Von: bba
Bozen – Zukünftig soll die öffentliche Verwaltung Mitarbeitende in einem Lehrberuf ausbilden können. Eine Neuerung, die Landesrat Achammer und Gemeindepräsident Schatzer vorgestellt haben.
”Die Ausbildung ist Aufgabe aller”, betont Landesrat Philipp Achammer. Angesichts von Pflegenotstand und Fachkräftemangel brauche es “eine schnelle Antwort, um auf Belange und Bedürfnisse des Arbeitsmarktes zu reagieren. Die duale Ausbildung ist eine solch schnelle Antwort”. Auch die öffentliche Verwaltung müsse bei der Ausbildung, Qualifizierung und Anstellung flexibler werden, unterstreicht Achammer.
Warum also nicht das duale Ausbildungsmodell im Sinne von “Hilfskraft in Ausbildung” in den Kollektivverträgen der öffentlichen Verwaltung vorsehen? Demnach könnte zukünftig beispielsweise ein öffentlicher Gärtnereibetrieb eine Gärtnerin ausbilden oder die Landesagentur für Bevölkerungsschutz für den Bereich Wildbachverbauung einen Tiefbauer. Eine Neuerung, die Landesrat Achammer, Südtirols Gemeindepräsident Andreas Schatzer und Cäcilia Baumgartner, Direktorin im Amt für Lehrlingswesen und Meisterausbildung, in der Pressekonferenz am heutigen (10. Dezember) Freitag vorgestellt haben.
Südtirols duales Ausbildungssystem kombiniert die praktische Ausbildung in einem Lehrbetrieb mit Berufsschulbesuch. Diese sei “ein Erfolgsmodell”, sagt Achammer. Während in Deutschland, Österreich und der Schweiz auch in der öffentlichen Verwaltung seit langem Lehrlinge ausgebildet werden, sei das in Südtirol bisher nicht möglich, erklärt der Landesrat. Der Lehrvertrag als Arbeitsvertrag ist staatliche Kompetenz. Das gesetzesvertretende Dekret zu den in Italien möglichen Arbeitsverträgen sieht die traditionelle Lehre in der öffentlichen Verwaltung nicht vor.
Das Land Südtirol will nun seine autonomen Kompetenzen in der Berufsbildung nutzen und über das Stabilitätsgesetz 2022 in der Lehrlingsordnung des Landes ein alternatives duales Ausbildungsmodell für die öffentlichen Verwaltung neu einfügen. Damit kann die betriebliche Lehrlingsausbildung in Südtirol auch in öffentlichen Einrichtungen durchgeführt werden. “In diesem Fall fußt die Ausbildung nicht auf einem Lehrvertrag, sondern auf einem anderen Arbeitsverhältnis mit Ausbildungscharakter”, sagt Amtsdirektorin Baumgartner. “Der oder die Auszubildende besucht aber ganz regulär die Berufsschule für Lehrlinge und kann in allen Lehrberufen die Lehrabschlussprüfung absolvieren.”
Es sei unbestritten, dass die Schwierigkeit bei der Suche nach qualifiziertem Personal auf dem Arbeitsmarkt auch die Gemeinden treffe. Die öffentliche Verwaltung sei daher angehalten beziehungsweise täte gut daran, sich an neue Arbeitsformen heranzutasten und diese schrittweise umzusetzen, sagt Gemeindepräsident Schatzer. “Dieser Schritt des Landes ist daher ein richtiger und wichtiger. Personen jeden Alters – auch ohne Matura – können durch eine derartige Ausbildung oder Umschulung Teil der öffentlichen Verwaltung werden, welche soziale Sicherheit bietet”, fasst Gemeindepräsident Schatzer die Chancen und Möglichkeiten der geplanten Neuerung zusammen.
Bevor dieses neue Modell starten kann, müssen die öffentlichen Verwaltungen (Land, Gemeinden, Bezirksgemeinschaften, Sanitätsbetrieb) ein solches Ausbildungsmodell im Sinne von “Hilfskraft in Ausbildung” in ihren Kollektivverträgen vorsehen. Und auf jeden Fall müssen auch die öffentlichen Einrichtungen die vom Land festgelegten Standards für den betreffenden Lehrberuf erfüllen. Soll bedeuten: Die betriebliche Ausstattung muss beispielsweise adäquat sein und den Auszubildenden muss im Betrieb ein qualifizierter Ausbilder zur Seite stehen. Die Landesregierung wird Richtlinien zur Umsetzung des Modells “duale Ausbildung in der öffentlichen Verwaltung” festlegen.
Auch in Berufsbildern, für die es keinen Lehrberuf gibt, will das Land künftig in der öffentlichen Verwaltung auf duale Ausbildungen setzen. Ein aktueller Anlass, solche Modelle zu forcieren, ist der Pflegenotstand. Konkret kann künftig eine Person als Heimgehilfin oder Heimgehilfe in Ausbildung eingestellt werden, während sie die bestehenden berufsbegleitenden Lehrgänge der Landesfachschulen für Sozialberufe besucht. Auf diesem Weg können auch langjährige Mitarbeitende vom Heimgehilfin oder Heimgehilfen zum Pflegehelfenden höherqualifiziert werden. Auch hierfür müssen aber die Kollektivverträge noch angepasst werden.