Sloweniens Außenministerin sieht Causa Peršmanhof als Chance

Slowenien wünscht sich “Schritt nach vorne” mit Österreich

Freitag, 24. Oktober 2025 | 05:02 Uhr

Von: apa

Slowenien hofft nach dem Untersuchungsbericht der Peršmanhof-Kommission auf einen positiven Ruck in den bilateralen Beziehungen zu Österreich. “Ich denke, dass wir jetzt eine außerordentliche Gelegenheit für einen Schritt nach vorne haben, auch was die Zweisprachigkeit in Kärnten betrifft”, sagte die slowenische Außenministerin Tanja Fajon im APA-Interview. Die jüngsten Vorfälle hätten nämlich gezeigt, wie wichtig die Erfüllung der Volksgruppenrechte in Kärnten sei.

Fajon hatte nach der umstrittenen Polizeiaktion gegen ein Jugendlager am Peršmanhof eine rasche Aufklärung und Konsequenzen verlangt. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) setzte daraufhin eine Untersuchungskommission ein, die am gestrigen Donnerstag ihren Bericht präsentierte. Fajon begrüßte den Bericht, der “sehr klar zeigt, dass es sich um ein unrechtmäßiges, unverhältnismäßiges Vorgehen handelte”. Nun erwarte man, dass alle Empfehlungen des Berichts umgesetzt werden, etwa bezüglich der Ausbildung der Polizisten.

“Sollte sich nie mehr wiederholen”

“Solche Vorfälle sollen sich nie mehr wiederholen”, betonte Fajon, die auch die rasche Reaktion der Behörden auf die Schmieraktionen gegen zweisprachige Ortstafeln in Kärnten am Wochenende lobte. Diesbezüglich sei sie sich auch mit ihrer Amtskollegin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) einig, mit der sie am Donnerstag in Wien zusammentraf. Fajon war für ein slowenisch-österreichisches Wirtschaftsforum sowie die Aufführung eines slowenischen Musicals im Konzerthaus zum Anlass des 80-jährigen Bestehens der UNO nach Wien gekommen.

Kein außenpolitischer Kurswechsel nach Wahl

Gerade in geopolitisch unruhigen Zeiten seien freundschaftliche Beziehungen unter Nachbarn essenziell, betonte Fajon. Sie äußerte diesbezüglich auch den Wunsch nach politischer Kontinuität, etwa nach dem bevorstehenden Wechsel an der Kärntner Landesspitze. Der scheidende Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sei “ein großer Freund Sloweniens, und wir werden ihn sicher vermissen”. Slowenien werde sich weiterhin konsequent für die Achtung der Volksgruppenrechte einsetzen, egal wer der künftige Landeshauptmann sein werde.

Ähnlich äußerte sich Fajon auch auf Fragen nach einem möglichen Machtwechsel bei der slowenischen Parlamentswahl Anfang 2026, die Umfragen zufolge ein Comeback des konservativen Ex-Premiers Janez Janša bringen könnte. Die Grundzüge der slowenischen Außenpolitik sollen unverändert bleiben, betonte die Sozialdemokratin und Ex-Europaabgeordnete. “Die slowenische Außenpolitik beruht auf den Prinzipien des Völkerrechts, der Demokratie, der Freiheit und den Menschenrechten sowie dem Respekt gegenüber den Nachbarstaaten.”

Slowenien will Österreich bei Sicherheits-Kandidatur helfen

Positiv bilanzierte Fajon auch die Mitgliedschaft Sloweniens im UNO-Sicherheitsrat, die mit Jahreswechsel endet. Die Ratsmitgliedschaft habe Slowenien nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich viele Türen in der Welt geöffnet. “Wir konnten Vertrauen und Brücken bauen zu Weltteilen, in denen Slowenien traditionell nicht so präsent gewesen ist.” Besonders stolz sei sie darauf, dass Slowenien in den verschiedenen globalen Konflikten – von Nahost über Ukraine bis zum Sudan – immer als prinzipientreu wahrgenommen worden sei, “dass wir bei all diesen Krisen und Kriegen dieselben Standards angelegt haben”, sagte sie in Anspielung auf Vorwürfe aus dem globalen Süden, wonach europäische Staaten bei Konflikten oft mit zweierlei Maß messen würden.

Slowenien ist als derzeitiges nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrates bereit, Österreich auch bei dessen Kandidatur für einen Sicherheitsratssitz für die Jahre 2027/28 mit den eigenen Erfahrungen zur Seite zu stehen. “Die Mitgliedschaft ist eine außerordentliche Herausforderung, aber auch ein Privileg”, so Fajon. “In einer Zeit, in der das Recht des Stärkeren oft mehr wiegt als die Stärke des Rechts, hat Österreich die große Chance, sich grundsatztreu zu präsentieren. Unsere Erfahrungen während der Kampagne für die Kandidatur zeigen, dass es sich lohnt, so viel wie möglich in den Ausbau von Vertrauen und in den Brückenbau zu investieren.” Dabei gehe es vor allem darum, sich dem Völkerrecht und dem Multilateralismus verpflichtet zu zeigen. “Solche Länder brauchen wir heute.”

“Höchste Zeit” für EU-Erweiterung

Fajon bekräftigte auch das Eintreten Sloweniens für einen raschen EU-Beitritt der Westbalkanstaaten. “Ich glaube, dass es höchste Zeit ist, dass wir diese Erweiterung umsetzen”, betonte sie mit Blick auf die aktuellen geopolitischen Herausforderungen. “Idealerweise” sollten alle sechs Kandidatenländer auf einmal beitreten, doch sei dies nicht realistisch. Vielmehr sehe es danach aus, dass bis 2030 “mindestens zwei, drei Staaten” der EU beitreten könnten, spielte Fajon auf die aktuellen Vorreiter Montenegro, Albanien und Nordmazedonien an.

Zu den innenpolitischen Turbulenzen im größten Westbalkan-Land Serbien sagte Fajon, sie hoffe auf eine Beruhigung und Stabilisierung, damit das Land weiter auf dem Weg von Reformen und Demokratie bleibe. “Ich wünsche mir ein Serbien, das ein Staat auf dem Weg in die Europäische Union sein wird, und das ein Faktor der Stabilität ist.”

(Das Gespräch führte Stefan Vospernik/APA)

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