"Von Dezentralisierungs-Gremien zu  Bürger-Räten"

Stadtviertelrat in Bozen:  “Aufwerten, nicht abschaffen”

Freitag, 31. Januar 2020 | 17:30 Uhr

Bozen – Rudi Benedikter vom Projekt Bozen fordert eine Aufwertung der Stadtviertelräte. “Heute sind die fünf Bozner Stadtviertelräte als ‘Dezentralisierungsgremien’ der Institution Gemeinde konzipiert. Die einzelnen Stadtviertel sind einwohnermäßig groß (zwischen 15.000 EW Oberau/Haslach und 31.000 EW Gries/Quirein), geografisch heterogen, die Räte selbst  haben minimale Kompetenzen und noch weniger eigene Finanzen. In ihrer politischen Zusammensetzung sind die heutigen Stadtviertelräte in der Regel ein Spiegelbild des Gemeinderates, sowohl was Parteien als auch Mehrheitslage anlangt. Das führt dazu, dass sie als von den Stadtparteien gelenkte periphere Gremien empfunden werden – und vielfach tatsächlich als solche fungieren.”

“Die Stadtviertelräte sollten hingegen zu einer Einrichtung werden, die in einem konstruktiven, kreativen und basisdemokratischen Austausch mit den Bürgern steht, auf Augenhöhe mit jenen, die im Viertel wohnen, sie zum Mitgestalten anregen und in die Verantwortung für ihre Wohnumgebung einbindet, die Nachbarschaftshilfe fördern, kreative Initiativen setzt, welche die Lebensqualität im Viertel fördern. Grundsätzlich sollten die Räte politisch unabhängig von Stadtrat und Gemeinderat werden, dafür aber einen direkteren Zugang zu den Ämtern der Gemeindeverwaltung haben”, so Benedikter.

“Schon vor drei Jahren hat die Gemeinderatsfraktion GRÜNE/PROJEKT BOZEN, zusammen mit ihren Vertretern in allen fünf Stadtviertelräten, dem Stadtrat und dem Gemeinderat einen umfassenden Reformvorschlag für die Stadtviertelräte vorgelegt – welcher leider in der Folge nicht weiter behandelt wurde. Heute nehmen wir diese Initiative wieder auf mit Reformvorschlägen, die jedoch bedeutend weiter gehen. Wir, die drei Stadtviertelräte der Liste GRÜNE/PROJEKT BOZEN, die in den Stadtvierteln Gries/Quirein, Haslach/Oberau und Zentrum aktiv sind, lassen unsere einschlägigen Erfahrungen in jahrelanger Stadtviertelarbeit in dem Reformvorschlag zusammenfließen”, heißt es abschließend.

1. Geografische Neudefinition:

Mehr, kleinere, geografisch homogenere Einheiten:   15  (Neudefinitionen kursiv)

– Zentrum

– Bozner Boden

– Rentsch

– Bozen/Berg: Hänge (St.Magdalena, St.Justina, Leitach, Kohlern)

– Haslach

– Oberau

– Pfarrhof

– Quirein

– Gries-Stadt

– Gries /Berg: Hänge (Guntschna, St. Georgen, Rafenstein)

– Europa

– Don Bosco

– „Westend“:  Casanova – Firmian – Grieser Auen

– Industriezone

– Sigmundskron

 

2. Zusammensetzung  der Räte :

Die Anzahl der Ratsmitglieder sollte reduziert werden:  Von heute elf, auf acht;

Parteiübergreifende Personenwahl ( „Panaschieren“);

Die Wahl der Räte  – und damit deren Amtsperiode  –  muss nicht bindend an den Termin der Gemeinderatswahl gekoppelt sein.

 

3. Instrumente

3.1. Initiativrecht für alle Angelegenheiten, die ausschließlich das Stadtviertel betreffen: d.h. sowohl gegenüber Stadtrat und Gemeinderat, als auch im direkten Zugriff auf die Gemeindeämter. „Initiativrecht“ heißt: Nur der Gemeinderat kann die StVR-Initiative mit eigenem begründetem Beschluss ev. stoppen oder ändern… Dazu: Bindende Gutachten in Fällen, die ausschließlich das Stadtviertel betreffen.

3.2. Beratungsrecht bei stadtviertelübergreifenden Themen/Projekten der Gemeinde

3.3. Referendums-Recht  (dzt. Art. 55-57 der Dezentralisierungsverordnung)

 

4. Kompetenzen – formuliert als „Initiativrecht“  in folgenden Bereichen (Beispiele):

– Öffentliches Grün

– Nachbarschaftseinrichtungen

– soziale Einrichtungen

– verkehrstechnische Maßnahmen (z.B. Rad- und Fußwege, Autobushaltestellen)

– Kulturinitiativen

– Anlaufstelle als  Bezirks-„Stadtsensor“:  Erste Prüfungsebene der Bürgeranliegen

 

5. Finanzen

Derzeit  beträgt das eigenverwaltete Jahresbudget eines Bozner Stadtviertels zw. 60.000 und 100.000 €.   In Zukunft sollte das jährliche, eigenverwaltete Budget  auf jeden Fall den genau zu bestimmenden „primären“ Kompetenzen des Stadtviertelrates angepasst sein, (d.h. je nach Größe des neuen Stadtviertels unter Umständen auch verzehnfacht sein).  Dazu: Projektbezogene Beiträge seitens des Gemeindehaushaltes  für einzelne Initiativen.

6. Zusammenspiel StVR und Stadtrat

Ein/e “Stadtviertelassessor/in“:  Als  hauptamtliches und  kontinuierliches   Bindeglied zwischen den beiden Ebenen der Kommunalpolitik – Gemeinderat/Stadtrat „oben“ , Stadtviertelräte „unten“  –  soll ein Mitglied des  Stadtrates  fungieren:  Er/sie ist für die formellen Verfahrensabläufe zwischen Stadtviertel-Initiativen und GR/Stadtrat verantwortlich, koordiniert  stadtviertelübergreifende  Projekte und  hat in seinem Amt auch eine Person in der Rolle des „Kümmerers“.

Von: luk

Bezirk: Bozen