Morgen auch in Südtirol? – ein Kommentar

Türkis-grüne Träume

Donnerstag, 09. Januar 2020 | 10:13 Uhr

Wien/Bozen – Kaum eine neue Koalition wurde international dermaßen begrüßt wie die neue türkis-grüne Wiener Regierung. Nach vielen dunklen Tagen, an denen sich der alte und neue Kanzler Kurz für seinen „Ibiza-Partner“ schämen musste, bekommt er nun endlich Mitregierende, die dank Fridays for Future ganz oben auf der Welle der Euphorie reiten. Der Kanzler, der mit allen kann, schaffte den Walzerreigen, sich der Rechtspopulisten und ihrer mitunter abstoßenden Repräsentanten zu entledigen und ein paar Walzerschritte weiter zum neuen Koalitionspartner, die Grünen, zu tanzen.

APA/HANS KLAUS TECHT

Der Wandel spiegelt sich nicht nur in den Gesichtern – zur mehrheitlich weiblichen Regierung gehört mit Alma Zadic auch eine Justizministerin mit Migrationshintergrund – sondern auch im Regierungsprogramm wider. Während im zutiefst proeuropäischen Papier mit vielen Akzenten im Wirtschafts-, Sozial- und vor allem im Umweltbereich die Tür zu einer verheißungsvollen Zukunft aufgestoßen wird, fallen gefährliche Altlasten, wie der Südtirol spaltende und das Verhältnis zu Italien belastende Doppelpass, der Entsorgung anheim.

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Angesichts der bunten Bilder aus Wien fragt sich vermutlich manch heimischer Politiker, ob das türkis-grüne Experiment in Edelweiß-Montur nicht auch in unserer Landeshauptstadt funktionieren könnte. Fänden die Grünen wie ihre Wiener Kollegen einen Weg aus dem Elfenbeinturm und die Edelweißler einen Ausweg aus der Umklammerung ihrer römischen Partner, könnten im Landl nicht nur Autonomie- und Umweltpolitik, sondern vor allem auch das viel beschworene Zusammenleben zwischen den Sprachen und Kulturen einen neuen Schwung erfahren.

Österreich ist reif für ein politisches Experiment, das vielmehr ein türkis-grüner Traum ist. Ist es Südtirol auch?

Von: ka

Bezirk: Bozen