Von: luk
Bozen – Im Landtag wurde am Vormittag das Wirtschafts- und Finanzdokument des Landes thematisiert. Das Dokument gibt einen Überblick über die Wirtschaftslage Südtirols, mit gleich guten Zahlen wie Österreich und Deutschland, und enthält Zielvorgaben für die nächste Zeit, auch vor dem Hintergrund der Krise.
Zu Beginn der Sitzung hatte der Landtag einige Nachbesetzungen bei der Bezirkswahlkommission vorzunehmen.
Für die Bezirkswahlkommission Bozen – Unterkommission Brixen wurden Elda Letrari (auf Vorschlag der Grünen) und Bruno Carrato (Vorschlag der 5 Sterne Bewegung) namhaft gemacht, für die Unterkommission Meran Mario Volante (Vorschlag 5 Sterne Bewegung) und für die Unterkommission Bozen Stefano Abram (Vorschlag Lega Salvini Alto Adige Südtirol).
Beschlussvorschlag: Wirtschafts- und Finanzdokument der Autonomen Provinz Bozen 2021-2023. In diesem Dokument geht die Landesregierung auf den internationalen, nationalen und lokalen Kontext der Wirtschaftssituation ein und gibt auch die Ziele für die einzelnen Landesabteilungen vor. Anders als Italien habe sich Südtirol gut von der Finanzkrise ab 2009 erholt, ein Zeichen, dass sich die Autonomie bezahlt gemacht habe. Südtirol liege im gleichen Trend wie Deutschland und Österreich, seit 2015 sogar darüber. Die Maßnahmen des Landes hätten gegriffen. Vor dem Hintergrund der Pandemie mit ihren globalen Auswirkungen seien alle Berechnungen neu zu stellen. Bei dieser Wirtschaftslage sei mit geringeren Steuereinnahmen zu rechnen, zudem habe der Staat Steuererleichterungen verfügt. Man habe aber erreichen können, dass der Staat den Sonderautonomien diese Ausfälle ersetze – weil diese selber Ausgaben wie die Sanität bestreiten müssten, während bei den anderen Regionen der Staat bezahle. Mit diesen zusätzlichen Mitteln könne Südtirol Sondermaßnahmen finanzieren, die durch die Pandemie nötig seien, aber auch andere Maßnahmen ausbauen. Südtirol könne dabei auf die EU-Hilfsgelder zugreifen, mit denen u.a. Projekte in den Bereichen Bildung, Innovation und Infrastruktur finanziert würden. Die Mittel müssten innerhalb von drei Jahren verwendet werden, 70 Prozent davon in zwei Jahren – das sei eine große Herausforderung. Es seien Dinge, die man auf jeden Fall gerne machen würde und die man auch als Schub für die Wirtschaft sehen könne.
Das Team K sah in dem Dokument hehre Ziele. Man sollte es aber kürzer halten und sich auf umsetzbare Ziele beschränken, damit man die Ergebnisse auch überprüfen könne. Beim Personal könnte man z.B. angeben: Zehn Prozent mehr Leistung bei gleicher Belegschaft oder gleiche Leistung bei reduziertem Personalstand.
Die Grünen bemerkten, dass Südtirol mitteleuropäische Standards habe, dass man aber beim Personal nachhinke. Südtirol zähle sich zu den Exportweltmeistern, weil es den Tourismus mitzähle – damit profitiere man von anderen Volkswirtschaften. Für die nächsten Jahre sei aber auch die Arbeitnehmerpolitik an die mitteleuropäischen Standards anzupassen.
Die Süd-Tiroler Freiheit sah in diesem Vergleich ein Zeichen, dass Südtirol keine normale italienische Provinz sei. Aber unter den Blinden sei der Einäugige König. Im Vergleich mit nördlichen Regionen schaue die Situation anders aus. Die Coronakrise habe das ganze System auf den Kopf gestellt, das vor allem auf eine Branche fokussiert sei. Es komme nun darauf an, wie man die Mittel verwende – für die übliche Klientel oder für Reformen. Italien tendiere zu ersterem, daher sollte Südtirol danach trachten, sich von Italien zu lösen.
Die SVP lobte die gute Arbeit der Landesregierung und der Landesverwaltung in dieser schwierigen Zeit. Es sei wichtig, dass Südtirol seine eigenen Entscheidungen treffen könne. Mit den Erleichterungen bei der GIS biete man eine schnelle und wirksame Hilfe. Eine Chance, die man unbedingt nutzen sollte, seien die Mittel für die digitale Aufrüstung der Schulen.
Die Messbarkeit der Ergebnisse sei in der öffentlichen Verwaltung schwieriger, erklärte der Landeshauptmann in seiner Replik; gerade daran arbeite man seit Monaten. Die Wirtschaftszahlen seien ein klarer Beweis dafür, dass die Autonomie Südtirol Instrumente biete, um mit Österreich und Deutschland Schritt zu halten. Für den Arbeitnehmerbereich habe man mit dem bereichsübergreifenden Kollektivvertrag ein gutes Ergebnis erreicht. Nun müsse man auch im privaten Bereich nachziehen. Auch in der Finanzautonomie sei man um ein Prinzip weitergekommen: Der Staat ersetze Steuerausfälle. Das Primärziel sei es, Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen. Dazu brauche es ein Augenmerk auf beides: Wirtschaft und Soziales, die voneinander abhingen.
Das Wirtschafts- und Finanzdokument wurde mit 16 Ja und 14 Enthaltungen genehmigt.
Landesgesetzentwurf Nr. 55/20: Allgemeine Rechnungslegung der Autonomen Provinz Bozen für das Haushaltsjahr 2019 und Landesgesetzentwurf Nr. 59/20: Allgemeine konsolidierte Rechnungslegung der Autonomen Provinz Bozen für das Haushaltsjahr 2019 (beide vorgelegt von der Landesregierung). Ausgewiesen wurden Kompetenzeinnahmen von 6,3 Mrd. (+85 Mio. gegenüber dem Vorjahr) und Ausgaben von 6,4 Mrd. (mit Rückständen aus dem Vorjahr). Über 92 Prozent der Mittel seien zweckgebunden worden, was ein hoher Vergleichswert sei, wie der Landeshauptmann betonte. Laut Ratingagenturen sei der Schuldenstand “nicht existent”.
Nachdem das Plenum den Übergang zur Artikeldebatte beschlossen hatte, wurde die Sitzung unterbrochen, da der Landeshauptmann zu einer dringlichen Videokonferenz mit der Transportministerin zur A22 gerufen wurde.
Die Arbeiten werden um 14.30 Uhr wieder aufgenommen.