Widerstand gegen Koaltionspläne

„Wir verklagen alle…“

Montag, 18. Dezember 2023 | 15:34 Uhr

Bozen – Von den Schützen im Burggrafenamt und Passeiertal über Südtiroler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bis hin zur zivilgesellschaftlichen Bewegung „No Excuses“, die letzthin mehrere Protestkundgebungen veranstaltet hat – die Palette an Gegnern einer möglichen Koalition zwischen SVP, Fratelli d’Italia, Lega und den Freiheitlichen ist breit und geht quer durch das politische Spektrum.

Am Donnerstag hat der Landtagsabgeordnete Marco Galateo in einem Fernsehinterview erklärt, all jene zu verklagen, die Parteimitglieder oder die Partei „Fratelli d’Italia“ als Rassisten, Faschisten oder etwa Postfaschisten bezeichnen. Darauf reagiert wiederum nun die zivilgesellschaftlichen Bewegung „No Excuses“.

„Abgesehen davon, ob diese Vorwürfe nun richtig oder falsch sind, begeht Marco Galateo hier eine Drohung, die dem grunddemokratischen Konsens widerspricht. Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit und freie Meinungsäußerung sind seit jeher ein Grundpfeiler einer demokratischen Republik“, erklärt die Bewegung in einer Aussendung.

Während in der Geschichte der Südtiroler Autonomie Proteste eine nicht gerade geringe Rolle gespielt hätten, schweige die SVP zu den Drohungen von Marco Galateo und behaupte sich immer noch als Garant für Bürgerrechte, unter die die oben erwähnten Grundpfeiler fallen würden.

„Verschiedene Vertreter der Partei behaupten immer noch, die SVP würde bei einer immer wahrscheinlicher scheinenden Koalition sicherstellen, dass genau solche Bürgerrechte ohne Einschränkungen bestehen bleiben. Bisher fehlt jedoch jegliche Reaktion zu den Aussagen von Marco Galateo“, so die Bewegung.

Kritik auch von den Schützen

Dass Südtirol in den kommenden fünf Jahren möglicherweise von einer Mitterechtskoalition regiert wird, davon sind auch die Schützen im Burggrafenamt und Passeiertal alles andere als begeistert.

„Nun wurde abermals bestätigt: In der Politik geht es primär um Macht, Posten und Geld. Dies spielt sich nicht nur auf der europäischen und der nationalen Ebene so ab, sondern auch im kleinen Land Südtirol, seitdem es nach den Landtagswahlen im heurigen Herbst jetzt konkrete Koalitionsverhandlungen zwischen SVP, Fratelli d´Italia, Freiheitliche, Lega und Civica gibt“, lautet das Fazit des Schützenbezirk Burggrafenamt-Passeier

Dass die SVP als stimmenstärkste und damit federführende Partei mit der Nachfolgepartei des faschistischen MSI bzw. der faschistischen Alleanza Nazionale ein Regierungsbündnis eingehen will, sei den Schützen zufolge ein riesiger Skandal. Das Argument, man müsse mit der Regierungspartei in Rom zusammenarbeiten, um verlorengegangene Autonomiebestimmungen zurückzuholen, sei die politische Bankrotterklärung schlechthin, weil man damit auch festschreibe, dass man in Zukunft immer zu der Richtung halten müsse, die in Rom gerade an der Macht sei. „Heute sind es die Fratelli und morgen wieder die Linken. Das ist nichts anderes als eine ‚Windfahnl-Politik‘“, kritisieren die Vertreter des Schützenbezirks.

Viele Südtirolerinnen und Südtiroler würden sich angesichts dieser politischen Entwicklung denken, dass „alles null zählt“, was sie bisher aus der Landesgeschichte gelernt hätten. „Denn wenn man mit den Fratelli d´Italia und ihrer Sorella Meloni einen Pakt schließt, dann vergisst man die faschistischen Unterdrückungs- und Italienisierungsmaßnahmen in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg, dann vergisst man die Option und ihre verheerenden Folgen, dann vergisst man die 60-er Jahre und den Blutzoll und das Schicksal der damaligen Aktivisten und man vergisst auch das Ringen um die Autonomie von Silvius Magnago und Alfons Benedikter“, so die Schützen.

Landeshauptmann Arno Kompatscher und SVP-Obmann Philipp Achammer würden nicht genau hinschauen, mit wem sie es hier zu tun hätten. „In dieser Partei Fratelli d´Italia befinden sich immer noch Anhänger und Verehrer des Duce Benito Mussolini, einer der größten Kriegsverbrecher und Totengräber Südtirols. Heute noch pilgern sie zu seiner Krypta nach Predappio, um dort vor seiner Bahre die Hand zum Römischen Gruß zu erheben. Was kann da mit diesen Leuten – außer leere Versprechungen und einer weiteren Einschränkung der Autonomie – schon herausschauen?“, fragen die Schützen.

Kritik wird auch in Richtung Freiheitliche ausgeteilt: „Ja glauben die Blauen wirklich, dass man in dieser Koalition die Ziele Sezession von Italien und Freistaat Südtirol vorantreiben kann? Ist der Posten eines Landesrates oder einer Landesrätin es wirklich wert, diese Ziele aufzugeben?“

Zumindest sollte diese Koalition jeden Schützen und jeder Marketenderin, die sich parteipolitisch bei SVP und Freiheitlichen beheimatet fühlen, ein Gräuel sein, finden die Vertreter im Schützenbezirk: „Hier zuzustimmen, wäre ein Verrat an allen Kameraden, die für die Heimat gekämpft bzw. ihr Leben gelassen haben. Und man wäre dann auch bei den Gedenkveranstaltungen für Kerschbaumer, Höfler, Klotz, Amplatz, Gostner fehl am Platze.“ Die Burggräfler Schützen und Marketenderinnen würden auf alle Fälle nicht schweigen und sagen, dass diese Koalition nicht zustande kommen dürfe.

Von: mk

Bezirk: Bozen

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