Von: luk
Bozen – Lehrpersonen aller drei Sprachgruppen trafen sich heute zu einer Fortbildung über das Bozner Siegesdenkmal und die entsprechenden didaktischen Materialien.
Auf die Spuren des Faschismus und des Nationalsozialismus in Bozen machten sich heute Lehrpersonen aller drei Sprachgruppen bei einem gemeinsamen Fortbildungsseminar an der Eurac. Anlass für die Tagung, an der zirka hundert Interessierte – vor allem Lehrpersonen für Geschichte und für die zweite Landessprache – teilnahmen, waren die neuen Unterrichtsmaterialien für Mittel- und Oberschulen rund um das Bozner Siegesdenkmal. Ausgearbeitet wurden diese vom Bereich Innovation und Beratung im Deutschen Bildungsressort und den Pädagogischen Diensten im Italienischen Bildungsressort des Landes zusammen mit dem Amt für Museen und kunsthistorische Kulturgüter der Stadtgemeinde Bozen.
Schulamtsleiter Peter Höllrigl wies auf die gute Kooperation zwischen dem Deutschen und dem Italienischen Schulamt hin, durch die beispielsweise bereits das Landesgeschichtsbuch für alle drei Sprachgruppen mit dem dazu passenden didaktischen Material entstanden ist, das einen konsensfähigen Blick auf eine gemeinsame Vergangenheit wirft. “Der gemeinsame Blick auf die Geschichte macht bewusst, dass es verschiedene Perspektiven geben kann und auch gibt”, sagte Höllrigl, “daher sind Gelegenheiten des Austausches besonders wichtig.”
Der ebenfalls anwesende Bozner Bürgermeister Renzo Caramaschi wies in seinen Grußworten darauf hin, dass der Krieg auf beiden Seiten Millionen Tote gefordert und eine gesamte Generation ausgelöscht hat. “Monumente sollen uns ermahnen, die Fehler der Geschichte nicht zu wiederholen”, meinte Caramaschi. Auch Kulturstadtrat Sandro Repetto begrüßte die anwesenden Lehrpersonen.
Andrea Felis vom Italienischen Bildungsressort des Landes wies darauf hin, dass die Ausstellung im Siegesdenkmal für die gesamte Bevölkerung konzipiert worden war; für die spezifischen Bedürfnisse des Unterrichts an den Schulen seien aber besondere Materialien erfordernlich, die nun von den beiden Bildungsressorts und den beteiligten Lehrkräften gemeinsam erarbeitet wurden. Und Walter Pichler vom Bereich Innovation und Beratung im Deutschen Bildungsressort erklärte: “Denkmäler braucht es, um nachzudenken, woher wir kommen und was wir wollen.”
Der Leiter des Bozner Stadtarchivs, Hannes Obermair, der als Mitglied der Historikergruppe auch an der Einrichtung der Dokumentationsausstellung “BZ ’18–’45: ein Denkmal, eine Stadt, zwei Diktaturen” in der Krypta des Siegesdenkmals mitgewirkt hatte, sprach vom Siegesdenkmal als einen ambivalenten Ort der identitären Geschichtsdeutung, der den Systembruch nach 1945 relativ unbeschadet überstanden hat. Lange Zeit sei es ein Ausdruck für die unterbliebene Geschichtsaufarbeitung geblieben und habe wie ein “Nachbeben” in unsere Zeit hineingewirkt. So sei auch die Krypta unterhalb des Denkmals bis zur Eröffnung der Ausstellung im Jahre 2014 nicht zugänglich gewesen. Die Anerkennungen, die der Ausstellung im Rahmen des “European Museum of the Year Award 2016” zuteil wurde, sei ein Beweis für die positive Resonanz. “Totalitäre Kunst im öffentlichen Raum darf nicht zerstört, sondern muss kommentiert werden”, forderte Obermair.
Massimo Martignoni, der aus Trient stammt und an der Nuova Accademia di Belle Arti (NABA) in Mailand Geschichte des Designs lehrt, stellte abschließend einige kunsthistorische Aspekte des Siegesdenkmals vor, das der Architekt Marcello Piacentini im Stil des Italienischen Rationalismus entworfen hatte.
Im Anschluss an die Referate stand am Vormittag ein Besuch des Denkmals und der Dokumentationsausstellung auf dem Programm. Am Nachmittag wurden dann in verschiedenen Workshops die didaktischen Materialien vorgestellt, die für den Unterricht an den Mittel- und Oberschulen erarbeitet wurden. An der dafür zuständigen Arbeitsgruppe, die Walter Pichler vom Bereich Innovation und Beratung sowie Andrea Felis von den Pädagogischen Diensten des Italienischen Bildungsressort koordinierten, waren sowohl deutsch- als auch italienischsprachige Lehrpersonen beteiligt. Nach einer Erprobungsphase sollen die Materialien produziert und für den Unterricht an den Schulen bereitgestellt werden.