Fragestunde im Landtag

“Traumatische Erinnerungen”: Kampfjets über dem Pustertal

Dienstag, 06. Oktober 2020 | 17:18 Uhr

Bozen – Bei der aktuellen Fragestunde im Landtag ging es heute auch um Muttersprache, Berufsschule, Turnhallen, Wetterschäden, Autobahnstaus sowie den Bibiliotheks- und Gefängnisbau.

Nachdem es in Südtirol immer wieder zu Verletzungen des Rechts auf Gebrauch der deutschen Sprache kommt, wurde die Landesregierung vom Landtag beauftragt, ein eigenes Amt einzurichten, das sich um diese Fälle kümmert, stellte Sven Knoll fest. Der Bevölkerung ist diese Einrichtung bisher aber völlig unbekannt. Daher stellte Knoll folgende Fragen an die Landesregierung: Ist das Amt bereits tätig und wer sind die Ansprechpersonen? Welches sind die Kontaktdaten, über die sich die Bevölkerung direkt an das zuständige Amt wenden kann? Wird das Amt kontrollieren und gegebenenfalls urgieren, dass Strafen durch das Regierungskommissariat ausgestellt werden? Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um die Einrichtung bei der Bevölkerung bekanntzumachen, damit Verstöße gemeldet werden?

Das Amt sei bereits aktiv, habe Direktor und Mitarbeiter, antwortete LH Arno Kompatscher. Die Zuständigkeiten seien auf der Webseite des Amtes einsehbar. Amtsdirektor Höllrigl sei sehr engagiert, möchte aber vor einer Informationskampagne noch die Abläufe des Amts besser organisieren. Die Verletzungen beträfen nicht nur die deutsche Sprache.

Der VSS Obmann Günther Andergassen beklagt sich in einem Interview darüber, dass dem VSS für seine Tätigkeit zu den Turnhallen der Schulen nur begrenzter Zugang gewährt wird, bemerkte Alex Ploner. Einerseits sind Turnhallen zu Klassenräumen umfunktioniert worden, andererseits sind die Zeiten der Verfügbarkeit reduziert worden, weil nach der Schule die Putzarbeiten und Desinfektionszeiten länger Zeit in Anspruch nehmen als bisher. Dies hat zur Folge, dass die Südtiroler Sportvereine ihre Tätigkeit nur reduziert anbieten können oder in den Abend hineinverlagern müssen. Ploner stellte dazu folgende Fragen an die Landesregierung: Welche Turnhallen in Südtirol werden derzeit als Klassenräume verwendet. Wie viele Stunden Turnunterricht werden derzeit an Südtirols Schulen abgehalten. In welchem Ausmaß wurden die Turnstunden landesweit reduziert.

In den Schulen staatlicher Art der deutschen Sprachgruppe werde keine Turnhalle als Klassenzimmer verwendet, außer der Tschuggmall-Schule in Brixen, antwortete LR Philipp Achammer. Das Mindeststundenkontingent werde auf jeden Fall gewährleistet. Auch in der italienischen Schule würden keine Turnhallen als Klassenzimmer verwendet, erklärte LR Giuliano Vettorato. Die Turnstunden seien um Minuten reduziert worden, um Begegnungen zwischen Klassen zu vermeiden. Auch in den ladinischen Schulen würden Turnhallen nicht als Unterrichtsräume verwendet, berichtete LR Daniel Alfreider. Die Zahl der Turnstunden seien nicht reduziert worden. Die Medien zeichneten ein gänzlich anderes Bild, bemerkte Ploner; in einigen Schulen seien die Turnstunden halbiert worden.

Aus dem Pustertal erreichten die Grünen Berichte, dass am 9., 10. und 11. September zwischen 20.00 und 22.00 Uhr Kampfjets über dem Tal unterwegs waren. Abgesehen von der Umweltverschmutzung und der Lärmbelästigung lösen diese Manöver gerade bei älteren Menschen auch traumatische Erinnerung an die Kriegsvergangenheit hervor. Brigitte Foppa richtete dazu folgende Fragen an die Landesregierung: Von wem und zu welchem Zweck wurden diese Manöver durchgeführt? War die Landesregierung darüber informiert? Wurde die Bevölkerung vorab über diese Manöver informiert? Falls nein, weshalb wurde dies verabsäumt? Wie viele Kampfjets überfliegen Südtirol jährlich? Wie viele Tests mit Kampfjets führt das italienische Militär jährlich in Südtirol durch?

