Vergessene Südtiroler Rezepte

Alpenländliche Weihnachtsgerichte, die niemand mehr kocht

Samstag, 20. Dezember 2025 | 08:18 Uhr

Von: idr

Bozen – Früher dampfte in den Südtiroler Bauernstuben zur Weihnachtszeit eine ganz andere Küche auf den Tisch. Während heute Knödel, Zelten und Apfelstrudel das kulinarische Aushängeschild der Region sind, geraten alte Weihnachtsgerichte zunehmend in Vergessenheit. Dabei erzählen sie Geschichten von Sparsamkeit, Einfallsreichtum und einer Zeit, in der Luxus ein Fremdwort war.

Einfache Kost an Heiligabend: Die Brennsuppe

Die Brennsuppe gehört zu jenen Gerichten, die früher besonders an Heiligabend auf den Tisch kamen. Eine einfache Mehlschwitze aus geröstetem Mehl, Wasser/Brühe, Lorbeerblatt und Kümmel – mehr brauchte es nicht. Das dunkel angeröstete Mehl verlieh der Suppe eine kräftige Farbe und einen nussigen Geschmack. Wohlhabendere Familien verfeinerten sie mit Schwarzbrotwürfeln oder Kartoffeln, manche sogar mit Schweinsekutteln. Heute kennt kaum jemand unter 50 Jahren dieses Gericht noch.

Brennsuppe
instagram/hotel.gassenwirt

Simple, gute Bauernkost: Die Milchsuppe

Ähnlich vergessen ist die Milchsuppe, eine weitere bescheidene Mahlzeit aus aufgekochter Milch, eingerührtem Mehl und etwas Salz. Was nach Armenspeise klingt, war bis vor wenigen Jahrzehnten ein gängiges Alltags- oder Fastengericht – schlicht, aber sättigend. In Zeiten, als Fleisch Luxus war und auch zu Weihnachten nicht selbstverständlich auf den Tisch kam, mussten solche einfachen Gerichte reichen.

Milchsuppe
instagram/einfacherezepte99

Tradition gemeinsam genießen: Das Südtiroler Muas

Das Muas, ein cremiges Mus aus Maismehl oder Roggenmehl, Milch und reichlich Butter, wurde traditionell in die Tischmitte gestellt. Jeder bekam einen Löffel, und die ganze Familie aß direkt aus der gusseisernen Pfanne – ein gemeinschaftliches Erlebnis, das heute undenkbar erscheint. Das Beste am Muas war die angebrannte Kruste am Boden, die „Brintsche“ oder „Scharren“ genannt wurde.

Südtiroler Muas
instagram/passionecooking

Besonders an den kargen Tagen vor Weihnachten, wenn gefastet wurde, kamen solche Gerichte zum Einsatz. Sie kosteten wenig, machten satt und ließen sich mit Zutaten zubereiten, die jeder Bauernhof vorrätig hatte: Mehl, Milch, Salz, Butter.

Schwarzplentener Riebl – Meraner Art

Ein weiterer Klassiker der Südtiroler Bauernküche sind die Schwarzplentener Riebl oder einfach Riebl. Dabei handelt es sich um eine rustikale Speise aus Buchweizenmehl (Schwarzplent), Milch, Eiern und einer Prise Salz, die in Butter in der Pfanne zu einer krümeligen, knusprigen Masse gebraten wird. Traditionell wurden oft auch kleine Apfelstücke untergemischt und das fertige Gericht mit Preiselbeermarmelade oder Zucker serviert.

Schwarzplentener Riebl – Meraner Art
instagram/veganitas.life

Warum sind diese Gerichte verschwunden?

Der Wohlstand der Nachkriegszeit brachte neue Essgewohnheiten. Fleisch wurde erschwinglich, italienische Einflüsse hielten Einzug, und die Südtiroler Küche wandelte sich. Was einst als normale Alltagskost galt, wirkte plötzlich ärmlich und altmodisch. Die jüngere Generation hat im Laufe der Jahre vergessen, wie hart das Leben ihrer Großeltern war – und mit dieser Erinnerung verschwanden auch die Rezepte.

Dabei steckt in diesen einfachen Gerichten eine Küchentradition, die Respekt verdient. Sie zeugen von Erfindungsreichtum in schweren Zeiten und einer tiefen Verbundenheit mit dem, was die eigene Scholle hergab. Heute, wo Nachhaltigkeit und regionale Küche wieder en vogue sind, könnten diese vergessenen Rezepte eine Renaissance erleben – als Zeugnis einer Zeit, in der Weihnachten nicht von Überfluss, sondern von Bescheidenheit geprägt war.

Bezirk: Bozen

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