Von: luk
Brixen – Das Festival in Brixen hat sich zu einem der bekanntesten Lichtkunstevent entwickelt und lenkt in seiner fünften Ausgabe, noch besuchbar bis 21. Mai 2023, die Aufmerksamkeit verstärkt auf Aspekte der Nachhaltigkeit rund um Natur und Ressourcen. Lokale und internationale Künstlerinnen und Künstler folgen mit ihren Kunstwerken und Installationen dem Motto „Wasser ist Leben – Licht ist Kunst“ und so werden 48 Werke in einer Art Open-Air-Galerie die Altstadt von Brixen beleben, die Museen des Kloster Neustifts und der Festung Franzensfeste ergänzen.
Der 16. Mai ist der Internationale Tag des Lichts. Licht fasziniert, ist prägend für die kulturelle und historische Entwicklung, ist Leben und Wärme. Früher galt Licht unbestritten als durch und durch positives Element. Es schenkt uns ein Gefühl der Sicherheit und hat einen positiven Einfluss auf unser psychisches Wohlbefinden. Doch das Licht hat auch eine dunkle Seite: Tote Insekten und nachtaktive Tiere, sowie Zugvögel, psychische Störungen beim Menschen und dem Verlust der Nacht sind nur einige der Nebenwirkungen, die durch Licht hervorgerufen werden können. Zwei Künstler des Water Light Festivals © haben sich diesem komplexen Stoff bei ihren Lichtkunstwerken gewidmet.
Siegrun Appelt: 24 kW
24 kW verwandelt die klassizistische Vorhalle des Brixner Doms in eine gleißend helle Arena. 12 Scheinwerfer mit einer Gesamtleistung von 24 Kilowatt sind im Vestibül montiert und strahlen auf den Boden der Vorhalle des Doms. Beim Betreten des begehbaren Lichtraums sind Besucher mit einer extremen Verdichtung von Lichtenergie konfrontiert, die zur physischen Erfahrung wird. Blendend hell und als Hitze spürbar.
Für die österreichische Künstlerin geht es um den energieeffizienten und ästhetisch nachhaltigen Umgang mit Licht und Dunkelheit. Symbolisch steht Licht für das Gute und für den Ursprung des Lebens. Die physische Erfahrbarkeit extremer Blendung und Abstrahlwärme verweist aber auch auf deren zerstörerische Kraft. Mit ihrem Konzept »Langsames Licht / Slow Light«, das seit 2008 Teil ihres künstlerischen Schaffens ist, verfolgt Appelt ein konkretes Ziel: ein gesellschaftliches Umdenken in Bezug auf den Umgang mit Licht. Ihr geht es dabei sowohl um die Erforschung von Möglichkeiten des nachhaltigen Einsatzes neuer Technologien als auch um die Entwicklung anderer ästhetischer Formen.
Siegrun Appelt hat diese Lichtinstallation in Absprache mit dem Dekanat Brixen – Rodeneck realisiert. Im Zeitraum des Water Light Festivals werden die Außenbeleuchtungen der Kirchen des ganzen Dekanats abgeschaltet. Die für diese Installation verwendeten 24 Kilowatt, entsprechen Teil der Gesamtenergie, die die Kirchen normalerweise für die nächtliche Beleuchtung verwenden. „Aufgrund dieser Zusammenarbeit mit dem Dekanat konnten wir durch das Abschalten der Außenbeleuchtung der Kirchen nicht nur ein Zeichen außerhalb des zentralen Domplatzes setzen und so den Energieverbrauch um 86 kWh pro Tag reduzieren, sondern auch die Gebäude und deren Umgebung im natürlichen Licht der Nacht wahrzunehmen. Meine Installation verbraucht zudem weniger Energie, als wir durch die Abschaltung der Außenbeleuchtung einsparen können“, so kommentiert die Künstlerin ihr Werk. Die Diözese Bozen-Brixen ist 2021 als erste katholische Diözese Italiens dem europäischen Klimabündnis beigetreten. „Unter dem Motto gelebte Schöpfungsverantwortung ist die Lichtkunstinstallation von Siegrun Appelt ein sehr passender Beitrag für eine gesellschaftspolitisches Sensibilisierung zum Thema Licht und Energie“, erläutert der Dekan von Brixen, Florian Kerschbaumer.
Stefano Cagol: Not to Lose (the Stars)
„Es mag paradox erscheinen, über Lichtverschmutzung in einer Veranstaltung zu sprechen, die Werken gewidmet ist, die Licht nutzen, aber dies ist die ideale Gelegenheit, das Thema anzusprechen,“ Kommentiert der Italienische Künstler Cagol sein Kunstwerk.
In seinem Werk “Not to Lose (the Stars)” versucht er, sich in gewisser Weise von dem zu distanzieren, was uns blind macht: Er entfernt sich von der Erde und begibt sich ins All. Bilder aus dem Weltraum und Bilder von der Erde werden begleitet von der Beteiligung zweier außergewöhnlicher Astronauten wie Luca Parmitano, dem ersten Italiener, der im Weltraum spazierte und das Kommando über die Internationale Raumstation hatte, und Reid Wiseman, der das Kommando über Artemis II, die nächste epochale NASA-Mission zum Mond, übernehmen wird.
Ihre emotionalen, zarten und äußerst kraftvolle und einzigartige Worte, die uns an die Faszination der Sterne, aber auch an die Schönheit des Lichts erinnern, das die Kontinente prägt sind Teil der Installation. Mit gesundem Menschenverstand, Nachhaltigkeit und neuen Technologien müssen wir uns weiterentwickeln und den Einsatz von künstlichem Licht drastisch reduzieren, um zu einer natürlicheren und symbiotischen Nacht zurückzukehren, begleitet von Glühwürmchen, die es uns ermöglichen, niemals im Dunkeln zu sein. „Der Mut des Festivals, einen Teil seiner Aufmerksamkeit nicht nur der Unterhaltung zu widmen, sondern auch dem ökologischen und aktivistischen Denken für eine wünschenswerte Zukunft, hat in mir einen großen Unterstützer gefunden“, schließt Stefano Cagol.
Sowohl für Appelt als auch für Cagol geht es darum, sich genau Gedanken zu machen, wo wie viel Licht und zu welchem Zweck eingesetzt werden soll. „Unter diesem Gesichtspunkt kann ein Lichtkunstfestival mit guten Beispielen vorangehen und den Weg für einen bewussteren Umgang mit dem Licht ebnen“, so kommentiert Werner Zanotti, Ideator des Brixen Water Light Festivals.