Tätigkeitsbericht 2018 im Landtag vorgestellt

Volksanwältin blickt auf fünf Jahre zurück

Dienstag, 14. Mai 2019 | 12:22 Uhr

Bozen – Über 1.000 Beschwerden, 5.140 Beratungen – zwei Zahlen aus dem Tätigkeitsjahr 2018 von Volksanwältin Gabriele Morandell, die in ihrer fünfjährigen Amtszeit insgesamt über 20.000 Beratungen aufzuweisen hat. Vier Kernthemen gibt es: die Mediationstätigkeit der Volksanwaltschaft, der Bürokratiedruck, die Risiken der Digitalisierung und die Informationen für die Patienten. Der Tätigkeitsbericht wird um 14.30 Uhr dem Landtag vorgestellt.

6.164 Menschen wandten sich 2018 an das Büro der Volksanwaltschaft. „Dies macht deutlich, wie wichtig die Einrichtung ist und welche große Zahl an Menschen mit dieser Einrichtung Objektivität, Neutralität und Durchsetzungsfähigkeit verbinden“, freut sich Morandell.

Die Anzahl der Beschwerden ist im Jahr 2018 gegenüber dem Jahr 2017 leicht angestiegen und hat die 1000er Schwelle erstmals übersprungen. Sehr hoch ist der Anzahl an Beratungen, welche sehr gerne von den Bürgern in Anspruch genommen werden und jährlich beträchtlich zunehmen. Die Zahl lag im Jahr 2014 bei  2.616 Beratungen, die dann bis ins Jahr 2018 auf fast das Doppelte, nämlich auf 5140 Beratungen anwuchs.

„Zu erklären ist diese Nachfrage an Beratungen wahrscheinlich durch den angestiegenen  Bekanntheitsgrad der Volksanwaltschaft in Südtirol“, so Morandell. „Ich glaube, dass vor allem das monatliche Beraterradio und die Rubriken in der Tageszeitung Alto Adige viel dazu beiträgt, dass die Bürgerinnen und Bürger genauer erkennen bei welchen Themen die Volksanwaltschaft weiterhelfen kann und somit die Hemmschwelle zur Einrichtung gesenkt werden konnte.

Die meisten Beschwerden, 32,8 Prozent, betrafen auch 2018 die Gemeinden, 20 Prozent die Landesverwaltung und 17 Prozent den Sanitätsbetrieb.

„Es geht bei meiner Arbeit nicht darum Unzufriedenheit zu generieren, sondern vielmehr darum die bestehenden Schwierigkeiten und Unzufriedenheiten mit der öffentlichen Verwaltung aufzugreifen, zu klären und zu vermitteln, denn vieles läuft in der öffentlichen Verwaltung ja auch gut,“ erklärt Morandell.

Rückblickend auf den auslaufenden Fünfjahresauftrag können folgende Erfolgszahlen vorgelegt werden: Insgesamt gab es 20.258 Beratungen, es wurde 5133 Beschwerden bearbeitet und es wurden 676 Sprechtage in den Außenstellen abgehalten. Morandell wurde zudem zu 72 Vorträge zu unterschiedlichen Schwerpunktthemen eingeladen. Auf RAI Südtirol gab es in dieser Zeit 34 Beraterradios für die Bürgerinnen und Bürger und 97 Mal erschien eine Rubrik der Volksanwältin in der Tageszeitung Alto Adige.

Morandell sprach zudem über vier wichtige Themen, die einen besonderen Stellenwert bei der Arbeit eingenommen hatten: Die Volksanwältin hat in der Konfliktbewältigung zwischen Bürger und öffentlicher Verwaltung eine ganz zentrale Rolle. Durch das Einschreiten und die Vermittlung der Volksanwältin ist und war es immer wieder möglich, Konflikte zu durchbrechen und durch die neutrale Vermittlungstätigkeit deeskalierend auf das Geschehen einzugreifen. Eine Lösung ist ohne eine dritte außenstehende Person, welche beruhigend und mit klarem Kopf agiert, oftmals nicht möglich. Durch die aufsteigende Nervosität und gegenseitige Schuldzuweisung ist es in vielen Fällen von beiden Seiten nicht mehr möglich, das Handeln richtig abzuschätzen und den Konflikt im Einvernehmen zu beenden. In solchen Situationen spielt die Volksanwältin eine sehr wichtige und zentrale Rolle. Sie kann in vielen Fällen objektiv nach Lösungen suchen, mit beiden Parteien ins Gespräch kommen und die nötige Unterstützung für ein einvernehmliches Ergebnis bieten. Letztendlich ist der Einsatz der unabhängigen Volksanwaltschaft nicht nur zum Wohle des Bürgers, sondern auch, und dies sollte nicht vergessen und unterschätzt werden, zum Wohle der öffentlichen Verwaltung.

