Trauerrede schlägt hohe Wellen

Wirbel um Aussagen von SVP-Senatorin bei Berlusconi-Gedenkfeier

Freitag, 23. Juni 2023 | 12:50 Uhr

Bozen/Rom – Die Südtiroler Senatorin der SVP, Julia Unterberger, hat bei einer Gedenkfeier im Senat für den italienischen Ex-Premier Silvio Berlusconi (Forza Italia, FI), Kritik am Verstorbenen geübt. Laut Unterberger habe Berlusconi unter anderem dem Ansehen der Frauen in Italien geschadet. Ihre Aussagen zogen einigen Wirbel nach sich: Außenminister Antonio Tajani (FI) soll sich bei Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) beklagt haben, worauf sich Kompatscher von Unterberger distanzierte.

Unterberger meinte bei der im Fernsehen übertragenen Feier, dass sich Berlusconi nicht an Regeln gehalten hätte. Die “deutsche Welt” habe nie verstanden, wie Berlusconi vier Mal zum Premierminister gewählt werden konnte. In den knapp zehn Jahren seiner Führung habe es keine große Reform gegeben. Gerührt habe sie als Tierfreundin nur seine Liebe zu seinen Hunden, die er überall hin mitnahm. Ihre Rede war mehrfach von Zwischenrufen, vor allem aus dem Lager von Forza Italia, unterbrochen worden. Als weiteres Lob hob Unterberger Berlusconis proeuropäische Einstellung in ihrer ansonsten von Kritik durchzogenen Stellungnahme hervor.

Am Mittwochabend soll Tajani, einer der höchsten Vertreter der Forza Italia, Kompatscher und SVP-Obmann Philipp Achammer laut Medienberichten aufgebracht angerufen haben. Diese gingen daraufhin auf Distanz zu Unterberger und kündigten ein Nachspiel in der Parteileitung an. Kompatscher hatte die Aussagen als “unangemessen” und “unangebracht” bezeichnet. Es habe zwar unter Berlusconis vier Regierungen immer wieder Zeiten des Stillstandes, aber auch Fortschritte gegeben, sagte er. Der Landeshauptmann erinnerte in diesem Zusammenhang an das “Mailänder Abkommen” von 2009, das heute noch die Grundlage der Finanzautonomie Südtirols bildet.

Die Kritik Kompatschers und anderer Exponenten der SVP an Unterbergers Worten bezeichnete indes Sven Knoll von der oppositionellen “Süd-Tiroler Freiheit” “zum Fremdschämen”. Dies sei “Ausdruck einer peinlichen Unterwürfigkeit vor den Vertretern von Forza Italia”, sagte er in einer Presseaussendung. Unterbergers Kritik sei völlig berechtigt, meinte er. Berlusconi sei “als Politiker eine Zumutung gewesen und habe nur sich selbst gedient und Italien wirtschaftlich an den Abgrund geführt”.

Unterberger selbst verstand dagegen die Aufregung nicht: “Es war keine Trauerfeier am offenen Grab. Meine Rede schien mir nicht so hart”. Sie hätte immerhin noch anderes über Berlusconi sagen können: “Ich aber habe weder Naheverhältnis zu Diktatoren, Gesetze ad personam, Strafprozesse oder Geschichten mit Minderjährigen erwähnt.” Die Distanzierung Kompatschers bezeichnete sie laut der Zeitung “Dolomiten” als “Realpolitik”: “Alle haben Arno unter Druck gesetzt. Er braucht Forza Italia und da hat er eine Güterabwägung vorgenommen, was wichtiger ist”, sagte die Senatorin.

Die SVP arbeitet derzeit mit der Forza Italia auf mehreren Ebenen zusammen. Bei der EU-Wahl vor vier Jahren war sie ein Bündnis mit Forza Italien eingegangen, zudem unterstützt FI die SVP-Lega-Landesregierung in Südtirol. Kommenden Herbst steht außerdem die Südtiroler Landtagswahl an, im kommenden Jahr findet die EU-Wahl statt.

Bereits vor Unterbergers Aussagen war es zu einer Missstimmung zwischen der SVP und LAbg. Carlo Vettori von Forza Italia gekommen. Grund dafür war, dass weder der Landeshauptmann noch ein Vertreter der SVP an der Beisetzung Berlusconis in Mailand teilgenommen hatte.

Zuletzt hat die SVP-Abgeordnete Renate Gebhard in der Abgeordnetenkammer versucht, die Wogen zu glätten, und reichte – ebenfalls bei der Trauerrede für Silvio Berlusconi – der politischen Mitterechts-Mehrheit im römischen Parlament die Hand zum Frieden. “Wie der Staatspräsident unterstrichen hat, wusste er auf Paradigmen, Gebräuche und die Sprache einzuwirken. Er war ein entschlossener, großzügiger, spaltender und diskutierter Mann”, sagte die SVP-Fraktionssprecherin in der Abgeordnetenkammer über Berlusconi. Auch wenn Südtirol nicht oft in seinen Programmen aufgetaucht sei, werde man das Mailänder Abkommen nicht vergessen. Dies sei nicht der Zeitpunkt, um Trennendes auszumachen.

Forza Italia scheint, mit dieser Stellungnahme zufrieden zu sein. Ob der Eklat innerhalb der SVP ausgestanden ist, bleibt hingegen abzuwarten.

Von: apa

Bezirk: Bozen