Von: mho
Brixen – „Berufung und pastorale Orte“ sind das diözesane Jahresthema für 2018/2019. Dementsprechend hat Bischof Ivo Muser heute (8. September) bei der Seelsorgetagung in der Brixner Kardinal-Nikolaus-Cusanus-Akademie die Berufung in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gestellt und diese auf sechs Arbeitsschwerpunkte – von den geistlichen Berufungen über den neuen Firmweg bis hin zum Christsein in der Gesellschaft – aufgeteilt.
„Josef Mayr-Nusser mache uns gerade auch in diesem Arbeitsjahr mit dem Schwerpunkt der Berufungen Mut, Zeugen und Zeuginnen zu sein. Das ist ‚unsere einzige, schlagkräftigste Waffe‘, wie er sich ausgedrückt hat. Das ist unser Auftrag! Dafür braucht es uns – jeden und jede, und uns alle gemeinsam“, sagte Bischof Muser heute zum Abschluss seiner Ausführungen bei der Seelsorgetagung und unterstrich damit, wie wichtig das Thema der Berufungen in all ihren Facetten für die Ortskirche in der Diözese Bozen-Brixen ist.
2015 ist die Diözesansynode mit der Veröffentlichung der Beschlüsse zu Ende gegangen. Seither geht es darum, die inhaltliche Umsetzung der Synode Schritt für Schritt voranzubringen. Fünf Jahresthemen sollen dabei helfen, Schwerpunkte zu setzen und gemeinsam vorzugehen. Nachdem im abgelaufenen Arbeitsjahr der Schwerpunkt auf den christlichen Lebensstil gesetzt wurde, wird 2018/2019 das Thema „Berufung und pastorale Orte“ in den Mittelpunkt gestellt. Bischof Ivo Muser hat deshalb seine Ausführungen zu den Schwerpunkten für das neue Arbeitsjahr auf das Jahresthema ausgerichtet und sechs Themenbereiche im Hinblick auf die Berufung definiert. Diese sechs Arbeitsschwerpunkte will Bischof Muser „als eine Einladung zum Weiterdenken und Weiterschreiben, als eine Ermutigung und als eine Bitte, gemeinsam auf dem Weg zu bleiben“ verstanden wissen. Die Schwerpunkte für das neue Arbeitsjahr sollen zudem eine Einladung an alle sein, sagte der Bischof weiter, „gemeinsam – unter den heutigen Herausforderungen und Bedingungen – das zu tun, wozu wir als Kirche beschenkt, gerufen und gesandt sind“.
Die christliche Grundberufung
An den Beginn seiner Rede stellte Bischof Muser eine Frage: „Wie müsste sich zeigen, dass es unsere erste Aufgabe als Kirche mit unseren verschiedenen Berufungen, Charismen und Zuständigkeiten in dieser Welt ist, die Gottesfrage lebendig zu halten?“ Die Antwort darauf gab sich der Bischof selbst: „Wir leben dann unsere je eigene christliche Berufung, wenn Menschen in der Begegnung mit uns herausgefordert, ermutigt und gestärkt werdenIch wünsche mir, dass dieses pastorale Arbeitsjahr mit dem Schwerpunkt der Berufung uns alle herausfordert: jeden und jede von uns am eigenen Platz.“
Geistliche Berufungen
Nach der christlichen Grundberufung ging der Bischof die geistlichen Berufungen ein und empfahl diesbezüglich einen offenen Diskurs: „Wir sollten in diesem pastoralen Arbeitsjahr ganz bewusst und offen über ‚geistliche Berufungen‘ reden. Nicht mit vorgehaltener Hand, nicht ideologisch, nicht verschämt, sondern mit Freude und Hoffnung, mit Überzeugung und Mut. Ich wünsche mir sehr, dass in diesem Arbeitsjahr das Thema „Berufung“ breit, offen und ideologiefrei zur Sprache kommt.“
Als konkretes Zeichen für dieses – so Bischof Muser – „Evangelium der Berufung“ bezeichnete der Bischof die Ernennung von Josef Knapp zum Verantwortlichen der Berufungspastoral: „Dabei geht es nicht um ein Alibi und noch weniger soll Josef Knapp mit einem Erwartungsdruck seinen neuen Dienst beginnen. Seine Aufgabe aber steht für eine klare Priorität unserer Diözese: Wir begleiten, brauchen, wollen, fördern und unterstützen geistliche und kirchliche Berufungen!“
