Sitzung beendet

Sommerbetreuung und Schattenwahlen im Landtag

Donnerstag, 14. Januar 2021 | 16:58 Uhr

Bozen – Anträge von SVP und Freiheitlichen sowie ein Gesetzentwurf der Landesregierung wurden heute im Landtag genehmigt. Damit wurde die Jänner-Sitzung beendet.

Beschlussantrag Nr. 285/20: Leistbare Kinderbetreuung im Corona-Sommer (eingebracht von den Abg. Amhof, Ladurner und Mair am 14.05.2020); der Landtag möge die Landesregierung auffordern, ausgehend von den Erfahrungen des vergangenen Corona-Sommers, interessierte Organisationen, Vereine und Verbände, rechtzeitig in die Planung und Organisation des Kinderbetreuungsprogrammes für den Sommer 2021 einzubinden und ihnen die notwendigen finanziellen Mittel zur Durchführung ihrer Programme zur Verfügung zu stellen, damit die Gebühren für die Kinderbetreuung möglichst gering und somit leistbar bleiben.

Der Antrag habe sich ursprünglich auf den Sommer 2020 bezogen, präzisierte Magdalena Amhof (SVP). Aber auch der kommende Sommer werde besondere Herausforderungen haben: Sicherheitsbestimmungen, Organisation des Mittagessens usw. Das alles bedeute Mehrarbeit und bedinge zusätzliche Mittel. Im Großen und Ganzen habe es im vergangenen Sommer gut funktioniert, viele Organisationen hätten den Mut gehabt, die Betreuung zu gewährleisten. Dafür danke sie ihnen.

Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) erinnerte daran, dass vor einem Jahr fast jede Fraktion eine Verbesserung der Kinderbetreuung gefordert habe, da die Situation eine große Herausforderung für die Familien war. Damals seien diese Vorschläge abgelehnt worden. Dieser Antrag werde mehr Zustimmung finden.

Neben der Leistbarkeit gehe es auch um Flexibilität und Spontanität, meinte Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit). Noch könnten die Betriebe nicht sagen, wie viele Mitarbeiter sie im Sommer brauchen würden, daher kenne man auch nicht den Betreuungsbedarf im Sommer. Daher sollte man auch die spontane Aufnahme von Kindern ermöglichen. Auch der Preis spiele eine Rolle, wenn viele kein Einkommen hätten.

Sie habe bereits im Vorjahr den Antrag mitunterzeichnen und sei gerne wieder dabei, erklärte Ulli Mair (Freiheitliche). Sie unterstützte Atz Tammerles Forderung nach Flexibilität und ersuchte um Einbindung der Gemeinden, denn vor Ort gebe es auch viel spontanen Bedarf.

Es gehe darum, aus den Erfahrungen des letzten Jahres zu lernen, meinte Jasmin Ladurner (SVP). über 70.000 Kinder hätten das Angebot damals angenommen, der Bedarf sei also gegeben. Die Kinder würden derzeit vor allem die sozialen Kontakte vermissen, umso wichtiger sei dieses Sommerangebot.

Maria Elisabeth Rieder (Team K) erinnerte an ihren Antrag vom Vorjahr. Normalerweise würde die Landesregierung zu solchen Anträgen sagen, dass alles bereits getan werde.
LR Waltraud Deeg erinnerte an die Situation im vorigen Sommer. Normalerweise seien die Planungen für solche Programme bereits im Februar abgeschlossen gewesen, voriges Jahr habe man schnell reagieren müssen. Man habe mit Gemeinden, Bezirken und Trägerorganisationen und sehr schnell etwas auf die Beine stellen müssen. Auch daher hätten die Angebote nicht so flexibel sein können wie im Jahr zuvor. Gerade in Coronazeiten wollte man den Kindern etwas Luft verschaffen. Man habe in 113 Gemeinden über 400 Projekte auf den Weg gebracht. Es sei eine große Anstrengung gewesen, und dafür danke sie allen Beteiligten. Die Kinder hätten auch Masken getragen, obwohl es damals nicht vorgeschrieben gewesen sei – Kinder könnten sich entgegen aller Vorwürfe sehr wohl an die Regeln halten. Bis August hätten noch Projekte eingereicht werden können, Flexibilität habe man also auch bewiesen. Sie hoffe, dass man für das Vorhaben auch im kommenden Sommer diese Unterstützung habe, und vor allem, dass es ein anderer Sommer sei als voriges Jahr. Vielleicht könnte man da auch Gruppen mit 8 Kindern zulassen. Deeg lud die Abgeordneten ein, mit ihr einige dieser Betreuungsprojekte zu besuchen. Es mache einfach Freude.

