Neue Ausstellungen

Das Museion und die Saison 2020

Dienstag, 05. November 2019 | 16:48 Uhr

Bozen – Das Museion stellt das Ausstellungsprogramm 2020 vor. Die von Letizia Ragaglia kuratierte Saison umfasst fünf neue Ausstellungen. Im kommenden Jahr bleibt das Haus seiner Ausrichtung treu und aktiviert als Plattform für zeitgenössische Kultur einen Dialog mit den jüngsten Positionen der Gegenwartskunst. Dieser Vision entspricht die Ausstellung des norwegischen Sammlers und Abenteurers Erling Kagge, die zu den Highlights des Jahres 2020 gehört. Die Präsentation von Arbeiten aus der Sammlung des Landes Südtirol erlaubt wiederum einen Einblick in das Schaffen von Künstlerinnen und Künstlern aus Südtirol.

Mit den Einzelausstellungen von Mercedes Azpilicueta, Karin Sander und Sonia Leimer zeigt das Museion drei Positionen von Künstlerinnen, die an programmatische Schwerpunkte der vergangenen Jahre anknüpfen wie die Fokussierung auf Genderfragen und Sprache, die Auseinandersetzung mit Erwartungshaltungen und Konventionen, die nicht nur im Kunstbetrieb zu finden sind, und die zeitgenössische Skulptur. Die Projektionen auf der Medienfassade sind mit den Ausstellungen verknüpft, während der Cubo Garutti – unter anderem – ein Residence-Projekt des Künstlers Cristian Chironi beherbergen wird.

Das Programm 2020: Sammlungen und sammeln, mit dem Gastkurator Erling Kagge

Heute Vormittag stellte die Direktorin des Museion Letizia Ragaglia auf einer Medienkonferenz das Ausstellungsprogramm 2020 vor. Zu den Highlights der letzten von ihr kuratierten Ausstellungsaison gehört die italienweit erste Präsentation der Sammlung von Erling Kagge.

Der für seine extremen Unternehmungen berühmt gewordene norwegische Abenteurer ist auch ein begeisterter Sammler zeitgenössischer Kunst, der selbst sagt, er gehe beim Sammeln mit dem Ansatz des Entdeckers vor. In den vergangenen Jahren hat Kagge eine umfangreiche Sammlung aufgebaut, die Werke unterschiedlicher Genres wie Fotografien, Malerei, Skulptur und Video umfasst (Zu seinen Publikation gehört das 2019 im Suhrkamp Verlag erschienene Buch „Große Kunst für kleines Geld” – ein Leitfaden für junge Sammler, mit dem er zeigt, wie man zeitgenössische Kunst erwerben kann, ohne ein Vermögen auszugeben). Die Sammlung von Erling Kagge weist zahlreiche Berührungspunkte mit dem Programm des Museion der vergangenen Jahre auf; dazu gehört nicht zuletzt die Aufmerksamkeit für junge und experimentell arbeitende Talente der internationalen Gegenwartskunst. Ich denke dabei an Künstlerinnen wie Ceal Floyer und Klara Lidén oder Künstler wie Matias Faldbakken und viele andere, die wir im Museion häufig zum ersten Mal in Italien vorgestellt haben, so die Direktorin Letizia Ragaglia zur Wahl des Gastkurators 2020.

Die von Erling Kagge in Zusammenarbeit mit dem Museion kuratierte Ausstellung zeigt vor allem Malerei. Einen Schwerpunkt bildet Kunst aus Nordeuropa. Die Studiensammlung wird zum Standort für eine von Andreas Hapkemeyer kuratierte Sektion mit Arbeiten von Raymond Pettibon aus der Sammlung Kagge und der Sammlung Museion. Mit der Ausstellung der Kagge-Sammlung bleibt das Museion seiner Ausrichtung treu und aktiviert als Plattform für zeitgenössische Kultur einen Dialog mit jüngsten Positionen der Gegenwartskunst, so Letizia Ragaglia weiter.

In diesem Sinn nimmt das Haus 2020 eine weitere Ausstellung in seine Programmgestaltung auf, die einer externen Sammlung gewidmet ist: Am 26. Juni eröffnet das Museion eine Ausstellung mit Ankäufen der Abteilung Deutsche Kultur des Landes Südtirol. Die von BAU (Lisa Mazza und Simone Mair) unter der Supervision des Museion kuratierte Ausstellung will – mit einer Auswahl von Arbeiten zeitgenössischer Kunst, die das Land Südtirol von 2012 bis 2018 angekauft hat – einen Einblick in das künstlerische Schaffen in Südtirol vermitteln.
Bis zum 07. Juni 2020 zeigt das Haus Intermedia: Diese Ausstellung widmet sich dem Archivio di Nuova Scrittura, das Teil der Sammlung Museion ist und sich vor allem mit der Beziehung zwischen Wort und Bild im 20. Jahrhunderts auseinandersetzt. Als Produktion des Museion und des Mart in Rovereto eröffnet Intermedia am kommenden 22. November 2019.

