Von: luk
Bozen – „Gott suchen und finden in einer verletzlichen Welt“, ist der Titel des Hirtenbriefes, den Diözesanbischof Ivo Muser zur Fastenzeit 2021 verfasst hat. „Corona konfrontiert uns mit einer Wahrheit, mit der unsere Gesellschaft sich besonders schwertut. Menschliches Leben ist und bleibt verletzlich, gefährdet, anfällig und sterblich. So wichtig sie ist: Die Gesundheit ist dennoch nicht das höchste Gut unseres Lebens. Das höchste Gut ist für uns Menschen der Gott Jesu Christi! Ihm gegenüber hat sogar der Tod nur mehr das vorletzte Wort“, schreibt Bischof Muser.
Ein Jahr hat Corona nun unsere Gesellschaft im Griff. Die Pandemie und ihre Auswirkungen bilden auch den Ausgangspunkt der Überlegungen von Bischof Ivo Muser in seinem Hirtenbrief zur Fastenzeit. „Die Pandemie und ihre Folgen zeigen uns, wie wichtig respektvolles und hilfreiches Miteinander ist. Die schmerzlichen Erfahrungen der Isolation von schwer Erkrankten und Sterbenden haben viele von uns traurig und sehr betroffen gemacht. Ganz viele Menschen haben sich um Nähe bemüht: Angehörige, Pfleger und Pflegerinnen, Ärzte und Ärztinnen, aber auch Priester, Diakone, Ordensleute, Seelsorger und Seelsorgerinnen in Krankenhäusern und Seniorenheimen und viele ehrenamtlich tätige Frauen und Männer in unseren Pfarrgemeinden. Das viele Gute, das in einer ungewissen, schwierigen und leidvollen Zeit geschehen ist, ist Grund zur Dankbarkeit und zur Hoffnung“, schreibt Bischof Muser.
Die Coronapandemie habe uns, führt der Bischof weiter aus, unsere Verwundbarkeit, Schwäche und Sterblichkeit deutlich vor Augen geführt. Diese Pandemie könne auch ein Weckruf in einer stark von Diesseitsvorstellungen geprägten Zeit werden, ist der Bischof überzeugt: „Wir denken an diverse Paradiese auf Erden, wie Urlaubsparadiese, Einkaufsparadiese, Steuerparadiese, Vergnügungsparadiese, in denen Menschen die Erfüllung ihrer Sehnsüchte suchen. Das Paradies lässt sich nicht machen, es gehört zu Gott! In vielen Gleichnissen hat Jesus verdeutlicht, dass das Reich Gottes ein Geschenk ist. Es ist das Reich der Liebe, das wir nicht machen und produzieren können, weil es die Liebe nur als Geschenk gibt. Unsere Welt aus der Perspektive des Himmels sehen bedeutet, zu erkennen, dass alles Diesseitige immer unvollkommen ist und vergeht, während die Liebe bleibt.“
Auch seine Überzeugung, dass der Schutz der körperlichen Gesundheit notwendig, gut und wichtig sei, bringt Bischof Muser zum Ausdruck: „Das Einhalten der geltenden Vorschriften ist ein Zeichen von Reife, Verantwortung, Respekt und konkreter Nächstenliebe. Das Leugnen und das Verharmlosen der Gefährlichkeit des Coronavirus ist ein Hohn für alle Kranken und für jene, die ihnen helfen und beistehen; ein Hohn für alle Verstorbenen und für jene, die um sie trauern. Sich gegen Corona impfen zu lassen ist ein solidarischer Akt zum Schutz der eigenen Gesundheit und der Gesundheit der Mitmenschen. Papst Franziskus und sein emeritierter Vorgänger, Papst Benedikt XVI., haben ganz bewusst diesen solidarischen Akt gesetzt.“
Gleichzeitig aber bleibe, so Bischof Muser, dass Corona uns mit einer Wahrheit konfrontiere, mit der sich die Gesellschaft besonders schwertue: „Menschliches Leben ist und bleibt verletzlich, gefährdet, anfällig und sterblich.“ So wichtig sie auch ist, Gesundheit sei dennoch nicht das höchste Gut unseres Lebens, schreibt der Bischof: „Das höchste Gut ist für uns Menschen der Gott Jesu Christi! Ihm gegenüber hat sogar der Tod nur mehr das vorletzte Wort. Als sterbliche, verwundbare und zerbrechliche Wesen dürfen wir im Glauben die eigenen Grenzen akzeptieren lernen und unsere Hilflosigkeit dem Gott des Lebens und der Liebe anvertrauen.“
Abschließend zieht der Bischof einen Vergleich zwischen der Covid-Erkrankung und der Fastenzeit: „So wie das Coronavirus eine Zeit der Heilung braucht für das Wiedererlangen der körperlichen Gesundheit, so ist die Fastenzeit eine geistliche Quarantäne um besondere Antikörper zu entwickeln, nämlich jene Antikörper, die die Schönheit des menschlichen und christlichen Lebens zur Entfaltung bringen: die Ehrlichkeit, die Offenheit, die Dankbarkeit und die Bereitschaft, zu teilen. Erneuern wir, auch herausgefordert durch Corona, unseren Willen zu einer gut gelebten Fastenzeit, persönlich und zusammen mit anderen. Fasten wir, indem wir verzichten auf Selbstbezogenheit und Gleichgültigkeit!“