Magdalena Amhof präzisierte, dass man sich in den Prämissen auf die Erfahrungen des Sommers vor Corona bezogen habe. Die Gemeinden seien mitgemeint, sie seien voriges Jahr wesentlich bei der Organisation gewesen. In diesem Bereich laufe vieles schon, aber beileibe nicht alles, daher sei der Antrag – anders als Rieder behaupte – auch sinnvoll. Sie freue sich, wenn sie damit vielen Kindern und Eltern entspannte Sommerferien ermöglichen könne.

Der Antrag wurde mit 34 Ja einstimmig angenommen.

Beschlussantrag Nr. 338/20: #erfahren.bewerten.verbessern: Politische Bildung – Schattenwahlen (eingebracht von den Abg. Amhof, Lanz, Ladurner, Locher, Tauber und Vallazza am 22.10.2020); der Landtag möge die Landesregierung auffordern,  das Konzept der Schattenwahlen, initiiert durch den Südtiroler Jugendring und unter dessen Federführung, in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Gemeindeverband flächendeckend fortzuführen und auf alle Wahlen (Europa, Staat, Land, Gemeinde) auszuweiten; den Jugendorganisationen durch die Gemeinden die notwendigen finanziellen Mittel für die Durchführung von Schattenwahlen und dafür notwenigen Vorbereitungsprozesse zur Verfügung zu stellen; die Ergebnisse der Schattenwahlen wertzuschätzen und entsprechend zu präsentierten.

“Am 20. September 2020 haben sich wieder sechs Gemeinden an die Durchführung von Schattenwahlen gewagt, initiiert, vorbereitet und tatkräftig unterstützt vom Südtiroler Jugendring und den Jugendorganisationen vor Ort”, erklärte Magdalena Amhof (SVP). Der Jugendring habe die Jugendlichen auch auf diese Wahlen vorbereitet, deren Ergebnis nach den echten Gemeindewahlen bekanntgegeben wurde. Man habe sich nun mit dem SJR getroffen, um eine Ausweitung des Projekts zu erörtern. Dieser habe zugesagt. “Mit Projekten wie diesen können wir Jugendliche für Politik sensibilisieren und politisches Interesse wecken. Hier geschieht die Auseinandersetzung mit Politik und Gesellschaft auf einer ganz anderen Ebene – hier darf jede/r interessierte Jugendliche aktiv mitmachen.” Die Mittel für ein solches Projekt seien überschaubar, keine 500 Euro pro Gemeinde.
Ihre Fraktion trage den Antrag gerne mit, kündigte Brigitte Foppa (Grüne) an, und fügte an, dass ihre Partei bei Schattenwahlen immer gut abschneide. In der Schule sei die Wissensvermittlung leider zurückgegangen. Der Landtag betreibe hingegen wieder mehr politische Bildung. Wichtig sei, dass die Jugendlichen Politik selbst ausprobieren könnten.

