krieg und die Besatzung fortzusetzen”, so Selenskyj am Dienstag in Online-Medien. Für eine Waffenruhe stelle Putin “unrealistische Bedingungen”.
Trump und Putin hatten am Montag ein mit Spannung erwartetes Telefonat über den Ukraine-Krieg geführt. Putin hatte danach erklärt, Russland sei bereit, gemeinsam mit der ukrainischen Regierung ein “Memorandum” zur Vorbereitung eines “möglichen künftigen Friedensabkommens” zwischen beiden Staaten auszuarbeiten. Die ersten direkten Gespräche zwischen Russland und der Ukraine in dem Krieg seit mehr als drei Jahren hatten in der vergangenen Woche kein Ergebnis gebracht.
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, erklärte am Dienstag, die Ukraine müsse entscheiden, ob sie bei der Diskussion des von der Regierung in Moskau vorgeschlagenen Memorandums kooperieren wolle. Bei ihrem wöchentlichen Medienbriefing sagt Sacharowa zudem, die europäischen Verbündeten der Ukraine hätten versucht, die Wiederaufnahme des direkten Dialogs zwischen der Ukraine und Russland zu verhindern. Diese Bemühungen seien jedoch gescheitert.
Europäische Unterstützer Kiews erhöhen Druck auf Putin
Die europäischen Unterstützer der Ukraine erhöhen nach dem Telefonat den Druck auf Moskau. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas forderte “harte Maßnahmen” der USA gegen Russland. Moskau wolle “offensichtlich” keinen Frieden mit der Ukraine. Die EU wolle nun “Konsequenzen sehen, auch von Seiten der USA”. Im Onlinedienst X verkündete Kallas, die EU habe ihr 17. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Die bereits in der vergangenen Woche bekannt gewordenen Sanktionen richten sich gegen fast 200 Schiffe der sogenannten russischen Schattenflotte, mit der Moskau das im Zuge des Ukraine-Kriegs verhängte Öl-Embargo umgeht. Weitere Sanktionen gegen Russland seien “in Arbeit”, erklärte Kallas.
NATO-Generalsekretär Mark Rutte sprach angesichts des Telefonats von einem “guten Zeichen”. Es sei zudem “gut und positiv”, dass Trump im Anschluss mit Selenskyj und europäischen Spitzenpolitikern gesprochen habe. Die britische Regierung kündigte unterdessen neue Strafmaßnahmen gegen Einrichtungen an, “die Russlands Militärmaschinerie, Energieexporte und Informationskrieg” unterstützten. Zudem würden “Finanzeinrichtungen” bestraft, die an der Finanzierung von Russlands Ukraine-Krieg beteiligt seien, erklärte das Außenministerium in London.
Deutschlands Außenminister Johann Wadephul (CDU) rief am Rande eines Treffens der EU-Außenminister in Brüssel am Dienstag dazu auf, in den Diskussion um neue Sanktionen “keine Denkverbote” zuzulassen. “Ich setze mich dafür ein, dass wir auf alle Möglichkeiten weiter blicken und keine Denkverbote haben”, sagte Wadephul. Europa müsse das “klare Signal” an den russischen Präsidenten Putin senden, dass jetzt “konkrete Schritte” von ihm erwartet würden. Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte am Rande eines Treffens der EU-Verteidigungsminister, ebenfalls in Brüssel, Putin sei “nach wie vor nicht zu Zugeständnissen bereit”. Das Gespräch am Vortag habe “wieder einmal bestätigt, Erklärungen werden abgegeben von russischer Seite, aber Beweise für erklärte Absichten gibt es bisher nicht”.
Trump und Putin hatten am Montag ihr mit Spannung erwartetes Telefonat über den Ukraine-Krieg geführt. Der US-Präsident erklärte im Anschluss, Moskau und Kiew könnten “sofort” Verhandlungen über eine Waffenruhe beginnen. Putin sagte, Russland sei bereit, gemeinsam mit der ukrainischen Regierung ein “Memorandum” zur Vorbereitung eines “möglichen künftigen Friedensabkommens” zwischen beiden Staaten auszuarbeiten.
Aktueller Brennpunkt Sumy
Die ukrainischen Behörden haben unterdessen nach eigenen Angaben mit der Evakuierung von mehr als 200 Orten in der Region Sumy nahe der Grenze zu Russland begonnen. Bisher seien 52.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden, teilte der zuständige Militärgouverneur, Oleh Hryhorow, im ukrainischen Fernsehen mit. Das seien gut 60 Prozent der insgesamt der Evakuierung unterliegenden 86.000 Zivilisten in den Ortschaften.
“Wir gewährleisten den Transport, die Unterkunft sowie humanitäre, finanzielle und psychologische Hilfe”, sagte Hryhorow. Er machte keine Angaben dazu, bis wann die Evakuierung abgeschlossen sein soll. Die Region Sumy ist seit Monaten Ziel heftiger russischer Angriffe. Militärexperten sehen in Sumy eins der Ziele der erwarteten Sommeroffensive Moskaus.
Am Wochenende hat das russische Militär einen Kleinbus, der ukrainische Zivilisten in Sicherheit bringen sollte, nahe der Stadt Bilopillja mit einer Drohne beschossen. Neun Menschen kamen dabei ums Leben.
Aktuell sind 14 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen