Schuler lässt Kritik wegen "leerer Taschen" nicht gelten

“Südtiroler Tierschutz in Gefahr”

Donnerstag, 27. Oktober 2016 | 14:47 Uhr

Bozen – Kürzlich wurde von acht Tierschutzvereinen in Südtirol gemeinsam eine Resolution verfasst und heute der Südtiroler Landesregierung übermittelt. Die Resolution beinhaltet verschiedene Forderungen rund um den Schutz der Tiere in Südtirol bzw. um die finanzielle Abdeckung durch das Land. Die Vereine erwarten sich, dass die Landesregierung diesen Notwendigkeiten Rechnung trägt und den entsprechenden Beschluss innerhalb 31. Dezember 2016 fasst. Anderenfalls sehen sich die Vereine gezwungen, ihre Tätigkeit ab 1. Jänner 2017 auf die Öffentlichkeitsarbeit zu beschränken.

Die Vereine brauchen Planungssicherheit und vor allem machbare Lösungen, damit sie arbeiten können, wie es auf einer Pressekonferenz hieß. Unterfertigt wurde die Resolution von den jeweiligen Vertretern des Südtiroler Tierfreundevereins, dem Tierschutzverein Oberpustertal, der Initiative Tierrechte Südtirol, dem Tierschutzverein Bruneck-Gadertal, den Vereinen, welche die Tierheime Obervintl und Naturns führen, dem Tierschutzverein Leuchtenburg und dem Tierschutzverein Überetsch-Unterland.

Nachdem die Tierschutzvereine seit Jahren bei den zuständigen Behörden und Politikern auf allen Ebenen den Dialog gesucht hätten, doch all diese Bemühungen umsonst gewesen seien und die Situation immer schlimmer werde, habe man sich zu diesem Schritt entschlossen. „Praktisch erhält kein Verein jemals mehr einen Euro an Beitrag, wenn dieser nicht mehr als das doppelte an Eigenmittel aufbringt. Das bedeutet schlicht und einfach den Tod der Tierschutzvereine. Langfristig werden die Vereine ausbluten, denn auch die Spendengelder werden immer weniger. Tierschutz bzw. das Wohl der Tiere ist ein Thema, welches die gesamte Gesellschaft betrifft. Das sollten auch die Entscheidungsträger Südtirols endlich so sehen. Es ist an der Zeit, dass die Vereine als Partner und verlängerter Arm der Behörden ernst genommen und so auch behandelt werden“, betonen Walter Pichler vom Südtiroler Tierfreundeverein und Roland Aufderklamm vom Tierschutzverein Überetsch-Unterland. Sie beide haben federführend an der Resolution mitgewirkt. Die unterzeichnenden Tierschutzvereine fordern in der Resolution von der Landesregierung folgende Maßnahmen.

“Reorganisation und 100-prozentige Spesenübernahme”

Die Vereine fordern eine radikale Reorganisation des Landestierärztlichen Dienstes und des betrieblichen Tierärztlichen Dienstes und dies in Zusammenarbeit mit den unterzeichnenden Vereinen. Im Besonderen wird gefordert, dass den Tierschutzvereinen, die ehrenamtliche Arbeit zum Wohle der Tiere leisten, die Spesen zu 100 Prozent und in vollem Umfang der Ausgaben rückvergütet werden. Die 100-prozentige Spesenübernahme vonseiten des Landes sollte auch für die beiden Tierheime Naturns und Obervintl gelten, sind die Tierschützer überzeugt. Dabei geht es um Spesen für tierärztliche Leistungen betreffend Sterilisation bzw. Kastration freilebender Katzen und Behandlung bzw. Notfallbehandlung von Tieren, Spesen für nötige Tierarzneimittel und Sanitätsmaterial, für Streu und erforderliches Verbrauchsmaterial, für Futter zum Aufpäppeln und zur Pflege von Tieren. Weiters sind es Spesen für die Versorgung von Kolonien freilebender Katzen, für Fahrten in Zusammenhang mit dem Einfangen von Findlingen und von freilebenden Katzen für die Kastration, für Versicherung bzw. Einsätze der Tierschutzpolizisten, für Versicherung zu Gunsten der Freiwilligen, die im Tierheim des Südtiroler Sanitätsbetriebs tätig sind, für den Ankauf, die Reparatur und Instandhaltung mobiler Vorrichtungen inklusive jener für das Fangen und den Transport von Tieren (z.B. Körbe, Fallen, Anästhesiekörbe). Zudem müsse dem Verein ein weiterer Beitrag in Höhe von 20 Prozent seines Budgets für die Erhaltung der Vereinsstruktur und die Verwaltungserfordernisse (EDV, Drucker, Fax, Kopierer, Drucksorten, Büro-Verbrauchsmaterial, Haftpflichtversicherung und Rechtsschutzversicherung der Mitglieder, Spesen Wirtschaftsberater, Miete für Magazin zum Unterstellen von Futtermittel und Geräte, usw.) und schließlich ein weiterer Beitrag in Höhe von 15 Prozent seines Budgets für Öffentlichkeitsarbeit (Informationsmaterial zur Haltung und zum Umgang mit Tieren, Abhalten von Seminaren und Informationsveranstaltungen, Vorträge in Schulen, usw.) zur Verfügung gestellt bzw. gewährt werden.

