Von: mk
Bozen – „Eine neue Politik für ein ‚Neues Italien‘. Der Erste Weltkrieg und der Faschismus“, so der Titel des Vortrages, den der Historiker Angelo Ventrone von der Universität Macerata an diesem Donnerstag, den 19. April 2018, am Campus Bozen hält. Die Veranstaltung, die für alle Interessierten zugänglich ist, ist Teil der Vortragsreihe „Zeitenwende 1918. Das Ende des Ersten Weltkriegs und die Folgen“, die vom Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen organisiert wird.
Unter den vielen Gründen, die ausschlaggebend dafür sind, dass der Erste Weltkrieg nicht nur in der italienischen Geschichte des 20. Jh. zu einer wirklichen Zeitenwende wurde, müssen vor allem zwei hervorgehoben werden: Zum einen entstand gerade zwischen 1914 und 1918 eine neue politische Mentalität, die sich schließlich durch die Entstehung des faschistischen Regimes in die erste totalitäre Erfahrung des 20. Jahrhunderts übersetzte. Zum anderen wurden im Weltkrieg gerade jene politischen Instrumentarien entwickelt, mit denen der Faschismus eine Gesellschaft regierte, die aus seiner Sicht mit den konventionellen Mitteln der liberalen Regierungen nicht mehr zu führen war.
Schon vor der Niederlage von Caporetto, als aus historiographischer Sicht der Interventionismus seine Positionen radikalisierte, wurden die Formen und Mittel bestimmt, auf die man dafür zurückgreifen wollte. Man kann deshalb sagen, dass der Faschismus gewissermaßen aus dem Willen heraus entstand, zu Friedenszeiten jene Ausnahmeverfügungen anzuwenden, die ursprünglich dafür gedacht waren, während des Weltkrieges den Konsens und Dissens der Massen zu kontrollieren. Es handelte sich um eine Bewegung, die aus einem von Teilen der Politik schon lange vorher, während des Krieges, vorbereiteten Projektes hervorgegangen ist, um an die Stelle des liberalen Staates zu treten. Man war davon überzeugt, dass letzterer seinen historischen Aufgaben offenkundig nicht mehr gewachsen und nicht mehr in der Lage war, die Geschlossenheit und die Macht der nationalen Gemeinschaft im Wettkampf, den das Zeitalter des Imperialismus eröffnet hatte, zu gewährleisten. Es handelte sich um eine Bewegung, die den Übergang des ‚totalen‘ Weltkriegs-Staates hin zum ‚totalitären‘ Staat der Nachkriegszeit bewerkstelligen sollte.
Angelo Ventrone, geboren in Vicenza, lehrt Zeitgeschichte an der Universität von Macerata. Seine Forschungen konzentrieren sich auf die italienische und europäische Geschichte des 20. Jh. In besonderer Weise hat er sich mit dem Zusammenhang von Modernität, Technik und Gewalt vom Ende des 19. Jh. bis zum Faschismus, mit der Rolle der Massenparteien im postfaschistischen Italien, mit der Repräsentation des politischen Gegners vom Beginn des 20. Jh. bis zur Gegenwart sowie mit der Protest- und Gewaltgeschichte der 1960er und 1970er Jahre beschäftigt. Neueste Publikationen: L’età contemporanea, (Mondadori, 2018), gemeinsam verfasst mit Salvatore Lupo, und Terrorismi di destra e di sinistra in Italia e in Europa. Storici e magistrati a confronto, gemeinsam herausgegeben mit Carlo Fumian (Padova University Press, 2018). Er ist auch Autor folgender Bücher: “Grande guerra e Novecento. La storia che ha cambiato il mondo” (Donzelli, 2015), “Vogliamo tutto”. Perché due generazioni hanno creduto nella rivoluzione 1960-1988 (Laterza, 2012).
Termin: Vortrag von Prof. Angelo Ventrone (Universität Macerata), Una nuova politica per una Nuova Italia. La Grande guerra e il fascismo
Ort: Freie Universität Bozen, Universitätsplatz 1, Bozen
Hörsaal: D1.02
Wann: 19. April 2018, 17.30