Drei Positionen von Künstlerinnen

Mit den Einzelausstellungen von Mercedes Azpilicueta, Karin Sander und Sonia Leimer rückt das Museion drei Positionen von Künstlerinnen in den Focus. Obwohl diese Künstlerinnen unterschiedliche Arbeitsweisen vertreten, knüpfen sie mit ihrer künstlerischen Entwicklung an programmatische Schwerpunkte an, die das Museion in den vergangenen Jahre gesetzt hat: die Fokussierung auf Themen Gender, Körper und Sprache, die Auseinandersetzung mit Erwartungshaltungen und Konventionen, die nicht nur im Kunstbetrieb zu finden sind, und die zeitgenössische Skulptur.

Bestiario de Lengüitas ist der Titel der Ausstellung von Mercedes Azpilicueta (La Plata, Argentinen,1981), mit der die Saison 2020 im Museion am 14. Februar 2020 eröffnet wird (bis zum 17. Mai 2020). Bestiario de Lengüitas ist eine Zusammenarbeit mit dem Kulturzentrum CentroCentro in Madrid. Die von Virginie Bobin kuratierte Ausstellung wird nach der Präsentation in Bozen im CAC Bretigny in Frankreich gezeigt. Es handelt sich dabei um die erste Einzelausstellung der Künstlerin in Italien und zugleich um ihre bislang umfangreichste Ausstellung in Europa. Bestiario de Lengüitas setzt sich mit körper- und gendergerechter Sprache auseinander. Ausgangspunkt des Projekts ist ein von der Künstlerin verfasstes Drehbuch, das die Besucherinnen und Besucher von der Ankündigung bis zur Erwartung einer Performance führt, die stattfinden könnte oder auch nicht. Dem Publikum bietet die Ausstellung eine Theater-Erfahrung, die alle Sinne mit einbezieht. Unter den präsentierten Arbeiten befinden sich Zeichnungen, Kostüme, Skulpturen, Audio- und Videoinstallationen, Wandtapeten und Duftkreationen. Trotz der unterschiedlichen Herangehensweisen rücken die starke feministische Komponente sowie die sinnlichen- und klanglichen Aspekte Bestiario de Lengüitas in die Nähe der aktuellen Ausstellung Oscillations von Marguerite Humeau.

Karin Sander (Bensberg, Deutschland, 1957, lebt und arbeitet in Berlin und Zürich) befasst sich mit der Zustandsveränderung von Vorgefundenem, seien es Objekte, seien es Räume. Ihr Interesse für die Poesie des Verborgenen führt sie zu geringfügigen Eingriffen mit denen sie die materiellen Bedingungen einer Situation offenlegt, um dann eine minimale Differenz zwischen Alltäglichkeit und Kunst herbeizuführen. Bekannt geworden ist sie mit ihren figurativen Plastiken von real existierenden Personen im Maßstab 1:5, 1:7,7 oder 1:10, ihren Zeichnungen mit Büromaterialien, ihren polierten Hühnereiern, polierten Wandstücken oder mit ihren Obst- und Gemüse-Wandstücke (Kitchen Pieces). Das Element der Partizipation, die Relativierung des Autors/der Autorin und die Aufmerksamkeit für einen Standort oder einen Kontext sind Aspekte, die in der Ausstellungsgeschichte des Museion bereits bearbeitet wurden, etwa in der Ausstellung von John Armleder. Die von Letizia Ragaglia kuratierte Einzelausstellung von Karin Sander ist für den Raum im vierten Stock konzipiert und präsentiert bereits existierende und eigens für diesen Anlass entstandene Arbeiten (Eröffnung: 05. Juni 2020, bis zum 20. September 2020).

Auch das Werk von Sonia Leimer (Meran 1977, lebt und arbeitet in Wien) hinterfragt die Grundlagen unserer Wahrnehmung, die sich auf individuelle, historische und medial geprägte Erfahrungsmuster stützen. Ihre Skulpturen, Videos und Installationen bewegen sich zwischen realen Orten, imaginären Kontexten der Filmindustrie und undefinierten Dimensionen, etwa von kosmischen Galaxien, die so weit entfernt sind, dass sie virtuelle Größenordnungen annehmen. Im Mittelpunkt ihrer Ausstellung im Museion, die als Retrospektive angelegt ist, steht das Thema Weltraumschrott, mit dem sich die Künstlerin in den letzten Jahren immer wieder auseinandergesetzt hat. Zu den Exponaten gehören Skulpturen aus Metall, die sich auf realen Weltraumabfall beziehen, der auf die Erde zurückgestürzt ist und dessen Existenz die Künstlerin akribisch dokumentiert hat. Die von Letizia Ragaglia und Frida Carazzato kuratierte Ausstellung wird am 9. Oktober 2020 eröffnet.