“Tierschutzpolizei optimieren”

Auch werden der Ausbau und die Optimierung der Südtiroler Tierschutzpolizei gefordert. Das bedeute im Detail das Abhalten eines Ausbildungsseminars für neue ehrenamtlich tätige Tierschutzpolizisten, die Ausweitung der Befugnisse der ehrenamtlich tätigen Tierschutzpolizisten auf die Vorbeugung/Verhinderung von Verstößen gegen die generellen und lokalen Vorschriften betreffend den Schutz der Tiere und der Tierwelt – dies nicht nur auf Schoßtiere bezogen. Inbegriffen seien auch Tiertransporte, Versteigerungen, Schlachthöfe, Viehmärkte, usw. Außerdem sollten die ehrenamtlich tätigen Tierschutzpolizisten Einsicht in das Hunderegister haben, fordern die Tierschützer. Das bedeutet, dass sie mit den erforderlichen Geräten ausgestattet werden.

Hintergrund

Am 1. Juli 2014 hat die Landesregierung einen Beschluss gefasst, mit dem sie das Zepter aus der Hand gegeben und die Executive an die Amtsdirektoren übertragen hat. „Diese Beamten der Landesverwaltung schalten und walten oft nach eigenem Gutdünken – zumindest bei Tierschutzangelegenheiten scheint dies jedenfalls zuzutreffen“, so der Gesamttenor der Unterzeichnenden. Für den Tierschutz in Südtirol habe das katastrophale Auswirkungen. Der Leiter des Landestierärztlichen Dienstes habe mit einem Beschluss einfach die Richtlinien für die Beitragsvergabe für die ehrenamtlichen Vereine so abgeändert, dass auch noch die wenigen Beiträge nicht mehr bezahlt werden, kritisieren die Tierschützer. Zwar sei diese Maßnahme mit einem Schreiben für dieses Jahr widerrufen worden, doch sei dieses recht missverständlich und lasse viele Fragen offen. „Vor allem jene Frage wie es mit den Beiträgen 2017 weitergeht. Noch dazu gibt es immer wieder Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit den zuständigen Diensten. So versuchte beispielsweise das zuständige Amt dem Tierheim Obervintl vor zwei Jahren mit einer zwielichtigen Maßnahme ‚den Boden unter den Füßen wegzuziehen‘. Was dann schlussendlich nicht gelungen ist. Das Tierheim Obervintl, zu 100 Prozent von privater Hand errichtet, ist wahrscheinlich das beste Tierheim Italiens und europaweit eines der schönsten – zumindest vom Standard her -, auf das man in Südtirol stolz sein kann“, erklären die Tierschützer abschließend.

“Beiträge für Tierschutzverbände seit Jahren nicht gekürzt”

Das Land lässt hingegen die Kritik nicht gelten. Die Kriterien für Beiträge für Tierschutzverbände seien überarbeitet worden. Veränderungen gebe es nur im Bereich der Abrechnung, die Geldmittel seien gleich geblieben. Das Land veröffentlichte auch eine Übersicht der Beiträge an die Tierschutzvereine.

Mit “Erstaunen und Befremden” reagiert Agrarlandesrat Arnold Schuler auf eine Pressekonferenz einiger Tierschutz-Vertreter am heutigen Vormittag in Bozen. “Es hat keine Kürzungen gegeben, es mussten lediglich interne Umschichtungen vorgenommen werden, wie aus beiliegender Tabelle hervorgeht”, so Landesrat Schuler. Die Kapitelausstattung für Tierschutzvereine beläuft sich auf 300.000 Euro. “Es ist dies eines der wenigen Kapitel im Landeshaushalt, das gleich geblieben ist”, unterstreicht Landesrat Schuler, der sich auch sehr für diese Beibehaltung eingesetzt hat.

Veränderungen hingegen gebe es bei der Abrechnung der Beiträge: “Die Modalitäten mussten den veränderten Prinzipien der öffentlichen Verwaltung angepasst werden, da nun neue Regeln gelten”, betont Landesrat Schuler.

“Reichen die Geldmittel aus dem entsprechenden Haushaltskapitel nicht aus, wird der Prozentsatz für die einzelnen Vereine verhältnismäßig vermindert”, erklärt er. Die Anzahlung der Hälfte des Gesamtbetrages erfolgt sofort. Um den Gesamtbetrag zu erhalten, müssen die Tierschutzverbände 90 Prozent der anerkannten Kosten durch Rechnungen belegen.

In der Erstanwendung der neuen Kriterien wurde aber festgestellt, dass die Anträge der einzelnen Tierschutzvereine maßgeblich die zur Verfügung stehenden Mittel im Landeshaushalt übersteigen.

Zugleich ersucht Landesrat Schuler darum, zuerst mit ihm das Gespräch zu suchen, bevor dieses Anliegen in den Medien thematisiert wird.

Von: mk

Bezirk: Bozen