Ein Schwerpunkt der früheren Landesverwaltung war zudem der Abbau der Bürokratie und  die Vereinfachung der Verwaltungsverfahren. Leider – so glaubt Morandell – ist in diese Richtung in den letzten 5 Jahren viel zu wenig unternommen worden und die Belastung für den Bürger hat in vielen Fällen auch zugenommen. In diese Richtung müsse in den nächsten Jahren dringend gearbeitet werden, sodass die Bürgeranliegen schnell und transparent bearbeitet werden können. Zu erkennen war immer wieder, dass Bürger an den bürokratischen Hürden bei Ansuchen scheitern und aufgrund einer Unachtsamkeit oder eines Fehlers vom Genehmigungsverfahren ausgeschlossen wurden. Weniger Bürokratie bedeutet für die Bürgerinnen und Bürger nicht nur die Reduzierung der Anzahl an Dokumenten und Unterlagen, die vorgelegt werden müssen, sondern vor allem eine korrekte und gute Zusammenarbeit mit der öffentlichen Verwaltung, eine Kommunikation auf Augenhöhe und Vertrauen in die Bürger.

Die fortschreitende Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung bringt sicherlich sehr viel Positives und Neues für die Bürgerinnen und Bürger mit sich. Viele Verfahren können heute schon bequem von zu Hause aus beantragt werden. Diese Digitalisierung nimmt aber keine Rücksicht auf das Alter, die Fähigkeiten und das technische Verständnis der Bürger. Die neue technische Entwicklung, die durchaus nützlich und erstrebenswert ist, birgt das große Risiko, dass die sogenannten „schwächeren Gesellschaftsschichten“ den Anschluss schlichtweg verpassen. Bereits heute sind diese bei unterschiedlichen Verfahren nicht mehr in der Lage selbst den digitalen Antrag zu stellen und sind somit gezwungen sich der Patronate zu bedienen, deren Dienstleistung natürlich auch bezahlt werden muss. Das Handeln der öffentlichen Verwaltung ist für den „kleinen Bürger“ somit weit weg, undurchsichtig und, durch den fehlenden persönlichen Kontakt, abstrakt und mit einer Portion Angst und Unsicherheit verbunden.

In Südtirol gab und gibt es sehr wenige Informationen für Patienten betreffend ihre Patientenrechte. Im Gegenzug dazu sind Österreich und Deutschland sehr fortschrittlich und der Patient findet dort seit vielen Jahren aktive „Patientenanwälte“, die als unabhängige Anlaufstellen für alle Bürger zur Verfügung stehen. Morandell erkannte alsbald diese Informationslücke und initiierte gemeinsam mit Patientenvereinigungen, aber auch mit dem Sanitätsbetrieb und dem Assessorat für Gesundheit, einen Austausch um diesen Informationsrückstand der Südtiroler Patienten zu verringern. Ergebnis dieses Austausches war eine kleine Broschüre mit verschiedensten Informationen für Patienten. Eine erste Ausgabe wurde auf Wunsch der Südtiroler Ärztekammer nochmals gemeinsam überarbeitet und verbessert, sodass voraussichtlich noch vor dem Sommer eine zweite, gemeinsam erarbeitete Broschüre für die Südtiroler      Patienten erscheinen wird.

Der Tätigkeitsbericht, der heute um 14.30 Uhr dem Landtag vorgestellt wird, ist auf der Internetseite der Volksanwaltschaft abrufbar. (www.volksanwaltschaft.bz.it)

Von: mk

Bezirk: Bozen