Von: ka
Bozen – Seit Einführung des Weltfrauentages hat sich vieles für die Gleichstellung von Frauen und Männern verbessert. „Wir sehen trotz allen Erfolgen noch viel Luft nach oben,“ sagen Landesrätinnen Maria Hochgruber Kuenzer und Waltraud Deeg. Ein letzter Beleg ist, dass sich die beiden zu zweit als Frauen in der Landesregierung finden, „anstatt zu viert oder zu fünft, wie der Schlüssel halbe-halbe gebühren würde“, sagt Landesrätin Deeg mit Blick nach Nordtirol, wo die Landesregierung exakt zur gleichen Hälfte aus Männern und Frauen bestellt ist. „Für die Gleichstellung geht es um Augenhöhe unter Frauen und Männern,“ sagt Landesrätin Hochgruber Kuenzer, „wir möchten sie aber auch numerisch.“
Es gibt in der Tat jede Menge Ziffern und Zahlen, die das Geschlechterverhältnis in der Gesellschaft beschreiben. Um mit einigen davon einen Faktenrahmen zu schaffen, halten die beiden Landesrätinnen fest,
- dass sich die Menschheit – weltweit ebenso wie in Südtirol – ziemlich ausgewogen auf die Geschlechter verteilt: weltweit werden aktuell 3,85 Milliarden Frauen zu 3,78 Milliarden Männer geschätzt. In Südtirol werden auf 100 Frauen 97 Männer gezählt.
- dass der Weltfrauentag seit 1921 am 8. März stattfindet.
- dass Frauen in Italien seit dem 10. März 1946 erstmals aktiv und passiv an Wahlen teilnehmen dürfen („Unsere Mütter sind noch ohne diese Selbstverständlichkeit geboren worden!“).
„Mit ihren Forderungen ihrer Gleichstellung haben die Frauen über die Jahrzehnte tatsächlich auch handfeste Erfolge eingefahren,“ unterstreicht Landesrätin Deeg.
Frauen haben sich uneingeschränkten Zugang zu Bildung erkämpft und sind heute sogar im Schnitt besser ausgebildet als Männer.
Beispiel Südtiroler Studierende an Universitäten:
57 Prozent Frauen gegenüber 43 Prozent Männern.
70 Prozent aller Frauen im erwerbstätigen Alter 2018 arbeiten. Das ist ein Zuwachs im Vergleich zu den 64 Prozent von 2015.
Frauen haben erfolgreich flexiblere Arbeitsmodelle eingefordert, mit flexiblen Arbeitszeiten und Teilzeitverträgen. So arbeiten aktuell 45 Prozent der Südtirolerinnen in Teilzeit.
„Manche Erfolge der erreichten Ziele aber haben leider eine zweite Seite der Medaille,“ mahnt Landesrätin Hochgruber Kuenzer. So hat besonders Teilzeitarbeit dazu geführt, dass Frauen in ihren Familien immer noch hauptsächlich für Kindererziehung und Haushalt verantwortlich zeichnen, Frauen zudem die Pflege der Eltern, Schwiegereltern und naher Verwandter stemmen, Frauen insgesamt zu wenig Pension einzahlen. Vergleicht man die Renten von Männern und Frauen, zeigt sich das deutlich: Im Schnitt erhalten Frauen 711 Euro als Pension im Monat, Männer beziehen im Schnitt die doppelte Pension: 1.392 Euro.
„Wir müssen dafür sorgen, dass alle Frauen in ihre Rente einzahlen,“ fordert Hochgruber Kuenzer. Hausangestellte ohne Festanstellungen oder Mitarbeiterinnen in saisonalem Umfeld zahlen nicht oder viel zu wenig in die Rente ein. Aber auch vor Schwarzarbeit sollen Frauen gewarnt sein: „Frauen sollten die Verantwortung stärker an sich holen,“ so Hochgruber Kuenzer, „denn bestimmte Entscheidungen müssen rächen sich im Alter.“
Die als Mindestrente formulierten 500 Euro pro Monat führen zu einer systematischen Verarmung von Seniorinnen. Auch deshalb, da Frauen eine längere Lebenserwartung haben. In 70 Prozent Einpersonenhaushalte von Senioren leben Frauen alleine, auch jene, die nicht ausreichend Rente beziehen. „Wir müssen Frauen noch stärker unter die Arme greifen, sie aber auch besser über bereits bestehende Angebote informieren,“ unterstreicht Landesrätin Deeg. Etwa unterstützt die Region schon jetzt Eltern, die sich entscheiden bei Ihren Kleinkindern zu Hause zu bleiben mit bis zu 18.000 Euro zur Zahlung der eigenen Rentenbeiträge.
Wichtig ist es, auf allen Ebenen Maßnahmen gegen weitere numerische Unterschiede der Geschlechter zu treffen:
Von wegen Gleichstellung: Frauen verdienen 17 Prozent weniger Lohn bei gleicher Leistung und zumeist häufig höherer Qualifikation.
Von wegen Augenhöhe: Pro Jahr wenden sich an die 550 Frauen an einschlägige Kontaktstellen, weil sie sich vor häuslicher Gewalt schützen müssen.
Von wegen Chancengleichheit: In Entscheidungspositionen kommen Frauen noch immer ungleich schwerer, wie ihr Anteil 2017 in den folgenden Führungsgremien politischer, öffentlicher und privatwirtschaftlicher Strukturen zeigt:
26 Prozent Landesregierung
25,7 Prozent Landtag
36 Prozent Gemeindeausschüssen
10,5 Prozent Bürgermeisterinnen
0,1 Prozent Führungskräfte der Privatwirtschaft mit einem Bruttolohn (389,16 Euro) pro Tag und damit 113 Euro pro Tag gegenüber ihren männlichen Kollegen (502,39 Euro)
1,3 Prozent leitende Mitarbeiterinnen (im Vergleich zu 3,2 Prozent leitenden Mitarbeitern)
33 Prozent Führungskräfte (öffentliche Verwaltung)
32 Prozent in Verwaltungs- und Aufsichtsräten
„Diese Amtsperiode der Landesregierung werden wir zusammen nutzen, damit Frauen am 8. März erneut einen Grund finden, ihn zu feiern,“ sagen Waltraud Deeg und Maria Hochgruber Kuenzer unisono.