Die Schattenwahlen hätten gezeigt, wie wertvoll es sei, wenn sich die Jugend mit Politik beschäftige, erklärte Helmut Tauber (SVP). Laut seiner Erfahrung interessierten sich Jugendliche sehr wohl für Politik, er selbst habe früher in der Jugendarbeit mitgewirkt. Viele Jugendliche wollten ihre Meinung kundtun. Auf europäischer Ebene sehe man aber viel Politikverdrossenheit, umso mehr müsse man sich anstrengen, um die Jugend mit ins Boot zu nehmen. Ein Thema wäre die Senkung des Wahlrechts auf 16 Jahre, dafür gebe es in Europa viele Beispiele, das hänge aber vom Staat ab. Die Pandemie habe gezeigt, dass politische Diskussion durch die Videokonferenzen bei den Jugendlichen noch verstärkt wurde.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) versuchte ein Gedankenexperiment: Wenn nur Männer wählen und kandidieren dürften und sich dann im Landtag dann darüber unterhielten, ob Frauen Schattenwahlen abhalten dürfen. So wie die Frauen in diesem Fall würden sich die Jugendlichen bei diesem Antrag fühlen. Sie würden sich nicht mit Schattenwahlen zufriedengeben, sie wollten richtig wählen. Schattenwahlen wären nur ein Feigenblatt. Man werde für den Antrag stimmen, aber nur halbherzig.

Jasmin Ladurner (SVP) zeigte sich begeistert von dem Projekt. Die praktische Erfahrung sei etwas ganz anderes als der Unterricht. Auch sie würde es begrüßen, wenn Jugendliche ab 16 wählen dürften, aber bis dahin seien die Schattenwahlen eine gute Möglichkeit. Sie merke bei der Jugend viel Interesse an Politik, vor allem an Mitgestaltung.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) sah das Projekt als Beitrag zu einer aktiven Bürgerschaft. Auch an den Fridays for Future und der Bewegung der “Sardinen” habe man das Interesse der Jugend an Mitsprache gesehen. Die Einbindung der Jugend würde die Werte wieder in den Mittelpunkt der Politik stellen, habe Aldo Moro gesagt. In Südtirol seien diesbezügliche Projekte bisher auf die deutschsprachige Jugend beschränkt, das zuständige italienische Assessorat sollte mehr aktiv werden.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia) schlug eine Ergänzung vor: Es sollte der Gebrauch der Muttersprache garantiert werden, vor allem bei den Vorbereitungsinitiativen. Im Jugendring seien auch Jugendorganisationen von Parteien vertreten – Urzì fragte, ob sie auch Landesbeiträge erhielten.

Für die Jugendlichen sei es eine wichtige Frage, ob sie ernst genommen würden oder nicht, meinte Alex Ploner (Team K). In diesem Sinne stimme er Knoll zu. Jugendgemeinderäte z.B. würden selten funktionieren, eben weil ihre Beschlüsse nicht ernst genommen würden. Man müsse versuchen, das Wahlalter auf 16 zu senken. Wenn dieser Antrag vom Team K kommen würde, dann würde er abgelehnt. Da er nicht dagegen sein könne, werde er sich der Stimme enthalten.

Südtirol habe ein Demokratiedefizit, daher sei der Antrag zu unterstützen, erklärte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Der Antrag enthalte Ungereimtheiten, die Landesregierung solle demnach eine Initiative des Jugendrings fortführen und ausweiten. Auch die Zuständigkeit für die Finanzierung sei zu klären. Wenn man die Schattenwahlen ernst nehme, müssten sie auch Auswirkungen haben, etwa auf die Regierungsbildung.

Die Jugendlichen hätten auch mit dieser Initiative Interesse an der Politik bekundet, bemerkte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Wer immer die Schattenwahlen organisiere, müsse alle Sprachgruppen einbinden. Die Präsenz von Parteijugend im Jugendring werfe Fragen auf, die Jungen Grünen hätten sich zurückgezogen. Der Antrag sollte nicht eine bestimmte Trägerorganisation nennen, sondern offen für alle bleiben.

Gerhard Lanz (SVP) sprach sich für die von Urzì vorgeschlagene Änderung aus; natürlich sollten alle Sprachgruppen berücksichtigt werden. Die Schattenwahlen seien eine Initiative des Jugendrings, dieses wolle man stärken und ausdehnen. Es könne nicht sein, dass man sich für eine Jugendgruppe oder ihre Mitglieder entschuldigen müsse. Wenn einer den Jugendring verlasse, dann könne man nicht allen anderen die Schuld zuschieben. Wichtig sei es, das Interesse bei der Jugend zu wecken.

