Prozess gegen Salvini wegen Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauchs

Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre Haft für Salvini

Samstag, 14. September 2024 | 22:23 Uhr

Von: APA/dpa

In einem Prozess um den Umgang mit Migranten auf dem Mittelmeer hat die Staatsanwaltschaft sechs Jahre Haft gegen Italiens Vize-Ministerpräsidenten Matteo Salvini verlangt. Dem Vorsitzenden der rechten Regierungspartei Lega wird zur Last gelegt, in seiner Zeit als Innenminister 2019 das Schiff einer spanischen Hilfsorganisation wochenlang am Einlaufen in einen Hafen gehindert zu haben.

Die Anklagebehörde wertete dies vor Gericht in Palermo als Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch. Das Urteil gegen den heutigen Verkehrsminister wird voraussichtlich im nächsten Monat verkündet.

Mit ihrer Forderung blieb die Staatsanwaltschaft deutlich unter dem möglichen Höchstmaß von 15 Jahren. Salvini war nach bereits seit drei Jahren laufendem Prozess am Samstag nicht im Gerichtssaal. Auf seinem Instagram-Konto schrieb er: “lch würde alles wieder so machen.”

“Noch nie in der Geschichte wurden ein Minister angeklagt und verurteilt, weil er die Grenzen seines Landes verteidigt hat. Artikel 52 der italienischen Verfassung besagt, dass die Verteidigung des Vaterlandes eine heilige Pflicht des Bürgers ist. Ich bekenne mich schuldig, Italien und die Italiener verteidigt zu haben, ich bekenne mich schuldig, mein Wort gehalten zu haben”, kommentierte der 51-jährige Salvini.

Der rechte Politiker war von 2018/19 Innenminister. Damals machte er sich international durch ein hartes Vorgehen gegen die Schiffe von privaten Hilfsorganisationen einen Namen, die Flüchtlinge aus Booten im Mittelmeer an Bord nehmen. Heute ist er eine der zentralen Figuren der rechten Dreier-Koalition von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

Das Schiff namens “Open Arms” hatte im August 2019 nach Angaben der gleichnamigen Hilfsorganisation mehr als 160 Menschen aus Seenot gerettet. Anschließend lag es vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa, durfte aber nicht im dortigen Hafen anlegen. Die Lage an Bord spitzte sich zu. Mehrfach sprangen Menschen ins Wasser und versuchten, an Land zu schwimmen. Die Staatsanwaltschaft ließ die “Open Arms” schließlich nach drei Wochen beschlagnahmen, sodass das Schiff anlegen konnte.

Meloni nahm ihren Koalitionspartner in Schutz. “Es ist unglaublich, dass ein Minister der Republik Italien sechs Jahre Gefängnis riskiert, weil er seine Aufgabe wahrnimmt, die Grenzen der Nation zu verteidigen, wie es das Mandat der Bürger verlangt”, schrieb die Vorsitzende der Rechtspartei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens). Zugleich versicherte sie Salvini ihre “völlige Solidarität”. Auch der andere Koalitionspartner Forza Italia stellte sich hinter den Minister.

Ähnlich sieht die Lage Außenminister Antonio Tajani, Chef der Regierungspartei Forza Italia. “Salvini hat seine Pflicht als Innenminister getan, die Legalität zu verteidigen. Aus diesem Grund sechs Jahre Gefängnis zu fordern, scheint eine unvernünftige Entscheidung zu sein und entbehrt zudem jeder rechtlichen Grundlage”, so Tajani auf X.

Kommentare

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12 Kommentare auf "Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre Haft für Salvini"


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Montegiovi
Montegiovi
Tratscher
28 Tage 36 Min

Geniest Salvini hier nicht Immunität, oder gibts so etwas in Italien nicht. 

N. G.
N. G.
Kinig
27 Tage 15 h

Immunität kann aufgehoben werden und ist in einem früheren Fall schon passiert. Auch ein “Herr” Salvini genießt keine Narrenfreiheit.

Neumi
Neumi
Kinig
27 Tage 15 h

Nicht für alles. Wäre ja auch bescheuert, wenn jemand in seinem Amt ungestraft rauben, entführen oder morden dürfte.

N. G.
N. G.
Kinig
27 Tage 16 h

Salvini befand sich wohl in einem privaten Krieg mit dem Ausland!?

Tita-Nina
Tita-Nina
Grünschnabel
27 Tage 19 h

Wird dann Salvini der erste sein der an der Grenze steht, um SEIN Land vor Invasoren jeglicher Art zu verteidigen?
Oder wird er SEIN t-Shirt anziehen und die “Gäste” willkommen heißen?
Wenn er schon sagt er will Italien und deren Bewohner beschützen, so soll er eine klare und unmissverständlich Linie ziehen und dies auch so kommunizieren.
Denn jeder Italiener liebt seine Heimat,
aber würde auch jeder Italiener für seine Heimat sterben?

OrtlerNord
OrtlerNord
Universalgelehrter
27 Tage 12 h

Tina
Aber alles im gesetzlichen Rahmen!

Zugspitze947
27 Tage 14 h

DAS wäre ein Segen ……. 🙂

Faktenchecker
26 Tage 7 h

Das kann noch besser kommen: 6 Jahre ist die Mindeststrafe.! “Bootsflüchtlinge abgewiesen Italiens Minister Matteo Salvini drohen 15 Jahre Haft… Grob rechtswidrig habe Salvini die 143 Migranten und Besatzungsmitglieder an Bord festgehalten. Damit sei der Straftatbestand der Freiheitsberaubung erfüllt. Er habe dies als staatlicher Funktionsträger getan, in offener Missachtung der italienischen Gesetze, der internationalen Konventionen, die keinen Interpretationsspielraum ließen. Gerade Regierungsmitglieder hätten sich an das geltende Recht zu halten. …”

https://www.n-tv.de/politik/Italiens-Minister-Matteo-Salvini-drohen-15-Jahre-Haft-article25231368.html

thomas
thomas
Kinig
27 Tage 10 h

hier wurden eindeutig Menschenrechte verletzt und mit Füßen getreten! In jedem zivilisierten Land müsste jeder Politiker in so einer Situation präventiv zurücktreten.

So ist das
27 Tage 18 h

Als würde dieser Politiker verurteilt 🤔

Pyrrhon
Pyrrhon
Universalgelehrter
27 Tage 12 h

Zuallererst müsste man wissen ob die Passagiere alle Papiere (Reisepass, Impfungen..) in Ordnug hatten, wenn er sie dennoch an die Weiterfahrt und auch Heimreise gehindert hat, dann wäre eine Anklage wegen Freiheitsberaubung gerechtfertigt.
Kann mich erinnern vor Jahrzehnten als ich mal nach Deutschland wollte, hab ich erst am Brenner bemerkt dass ich den Ausweis vergessen hatte, Führerschein ließ der Beamte nicht gelten, somit durfte ich die Grenze nicht passieren, nach Hause fahren durfte ich aber

Tita-Nina
Tita-Nina
Grünschnabel
25 Tage 13 h

Kommt darauf an, es gibt sowas wie Notausweise…ob es die auch auf dem Brenner gibt, respektiv ausgestellt werden, wer weiß?

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