Start eines gemeinsamen Projekts unibz - Alperia

Anlageneffizienz erhöhen und Flussökosysteme verbessern

Donnerstag, 04. März 2021 | 11:28 Uhr

Bozen – Stauseen müssen ständig von mitgetragenem Feinmaterial gesäubert werden, damit dieses den Betrieb der Wasserkraftanlagen nicht stört. Ein gemeinsames Forschungsprojekt des Thermo-Fluid-Dynamik-Labors der unibz und der Firma Alperia zielt darauf ab, das Flussökosystem geringstmöglich durch die Entfernung von Sedimenten zu stören und Methoden zu entwickeln, die das Sedimentmanagement umweltverträglicher gestalten.

„Fusion Grant“ nennt sich das Forschungsprojekt, an dem Forscher des Thermo-Fluid Dynamics Laboratory der Freien Universität Bozen am NOI Techpark unter der Leitung von Prof. Maurizio Righetti beteiligt sind. Die Erhebungen zur Studie – die auf den Ergebnissen des abgeschlossenen Sediplan-Forschungsprojekts zum Management von Flusssedimenten basiert – starten in den kommenden Wochen. Ziel ist es, Quantität und Qualität der am Boden der Stauseen abgelagerten Sedimente zu bestimmen und zu untersuchen, wie sich deren Management auf das Ökosystem des Wasserlaufs (Mikroorganismen, Flora und Fischfauna) flussabwärts des Staudamms auswirkt. Das gemeinsame Anliegen? Eine zunehmend ökologisch nachhaltige Wasserkraftproduktion.

Maurizio Righetti, Professor in den Masterstudiengängen „Energietechnik“ und „Nachhaltiges Management hydrogeologischer Risiken in Gebirgsregionen”, veranschaulicht die konkreten Gründe, die unibz und Alperia veranlasst haben, das Projekt zu starten: „Unser Ziel ist es, die Nutzungsdauer der Stauseen durch eine Verringerung der Sedimentation zu verlängern und gleichzeitig ein gesundes und vielfältiges Flussökosystem zu erhalten, insbesondere während und nach den Sedimentationsmaßnahmen. Die Verlandung von Stauseen ist auch durch den Klimawandel beeinflusst und stellt eine ernsthafte Gefahr für die Energieerzeugung und das stauseebasierte Hochwassermanagement dar.

Sedimentablagerungen und damit verbundene Probleme

Insgesamt verwaltet Alperia 34 Wasserkraftwerke in ganz Südtirol. In den Stauseen, die zur Stromerzeugung mit Wasserkraft gebaut werden, sammeln sich im Laufe der Zeit Sedimente verschiedener Art an: Geschiebe, das der Fluss oder Bach flussaufwärts des Stausees transportiert. Dieses Material ist in zweierlei Hinsicht schädlich für das Stromerzeugungssystem, verringert es doch die Kapazität des Reservoirs und kann zudem Schäden an den Turbinen verursachen. Daher ist ein Management der Sedimente ungemein wichtig, beispielsweise durch die Rückführung in den Wasserlauf zugunsten des Ökosystems.

Projektphasen

Ziel des Projekts ist es, Methoden zu entwickeln, die nicht nur die Überwachung von Sedimentfreisetzungen aus Stauseen ermöglichen, sondern auch deren effektive, ökologisch nachhaltige Gestaltung. In einer ersten Phase erstellen die am Fusion Grant-Projekt beteiligten Forscher digitale bathymetrische GIS-Karten des Stausees. Diese Tieflinienkarten werden vor und nach Freisetzung der Sedimente erstellt, und zeigen somit klar die Veränderungen in der Geschiebemenge an. Die Daten zu den Wasserabflüssen und Sedimenttransporten liefert Alperia über ihre Messstationen: Anhand dieser Informationen können Alperia und unibz mathematische Modelle erstellen, die einer numerischen Simulation der Bodenerosion und der Sedimenttransportprozesse am Stauseegrund dienen.

eDNA als biologischer Tracer

Aufgrund der Datensätze können die besten Entlandungsstrategien in Bezug auf das Ökosystem des Flusses entworfen werden. Um die Auswirkungen der Sedimentfreisetzung in Bächen flussabwärts von Dämmen zu untersuchen, werden die Forscher eDNA-Proben im Wasser des Stausees und flussabwärts nehmen. e-DNA ist Umwelt-DNA, also Fragmente jener DNA, die von Organismen an ihre Umgebung abgegeben und in Umweltproben von Wasser oder Sediment nachgewiesen werden können. Die analysierten Daten werden – unter Verwendung von e-DNA als biologischen Tracer – Aufschluss darüber geben, ob und welche Organismen im Ökosystem vorzufinden sind. Sie zeichnen ein klares Bild der Biodiversität. „Basierend auf den Studienergebnissen kann das Labor Verfahren zur Sedimentfreisetzung vorschlagen, die sowohl die langfristige Lebensdauer eines Staudamms als auch die Minimierung der ökologischen Auswirkungen auf die flussabwärts gelegenen Ökosysteme gewährleisten”, schließt Prof. Maurizio Righetti. „Schließlich werden gezielte Maßnahmen zur Verhinderung von Bodenerosion untersucht, um so die Sedimentproduktion an der Quelle zu begrenzen und die Häufigkeit der Freisetzungsvorgänge zu reduzieren, was die ökologische Nachhaltigkeit erhöht.”

„Als Wasserkraftbetreiber verfolgen wir im Sedimentmanagement mehrere Ziele: in erster Linie geht es darum die Sicherheit unserer Stauseen, Wasserfassungen und Anlagen zu gewährleisten, indem wir das Sediment vor den Schleusen unserer Stauseen entfernen“, erläutert Georg Premstaller, Verantwortlicher Hydraulik, Umwelt und Simulation von Alperia. „Langfristig geht es energiewirtschaftlich darum, das Stauvolumen unserer Anlagen beizubehalten, um die durch die Energiewende auf erneuerbare Energien noch wertvollere Regelenergie auch in Zukunft durch unsere Stauseen erzeugen zu können. Aus hydraulischer Sicht kann das Zurückhalten und Entnehmen des Sediments in den Stauseen dazu führen, dass die Gewässersohle mit der Zeit erodiert. Um diesem Phänomen vorzubeugen ist es erstrebenswert, das im Stausee abgelagerte Sediment unterhalb der Anlage wieder an das Gewässer zurückzugeben. Jedenfalls geht es darum, die Maßnahmen zur Weiterleitung und zur Entnahme des Sediments möglichst so zu gestalten, dass der Einfluss auf die Umwelt und im spezifischen auf den Gewässerlebensraum begrenzt ist. Im Rahmen des „Fusion Grant“ möchten wir gemeinsam mit der Universität Bozen weitere, vertiefende Grundlagen schaffen, das Sedimentmanagement unserer Anlagen weiter zu verbessern,“ so Premstaller.

Das Zusammenlegen der Kompetenzen der Freien Universität Bozen und Alperia ist für das Erreichen der Forschungsziele entscheidend. Einerseits kann Alperia auf ein engagiertes Forschungsteam, Technologie, Wissen und Infrastruktur im unibz-Labor am NOI Techpark zählen, andererseits wird die Universität Zugang zu Gerätschaften des Unternehmens und den Kenntnissen seiner Techniker erhalten.

Von: luk

Bezirk: Bozen