Alle seien sich einig, dass man der Politikmüdigkeit entgegentreten müsse, stellte LH Arno Kompatscher fest. Bei dem gegenständlichen Projekt hätten Jugendliche Gelegenheit, Interesse zu zeigen und Beteiligung zu üben. Für ihn sei klar, dass das Recht auf Gebrauch der Muttersprache gewährleistet sein müsse, das sei bei Einsatz öffentlicher Mittel unabdingbar. Mit dieser Initiative wolle man das Interesse auch für die repräsentative Demokratie fördern.

Magdalena Amhof nahm den Änderungsvorschlag Urzìs an. Auch sie wäre für ein Wahlalter von 16, aber das lasse sich derzeit nur bei Schattenwahlen gewährleisten. Der Jugendring habe viel Erfahrung zum Thema und sei deswegen als Träger genannt, aber es sei auch der Gemeindenverband eingebunden worden. Das Team K habe an der SVP kritisiert, dass sie wenig für politische Bildung tue, daher sei es verwunderlich, dass es diese Aktion nicht unterstütze.

Der (um den Antrag von Urzì ergänzte) Antrag wurde mit 24 Ja und elf Enthaltungen angenommen.

Landesgesetzentwurf Nr. 68/20: Außeretatmäßige Verbindlichkeit (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag von LH Arno Kompatscher). Die neuen Buchhaltungsvorschriften machten dieses Verfahren für außerordentliche Ausgaben notwendig, erklärte LH Arno Kompatscher. Es sei nun immer nötig bei Ausgeben ohne vorherige Zweckbindung. Früher habe die Zweckbindung auch gleichzeitig mit der Auszahlung erfolgen können. Heuer sei die Liste dieser Ausgaben wesentlich kürzer als in den Vorjahren. Die Ausgaben beträfen den Reinigungsdienst, Sitzungsgelder im Bereich Fortbildung, den Bootsführerschein, die Überprüfung des Asphalts, die EEVE und Studienplätze für den Pflegedienst. Letztere sei der höchste Posten in der Liste (221.000 €), der zweithöchste gehe an das Institut für Asphalttechnologie (19.000 €).
Paul Köllensperger (Team K) bemerkte, dass bei der Pflegeausbildung auch die Ausgaben für die beiden nächsten Jahre angegeben seien, und fragte, ob das über ein Gesetz zur außeretatmäßigen Verbindlichkeit geregelt werden könne. Mehrjahresausgaben seien auch bei den Bootsführerscheinen angeführt.

Es gehe um insgesamt 250.000 Euro, bemerkte Hanspeter Staffler (Grüne). Die neuen Buchhaltungsvorgaben seien eigentlich da, um große Fehler offenzulegen, aber hier habe man es im Vergleich zum Landeshaushalt mit Nichtigkeiten zu tun. Die Verwaltung habe sehr sauber gearbeitet.

LH Arno Kompatscher bestätigte dies. Zwölf offene Positionen am Ende von Zigtausenden Ausgaben – das sei wenig. In zwei Fällen seien mehrjährige Ausgaben betroffen, weil das im entsprechenden Vertrag so vorgesehen sei. Im Falle der Pflegerausbildung liege man insgesamt noch unter der EU-Schwelle von 750.000 Euro.
Anschließend wurde der Übergang zur Artikeldebatte genehmigt.

Die drei Artikel des Gesetzentwurfs wurden ohne Debatte genehmigt. Zu Art. 1 wurden zwei Änderungsanträge von LH Kompatscher zu Ausgaben in Zusammenhang mit der EEVE angenommen. Der Art. 2 zur Ausgabendeckung wurde dementsprechend geändert.
Der Gesetzentwurf wurde mit 18 Ja, einem Nein und 15 Enthaltungen genehmigt.

Damit war die Tagesordnung erschöpft, und Präsident Josef Noggler schloss die Sitzung um 16.28 Uhr.

Der Landtag tritt im Februar wieder zusammen.

Von: luk

Bezirk: Bozen