Die Anfrage sei vom Regierungskommissariat an das Militär weitergeleitet worden, erklärte LH Arno Kompatscher, eine Antwort stehe noch aus.

Laut Auskunft einer Firma, die Lehrlinge im Bereich „Medientechniker“ (Digitaldruck) ausbildet, wurden die Kurse für die Lehrlinge an der deutschen Berufsschule Gutenberg in Bozen heuer schon wieder abgesagt bzw. um ein Jahr verschoben, berichtete Sven Knoll. Auf Nachfrage bei der Schule, wie die Lehrlinge ordnungsgemäß ausgebildet werden sollen, teilte man der Firma mit, dass sich die Schüler einfach an der italienischen Berufsschule anmelden sollen. Knoll stellte dazu folgende Fragen: Warum werden an der deutschen Berufsschule keine Kurse angeboten? Erachtet es die Landesregierung für akzeptabel, dass deutschen Berufsschülern geraten wird, sich an der italienischen Berufsschule anzumelden? Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, damit den Südtiroler Berufsschülern eine Ausbildung in deutscher Sprache garantiert wird?

In einigen Berufsschulen gebe es seit Jahren nur wenige Lehrlinge, antwortete LR Philipp Achammer. Im fraglichen Fall hätten die zwei betroffenen Schüler dem Amt mitgeteilt, dass sie die italienische Schule bevorzugen würden. Mitte Oktober werde er mit der Berufsgruppe reden, um eine Lösung zu finden. Im Raum stehe der Schulbesuch in Tirol, was aber auch eine logistische Herausforderung sei. Knoll sah im Ausweichen auf die italienische Schule eine Selbstaufgabe und erinnerte an die EVTZ-Sitzung, bei der ein Lehrlingsaustausch angeregt wurde. Achammer wies darauf hin, dass es für manche Ausbildungen bereits solche Abkommen gebe. Darauf wolle man verstärkt zurückgreifen, um auf die genannten Fälle einzugehen.

In den letzten Jahren kam es in Südtirol aufgrund der Wetterextreme vermehrt zu Vermurungen von Straßen und Wegen, stellte Peter Faistnauer fest. Diese müssen dann von der öffentlichen Hand kostspielig entfernt werden. Faistnauer richtete folgende Fragen an die Landesregierung: Wie viele Kosten sind den Gemeinden bzw. der Agentur für Bevölkerungsschutz in den letzten 5 Jahren (2015 bis 2019) entstanden, um das Murenmaterial zu entfernen? Wie hoch waren die jährlichen Kosten in den Bezirken, um die Straßen und Wege wiederherzustellen?

Die Kosten für die Räumung durch die einzelnen Gemeinden lägen dem Straßendienst nicht vor, antwortete LR Daniel Alfreider. Es könnten Beiträge des Landes gewährt werden, wenn das Gebiet als Katastrophengebiet eingestuft wurde. Seit 2015 habe man dafür insgesamt 16 Mio. Euro ausgegeben, wobei es nicht nur um die Räumungsarbeiten gehe.

Als Maßnahmen gegen die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie wurden vom Land Südtirol bis zum 28.07.2020 für die Bereiche Wirtschaft und Tourismus 148,5 Mio. (Zuschüsse für Kleinunternehmen, Vereinbarung Bankgarantien, Förderung besonders betroffener Branchen, Sonderbeiträge Ortstaxe, Mietbeihilfen Genossenschaften) und für die Landwirtschaft 16,4 Mio. (Zuschüsse landw. Kleinstunternehmen, Beihilfen, …) ausgegeben, bemerkte Andreas Leiter Reber und stellte dazu folgende Fragen: Wie setzen sich diese Beträge, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Kategorien/Branchen und der Art der Landeshilfen, zusammen? Welche Landeshilfen wurden für diese Wirtschaftstreibenden nach dem 28.07.2020 bis heute ausbezahlt? Wie viele Wirtschaftstreibende in Südtirol, die im Zuge der Corona-Krise bis heute um Landeshilfen angesucht haben, warten noch auf die Ausbezahlung der Hilfsgelder?

