EU-Runde in Lwiw

Startschuss für Sondertribunal zu Russlands Ukraine-Angriff

Freitag, 09. Mai 2025 | 16:28 Uhr

Von: APA/dpa

Eine Gruppe von mehr als 30 Außenministern und Diplomaten aus Europa und Partnerländern hat am Freitag den Startschuss für ein internationales Sondertribunal zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gegeben. Die Runde verabschiedete bei einem Sondertreffen der EU-Außenminister im westukrainischen Lwiw eine entsprechende Erklärung. Das Richtergremium soll im niederländischen Den Haag angesiedelt werden und Top-Vertreter der russischen Führung zur Verantwortung ziehen.

Die Entscheidung dürfte auch als Signal an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gedacht sein, der gleichzeitig in Moskau mit einer Militärparade an den Sieg der Sowjetunion über Nazi-Deutschland im Jahr 1945 gedachte und dort erneut den Krieg gegen die Ukraine rechtfertigte. Russland will auf die Pläne für ein Sondertribunal nicht eingehen. “Wir reagieren darauf nicht”, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Tass Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Kallas: Kein Raum für Straflosigkeit

Die EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas sagte, das Tribunal werde “sicherstellen, dass die Hauptverantwortlichen für die Aggression gegen die Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden”. Der russische Krieg sei im Informationszeitalter gut dokumentiert, “es gibt keinen Raum für Straflosigkeit”. Der per Video zugeschaltete ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte: “Russland muss für seine Aggression wie die Nazis damals zur Rechenschaft gezogen werden.”

Österreichs Außenministerin Beate Meinl-Reisinger hatte im Vorfeld die aktive Rolle Österreichs bei der Schaffung des Tribunals betont: “Österreich setzt sich entschlossen dafür ein, die regelbasierte internationale Ordnung zu verteidigen. Das neue Sondertribunal wird dafür sorgen, dass die Verantwortlichen für den brutalen und völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht ungeschoren davonkommen.”

USA waren mit Trump aus Unterstützerkreis ausgestiegen

Der deutsche Außenminister Johann Wadephul sagte, bei einem ersten Gespräch mit seinem US-Amtskollegen Marco Rubio am Abend werde er dafür werben, dass die USA in den Kreis der Unterstützer des Tribunals zurückkehren sollten. Nach der Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump hatten sich die USA aus dem Unterstützerkreis zurückgezogen. Zu den Staaten, die sich für das Gremium einsetzen, gehören neben EU-Staaten auch Australien, Norwegen, Liechtenstein, Großbritannien, Costa Rica und Guatemala.

Die Staatengruppe will den Europarat nun rasch formal um einen Vertrag zur Einrichtung des Tribunals bitten. Es soll seinen Sitz im niederländischen Den Haag haben, wo schon mehrere internationale juristische Organisationen angesiedelt sind. Urteile sollen auch in Abwesenheit der Angeklagten möglich sein – nachdem in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, dass etwa Putin persönlich vor Gericht gestellt werden kann. Das Tribunal soll 15 für je neun Jahre gewählte Richterinnen und Richter haben. EU-Schätzungen gehen von Gesamtkosten in Höhe von einer Milliarde Euro aus.

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