Von: APA/dpa/AFP/Reuters
Chinas Präsident Xi Jinping und Russlands Staatschef Wladimir Putin haben auf einem Gipfeltreffen im nordchinesischen Tianjin am Montag ihre Vision einer neuen globalen Sicherheits- und Wirtschaftsordnung vorangetrieben, die den “Globalen Süden” in den Mittelpunkt stellt. Auf dem Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) sagte Xi, die Welt befinde sich an einem “neuen Scheideweg”. Am Dienstag ist ein bilaterales Treffen von Putin und Xi in Peking geplant.
Man müsse sich weiterhin klar gegen Hegemonismus und Machtpolitik stellen und echten Multilateralismus praktizieren, sagte Xi am Montag offensichtlich mit Blick auf die USA. Konkrete Schritte für seine “Global Governance Initiative” nannte er jedoch nicht.
Putin erklärte, die SOZ habe den “echten Multilateralismus” wiederbelebt. Nationale Währungen würden zunehmend im gegenseitigen Zahlungsverkehr verwendet. “Dies wiederum schafft die politisch-sozioökonomische Grundlage für die Bildung eines neuen Systems der Stabilität und Sicherheit in Eurasien.” Dieses Sicherheitssystem würde, anders als eurozentrische Modelle, die Interessen einer breiten Palette von Ländern berücksichtigen. Russland hat seine Beziehungen zu China nach Beginn der Vollinvasion in der Ukraine 2022 noch verstärkt. Dies gilt für die Wirtschaft wie auch für Sicherheitsfragen.
Xi möchte SOZ-Entwicklungsbank
Xi forderte die Gründung einer neuen SOZ-Entwicklungsbank. Dies wäre ein wichtiger Schritt hin zu dem seit langem angestrebten Ziel des Blocks, ein alternatives Zahlungssystem oder eine gemeinsame Währung zu entwickeln, die den US-Dollar umgeht. Die Regierung in Peking werde den Mitgliedstaaten in diesem Jahr zwei Milliarden Yuan (knapp 240 Millionen Euro) an kostenloser Hilfe und weitere zehn Milliarden Yuan (960 Millionen Euro) an Krediten für ein SOZ-Bankenkonsortium zur Verfügung stellen.
Zudem werde die Regierung in Peking ein Kooperationszentrum für Künstliche Intelligenz (KI) für die SOZ-Nationen errichten, die auch zur Teilnahme an Chinas Mondforschungsstation eingeladen seien, fügte Xi hinzu. Der chinesische Präsident warb angesichts der durch die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump verursachten Verwerfungen für eine integrativere wirtschaftliche Globalisierung. Trumps Zollkrieg habe Entwicklungsländer wie Indien überproportional getroffen.
In einer gemeinsamen Erklärung sprach sich die SOZ gegen Handelszwänge aus und verurteilt Angriffe auf ihre Mitglieder. Die Staaten lehnen einseitige Zwangsmaßnahmen, eingeschlossen “wirtschaftlicher Maßnahmen” ab, wie es in dem Dokument heißt. Einige SOZ-Mitglieder, darunter Indien und China, hatten in den vergangenen Wochen und Monaten mit der US-Regierung von Präsident Trump um eine Vereinbarung zur Erhebung von Zöllen gerungen.
Bilaterales Treffen Putins mit Xi am Dienstag in Peking
Am Dienstag will Chinas Staatschef Xi nach Angaben des Kremls Russlands Präsidenten Putin in der chinesischen Hauptstadt Peking zu bilateralen Gesprächen empfangen. Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow hatte vor der viertägigen China-Reise des Kremlchefs ein solches Treffen in Aussicht gestellt. Nähere Details zu dem Treffen lagen zunächst nicht vor.
China und Russland haben ein enges Verhältnis. Peking ist für Moskau ein wichtiger Rückhalt im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, weil China bisher von einer Verurteilung absieht, aber vor allem im Westen unter Verdacht steht, das Land mit für die Rüstungsindustrie wichtigen Gütern zu beliefern.
Spannend dürfte werden, wie sich Xi und Putin zum Ukraine-Krieg äußern. China hatte immer wieder eine politische Lösung des Konflikts betont. Jedoch stieß Peking mit seinen Vorschlägen auf Widerstand, weil diese russischen Forderungen nachkamen, was die Ukraine bisher abgelehnt hatte.
Kiew ruft China zu verstärktem Einsatz für Frieden auf
Kiew hat Peking unterdessen dazu aufgefordert, sich während des China-Besuchs Putins verstärkt für Frieden in der Ukraine einzusetzen. “Angesichts der bedeutenden geopolitischen Rolle der Volksrepublik China würden wir eine aktivere Rolle Pekings bei der Herbeiführung des Friedens in der Ukraine begrüßen”, erklärte das ukrainische Außenministerium am Montag.
Bilaterales Treffen von Putin und Modi
Indiens Ministerpräsident Narendra Modi forderte bei einem bilateralen Treffen mit Putin am Montag ein Ende des Ukraine-Krieges und eine dauerhafte Friedenslösung Der Regierungschef habe seine Unterstützung für die jüngsten Initiativen zur Beilegung des Konflikts bekundet, teilte das indische Außenministerium offiziell mit. Putin ging in seinen öffentlich gemachten Aussagen nicht auf den Krieg ein, sondern betonte die gute und enge Zusammenarbeit.
Indien hat sich nach eigenem Verständnis bisher neutral zum Ukraine-Krieg verhalten. Es hat mehrfach ein Ende der Kämpfe gefordert und Moskau vor einer nuklearen Ausweitung des Krieges gewarnt, aber keine eigenen diplomatischen Initiativen ergriffen. Im Gegenteil: Die südostasiatische Macht wurde zum zweitgrößten Käufer von russischem Öl. Deshalb richtete US-Präsident Donald Trump, der die wirtschaftliche Basis des Kremls schwächen will, Sanktionen gegen Indien.
Annäherung von China und Indien
Am Rande des Treffens nutzte China die Gelegenheit, die Beziehungen zum Nachbarland Indien zu verbessern. Modi, der China zum ersten Mal seit sieben Jahren besuchte, und Xi waren sich am Sonntag einig, dass ihre Länder Entwicklungspartner und keine Rivalen seien. China und Indien, die bevölkerungsreichsten Länder der Erde, sind erbitterte Rivalen. Zuletzt hatten jedoch Unsicherheiten im globalen Handel und in geopolitischen Fragen zu einer Annäherung zwischen Neu-Delhi und Peking geführt.
Indien unterhält ungeachtet des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und trotz der Bemühungen um eine Annäherung an die USA und andere westliche Länder weiterhin enge Beziehungen zu Moskau. Putin traf am Montag auch den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und den iranischen Präsidenten Masoud Pezeshkian. Dabei dürfte es um den Ukraine-Krieg und das iranische Atomprogramm gehen.
Die SOZ ist ein sicherheitspolitischer Block, der sich in den letzten Jahren auf zehn ständige Mitglieder sowie 16 Dialog- und Beobachterländer erweitert hat.
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