Für Kleinunternehmen habe das Land 97 Mio. für rund 5.000 Betriebe mit bis zu 5 Mitarbeitern bereitgestellt, 15 Mio. für Unternehmen wie Diskotheken u.ä., erklärte LR Philipp Achammer. Voraussetzung sei ein bestimmter Umsatzrückgang. Die Anträge könnten noch bis 16. Oktober eingereicht werden.

Seit Wochen verursacht die Südtiroler Brennerautobahn an den Mautstellen ― vor allem in Sterzing ― immer wieder kilometerlange Staus, bemängelte Sven Knoll. Laut Auskunft der Mitarbeiter an den Mauthäuschen liegt der Grund hierfür hauptsächlich an den Mautautomaten, die schlecht funktionieren und an denen die Mautabwicklung fast doppelt so lange dauert. Durch den Ausweichverkehr entstehen auch auf der Bundesstraße lange Staus, sodass der Verkehr im gesamten Wipptal zum Erliegen kommt. Diese Staus sind nicht nur eine unerträgliche Belastung für die Bewohner, sondern auch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, da bei Notfällen (Brand, Unfall usw.) Einsatzfahrzeuge nirgends mehr durchkommen. Knoll stellte dazu folgende Fragen: Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um den Staus auf der Autobahn endlich ein Ende zu bereiten. Stimmt es, dass weitere 10 Mitarbeiter durch Mautautomaten ersetzt werden sollen? Stimmt es, dass den Mitarbeitern untersagt wurde, öffentlich Kritik an der Brennerautobahn zu äußern?

Die Verkehrsbelastung sei wieder ähnlich wie vor der Covidkrise, erklärte LR Daniel Alfreider. In den letzten Wochen sei es nahezu unerträglich gewesen. In der Zwischenzeit seien weitere Zahlstellen eingerichtet worden. Es stimme nicht, dass Mitarbeiter durch Kassenautomaten ersetzt würden, es werde nur die Zahl der Kassen erhöht. Ein Verbot, öffentlich Kritik zu äußern, gebe es nicht. In Zukunft möchte man einen besseren Datenaustausch, auch zum Umwegverkehr auf den Landesstraßen. Daran arbeite man derzeit. Knoll kritisierte, dass das Problem alt sei und dass bisher noch nie Abhilfe geschaffen wurde. Auch der Informationsaustausch mit dem Bundesland Tirol sei mangelhaft. Die Mautautomaten seien ein großer Teil des Problems.

Paul Köllensperger bemängelte, dass wegen der Schwierigkeiten der Firma Condotte AG beim Bibliothekszentrum und beim neuen Gefängnis nichts weitergeht. Er fragte, wie die Landesregierung vorgehen will, um diese zwei Bauvorhaben voranzubringen: Gibt es Neuigkeiten zur finanziellen Situation von Condotte bzw. zum Beginn der Arbeiten? Gibt es unaufschiebbare Termine für den Vertrag mit dem Land? Wird man bei Säumigkeit auf den Zweitplatzierten beim Wettbewerb zurückgreifen? Wie und wann will die Landesregierung vorgehen, um zu einem definitiven Projekt und zum Baubeginn zu kommen?

LR Massimo Bessone bedauerte, dass man sich mehr mit Rechtsstreitigkeiten als mit Arbeiten befassen müssen. Was den Baubeginn angehe, gebe es keine Neuigkeiten. Es gebe auch keine unaufschiebbaren Termine, aber man habe sich diesbezüglich an die Vergabeagentur und die Rechtsabteilung des Landes gewandt, um die Voraussetzungen für die Wettbewerbsteilnahme zu prüfen. Gebe es keine Probleme, werde der Vertrag unterschrieben, ansonsten wende man sich an den Zweitplatzierten. Beim Gefängnis gehe es nicht nur um den Bau, sondern auch um die Führung, erklärte LH Arno Kompatscher. Das Ministerium habe aber vergessen, die Mittel für die Führung zur Verfügung zu stellen. Mit dem neuen Haushaltsgesetz solle dies abgedeckt werden. Es bleibe aber das Problem des eventuellen Ausschlusses der Condotte AG, die dann aber wieder Möglichkeit zum Rekurs habe. Dieses Projekt könne nur an den Zweitplatzierten gehen, wenn dieser sich mit Condotte einige.

Von: luk

Bezirk: Bozen