Medienfassade

Die Projektionen auf der Medienfassade sind 2020 eng mit den Ausstellungen im Museion verknüpft. Im ersten Halbjahr sucht die Projektion einer Arbeit von Cioni Carpi (Mailand 1923 – 2011) den Dialog mit der Ausstellung Intermedia. Archivio di Nuova Scrittura. Carpi ist ein prominenter Vertreter des experimentellen Kinos und des Animationsfilms im 20. Jahrhundert. Im November bezieht sich das Projektionsprogramm auf die Ausstellung der Sammlung von Erling Kagge. Im Juli 2020 setzt das Museion die Zusammenarbeit mit dem Festival Tanz Bozen auf seiner Medienfassade fort.

Die Butch-ennial Contemporary Art Group im Atelierhaus

Auch im kommenden Jahr beherbergt das Atelierhaus Projekte der jungen und lebendigen Kulturszene aus dem regionalen Raum. 2020 ist im Atelierhaus die Butch-ennial Contemporary Art Group zu Gast. Hinter diesem unabhängigen Projekt steht eine Gruppe kosmopolitischer Künstler aus Südtirol (Ruediger Witcher, Hannes Vonmetz Schiano, Marco Pietracupa und der Architekt Stefano Peluso).

Kleines Museion – Cubo Garutti: Das Projekt Europa und die Residency von Cristian Chironi

In der ersten Jahreshälfte 2020 orientiert sich das Ausstellungsprogramm im Cubo Garutti – der Außenstelle des Museion im Bozner Stadtviertel Don Bosco – am europäischen Projekt EU ART WORKS! European Culture of Resistance and Liberation. Das Museion ist an diesem Projekt gemeinsam mit der Stiftung wannseeFORUM, Berlin, dem Verein HASENHERZ, Wien, dem Zeithistorischen Zentrum Melk Memorial (A) und dem Museum of Contemporary Art Zagreb (Kroatien) beteiligt. Im Cubo zeigt das Museion Arbeiten aus seiner Sammlung, die sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit dem Thema „Widerstand“ befassen. Diese Exponate werden in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Alessandra Ferrini (Bagno a Ripoli, Florenz, 1984, lebt und arbeitet in London) ausgewählt, die vom Museion zu diesem europäischen Projekt eingeladen wurde. Im Herbst verwandelt sich der Cubo einen Monat lang in die Werkstatt des Künstlers Cristian Chironi (Nuoro, 1974, lebt und arbeitet in Bologna). Während seines Aufenthalts wohnt der Künstler in Bozen. Ausgehend vom Cubo und dem Stadtviertel Don Bosco wird Chironi im gesamten Bozner Stadtgebiet tätig sein, das er als Interventionsraum versteht (vom 10/10 bis zum 08/11/2020).

Ein mobiles und offenes Museion

Das Museion versteht sich als mobile und offene Einrichtung für eine Welt im ständigen Wandel und diese Veränderungsprozesse betreffen auch das Publikum. 2020 richtet sich das Museion mit vielfältigen Angeboten wieder an unterschiedlichste Publikumsgruppen. Zugänglichkeit und Inklusion stehen dabei im Mittelpunkt. Im kommenden Jahr wird die Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen fortgesetzt: zum einen mit Fortbildungsangeboten für Studentinnen und Studenten der Fakultät für Bildungswissenschaften in Brixen (Museion Academy),zum anderen mit Angeboten zum Sprachenstudium in Zusammenarbeit mit dem Sprachenzentrum der Universität (Uni Sprachkurs: Von der Aula ins Museum). In diesem Zusammenhang findet im April 2020 eine Tagung über den Englischunterricht statt (in Kooperation mit dem Sprachenzentrum der Universität und der Vereinigung TESOL, Teachers of English to Speakers of Other Languages).

Kooperationen und Tage der offenen Tür

Als pulsierendes Zentrum für zeitgenössische Kultur in Südtirol setzt das Museion 2020 die bestehenden Kooperationsprojekte mit dem Südtirol Jazzfestival, Transart und dem Festival Zeitgenössischer Musik fort. 2020 bietet das Haus wieder Tage der offenen Türen an: Im Frühjahr findet der von ICOM ausgerichtete internationale Museumstag statt, im Herbst und Winter folgen dann der Familientag im Museum F@mu, der Tag der zeitgenössischen Kunst /AMACI, und die Lange Nacht der Bozner Museen.

Dieses Programm wäre ohne die großzügige Unterstützung durch das Land Südtirol als Hauptsponsor sowie durch den Förderverein Museion und private Förderer, darunter an erster Stelle die Stiftung Südtiroler Sparkasse, undenkbar. Das Museion bedankt sich dafür und freut sich auf die Fortsetzung der guten Zusammenarbeit mit Wirtschaftsakteuren wie ewo, Plank, Thun, Velux und Sparim sowie mit den zahlreichen technischen Partnern, darunter Parkhotel Laurin, Hotel Greif, Hotel Sheraton, Bonvicini Gruppe, Kellerei Shenk, Bäckerei Eisenstecken, Pan Tiefkühlprodukte und Batzenbräu. Ein großer Dank geht auch an das Verkehrsamt Bozen und die Gemeinde Bozen für die hervorragende Zusammenarbeit.

Von: mk

Bezirk: Bozen