Rücksicht auf traumatisierte Flüchtlinge

Diskussion um Sirenen-Signale – samstägliche Probe wird ausgesetzt

Mittwoch, 16. März 2022 | 16:00 Uhr
Update

Bozen – Die Alarmierung der Freiwilligen Feuerwehren erfolgt in Südtirol mit einem drei Mal 15 Sekunden langen Dauerton, eine Alarmierung der Einsatzkräfte bei Bränden und Notfällen kann zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgen. An jedem Samstag um 12.00 Uhr wird zusätzlich landesweit eine Sirenenprobe mit einem 15 Sekunden langen Dauerton durchgeführt. “Im Fall dieser Sirenenprobe”, unterstreicht der Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz Klaus Unterweger, “besteht für die Bevölkerung keinerlei Grund zur Beunruhigung. Ganz im Gegenteil: Bei dieser Gelegenheit wird die Funktionstüchtigkeit unserer mehr als 500 Sirenen auf dem Landesgebiet immer wieder überprüft.”

Wer schon lange in Südtirol lebt, weiß das auch. Ganz anders stellt sich die Situation für Menschen dar, die vor dem Krieg in ihrer Heimat geflüchtet sind und jetzt in Südtirol Schutz suchen. Für traumatisierte Flüchtlinge ist ein Sirenenton unerträglich, da er mit Bombenalarm in Verbindung steht. “Die Landesregierung”, erklärt Bevölkerungsschutzlandesrat Arnold Schuler, “hat deshalb auf meinen Vorschlag hin beschlossen, in den kommenden vier Wochen keine samstägliche Sirenenprobe durchzuführen, aus Rücksicht und Solidarität mit traumatisierten Menschen, die wir nicht durch das Sirenengeheul an zerbombte Wohnhäuser und Schutzkeller erinnern wollen. In diesem Zusammenhang wäre es auch wichtig, Kriegsflüchtlingen zu erklären, warum und wann bei uns die Sirenenprobe abgehalten wird und sie zudem darauf hinzuweisen, dass Sirenen bei einer Alarmierung der Einsatzkräfte ertönen können”, unterstreicht Landesrat Schuler. Landesfeuerwehrpräsident Wolfram Gapp weist darauf hin, dass die Auslösung der Sirenen im Bedarfsfall für die Alarmierung der Freiwilligen Feuerwehren weiterhin erfolgen muss und wird.

Neben dem Feuerwehralarm und der wöchentlichen Sirenenprobe gibt es auch noch den Zivilschutzalarm: Um die Bevölkerung damit vertraut zu machen, wird jährlich am internationalen Tag der Katastrophenvorbeugung am 13. Oktober ein Zivilschutzprobealarm durchgeführt. Im Falle eines Zivilschutzalarms ertönt ein einminütiger auf- und abschwellender Heulton über die Sirenen. In diesem Fall muss möglichst schnell ein schützendes Gebäude aufgesucht werden. Wer sich bereits im Haus aufhält, sollte alle Fenster und Türen vorsichtshalber schließen und eventuelle Lüftungsanlagen abschalten. Anschließend sollen weitere Informationen über (ein batteriebetriebenes) Radio oder Fernsehen oder das Bürgernetz eingeholt werden. All diese Medien sind in das Bevölkerungsinformationssystem eingebunden, über das der Landeszivilschutz die Bevölkerung über das Ereignis und die entsprechenden Verhaltensregeln informiert.

Weitere Informationen zu den drei verschiedenen Alarmierungen im Bereich Zivilschutz gibt’s auf der Internetseite des Landes Südtirol.

Freiheitliche: „Landesrat Schuler sollte kühlen Kopf bewahren“

Die freiheitliche Landtagsabgeordnete Ulli Mair reagiert auf die Ankündigung des Bevölkerungsschutzlandesrates Arnold Schuler, die wöchentliche Sirenenprobe auszusetzen, mit Unverständnis.

„Bei jeder politischen Entscheidung muss die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gewährleistet bleiben. Das Aussetzen der wöchentlichen Sirenenprobe der Freiwilligen Feuerwehren steht jedenfalls in keinem Verhältnis“, hält die freiheitliche Landtagsabgeordnete Ulli Mair in einer Aussendung einleitend fest. „Es steht außer Frage, dass die derzeitige Lage in der Ukraine mit vielen Emotionen verbunden ist, aber trotzdem gilt es – allen voran in der Regierungspolitik – rational zu handeln und einen kühlen Kopf zu bewahren“, betont Mair.

„Auch hierzulande sind viele Menschen traumatisiert, denn viele wissen nicht mehr, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Auf die Pandemiejahre folgt nun eine Teuerungswelle, die Existenzängste auslöst. Weder wird dabei auf Steuern verzichtet noch geeignete Maßnahmen beschlossen, welche die Familien und den Mittelstand entlasten“, halten die Freiheitlichen fest.

„Die Aktion den Probealarm auszusetzen ist kein Akt der Solidarität mit den Flüchtlingen, sondern ein unüberlegter Aktionismus, der im Ernstfall schwerwiegende Konsequenzen haben könnte. Man denke beispielsweise an den fehlenden Alarm beim Sommerhochwasser in Deutschland, der sicherlich vielen Menschen das Leben hätte retten können. Auch angesichts der jüngsten Meldung, dass einer 82-jährigen Frau in Schlanders der Strom abgedreht wurde und dort anscheinend nicht die gleichen moralischen Maßstäbe wie im Umgang mit den Flüchtlingen gelten, sind derartige Aktionen zu hinterfragen“, unterstreicht Ulli Mair.

„Anstatt den Probealarm auszusetzen, wäre es sinnvoller den Flüchtlingen zu erklären, um was es sich hierbei handelt. Insgesamt sollte die Bevölkerung in Südtirol besser über Alarmierungen und die Bedeutung von Sirenentönen unterrichtet werden“, halten die Freiheitlichen abschließend fest.

Von: mk

Bezirk: Bozen