Berufung und Firmung
Einen wichtigen Stellenwert räumte der Bischof in seiner Rede auch den Sakramenten, vor allem dem neuen Weg zur Firmung, ein: „Im vergangenen Jahr ist das neue Konzept zur Firmkatechese in den diözesanen Gremien besprochen und mit großer Mehrheit befürwortet worden. Vielfach werden Ängste und Bedenken zum neuen Konzept, auch mir gegenüber, ausgesprochen. In der intensiven Auseinandersetzung mit diesem Weg habe ich für mich erkannt: Es ist besser in dieser Frage einen Fehler zu machen, als einfach nichts zu tun. Oder noch schlimmer: Wir tun nichts, obwohl wir gemerkt haben, dass die pastoralen Konzepte, die bisher getragen haben, nicht mehr tragen. Deswegen: Bitte tragt diesen Weg aktiv mit!“
Den Glauben in der Schule kennen lernen
Auch den Religionsunterricht machte der Bischof in seiner Rede zum Auftakt des Arbeitsjahres zum Thema: „Im zurückliegenden Schuljahr gab es viele Diskussionen um den Religionsunterricht. Diese Diskussion war auch begleitet von Verunsicherung, von Vorurteilen und auch von einigen schmerzlichen Entwicklungen, die zeigen, wie sehr sich die Einstellung nicht weniger Menschen auch in unserem Land Glauben und Kirche gegenüber geändert hat.“ Zur Einstellung, dass Religion Privatsache sei und in der Öffentlichkeit nichts verloren habe, bezog der Bischof klar Position: „Wenn Religion aus der öffentlichen Schule verbannt wird, fehlt eine wichtige Dimension ganzheitlicher Bildung. Die Schule soll selbstverständlich Wissen vermitteln, aber das allein ist zu wenig. Sie soll auch helfen, einen Weg ins Leben zu finden und Wissen so einzusetzen und zu verwenden, dass es dem Leben und dem Zusammenleben der Menschen dient. Somit leistet der Religionsunterricht einen Beitrag zur religiösen Bildung, die der Staat als neutraler Staat nicht leisten kann.“
Verantwortungsvoller Umgang mit der Sprache
Wie schon im Hirtenbrief zum Hochunserfrauentag hat Bischof Muser auch bei der Seelsorgetagung auf den verantwortungsvollen Umgang mit Sprache hingewiesen: „Wir erleben zurzeit in der Öffentlichkeit eine Verrohung der Sprache. Wir sind aufgerufen, aufmerksam hinzuhören und zu unterscheiden zwischen Worten, die Gutes bewirken und der Entfaltung der Menschen dienen, und Worten, welche Beziehungen zerstören, Menschen demütigen und auf einen billigen und kurzfristigen Konsens abzielen.“
Berufung für die Gesellschaft
Schließlich ging Bischof Muser auch noch auf ein wichtiges Ereignis ein, das die Gesellschaft in Südtirol für die nächsten Jahre maßgeblich beeinflussen wird: die Landtagswahlen. „Am 21. Oktober entscheiden die Wählerinnen und Wähler, welche Frauen und Männer in den nächsten Jahren in unserem Land politische Verantwortung übernehmen. Mit dieser Wahl werden Weichen gestellt – für eine gemeinsame Zukunft. Für Christinnen und Christen muss es eine Selbstverständlichkeit sein, zur Wahl zu gehen“, sagte der Bischof.
Für eine verantwortungsvolle Wahlentscheidung sind lauf Bischof Muser soziale Gerechtigkeit, Gerechtigkeit für die nächste Generation, Menschenwürde und der Schutz des Lebens, der besondere Schutz von Ehe und Familie sowie das friedliche Miteinander wichtige Kriterien. „Christen haben die Aufgabe, aus der Kraft des Evangeliums Zukunft zu gestalten und nicht Ängste zu schüren; und sie sollen Gründe zur Hoffnung in die Gesellschaft einbringen. Wir werden das nur tun können, wenn wir selber Christen sein und bleiben wollen“, sagte der Bischof abschließend.