Von: ka
Bozen – Der Feiertag Mitte August gibt, nach Ansicht der KVW Frauen, Anlass zum Nachdenken über den Wert und die Vielfalt der weiblichen Rollenbilder. Viele haben im Laufe der Geschichte schon existiert und einige sind mit und in der Zeit neu entstanden.
„Viel wird über das Rollenbild der Frau im aktuellen, stets dynamischen, gesellschaftlichen Wandel gesprochen und geschrieben. In der heutigen Zeit, mit begrenzter Anzahl an Fachpersonal, stellt sich uns sowieso die Frage nach einer Neuorientierung der christlich- sozialen Grundwerte: Wie können wir den Wert der Frauen im gesellschaftspolitischen sowie wirtschaftlichen Leben angemessen würdigen? Wie weit sind wir vom Entwicklungsziel „Gleichwertigkeit“ entfernt? Seit wann existiert Frauenaltersarmut und wie lange sollen wir sie bitteschön noch ertragen müssen?“ sagt die Vorsitzende der KVW Frauen, Heidrun Goller.
Wir feiern am 15. August die leibliche Himmelfahrt Marias, der Mutter Jesu. Maria wurde, unserem Glauben nach, die Ehre zuteil, den Erlöser zu gebären und ihn gemeinsam mit Josef als Eltern zu erziehen. In der Heilsgeschichte spielt also eine Frau die zentrale Rolle. Auch ihr schwesterlicher Umgang mit Verwandten, Aposteln sowie mit Maria von Magdala, zeugt über ihr ausgeprägtes soziales Wesen, ihren Wert, ihre Art und ihren Umgang mit schwierigen Situationen.
Die Bibel, großteils von Männerhand geschrieben, gibt eigentlich keine große Auskunft über die Alltagssituationen der Familie. Maria macht viel mehr durch Erscheinungen und Wunder im Laufe der letzten Jahrhunderte auf sich bzw. auf die Botschaft Jesu aufmerksam. Viele Frauen leisten und leisteten, dem Glauben folgend, Großartiges: so zum Beispiel Hildegard von Bingen, die vom damaligen Papst Eugenius III. die Erlaubnis erhielt, öffentlich zu predigen. Auch am Beispiel von Mutter Teresa sehen wir das Wirken von Frauen in der Kirche. Dabei geht es nicht nur um die Pflege von Kranken. Es geht um mehr. Und genau dieses „Mehr“ könnte nicht nur die katholische Kirche für sich nutzen. Bereits Papst Johannes XXIII. riss mit seiner Enzyklika Pacem in terris und dem II. Vatikanum die Fenster der Kirche weit auf. „Seinen Worten folgend sind Frau und Mann gleichberechtigt und frei in ihren Entscheidungen“, sagt Heidrun Goller, „somit sorgte er für ein klar definiertes Entwicklungsziel, dem wir beherzt Folge leisten sollten.“
Kern und zentraler Teil dieser trägen Entwicklung ist aber immer noch die unbeantwortete Frage: „Wie können wir den Frauen ihren Wert, im gesellschaftspolitischen sowie im wirtschaftlichen Leben, angemessen belohnen?“ sein.
Dabei gibt es sie schon, die vielen verschiedene Ansätze und Bestrebungen, die Erstellung bzw. Fertigstellung des Gleichstellungsaktionsplanes 2022 ist EIN Beispiel dafür. Seine baldige Umsetzung allerdings noch ein Versprechen.
Das reelle Angstthema (Frauen)Altersarmut ist leider politisch resistent und nicht abzuwimmeln, das Gegenteil ist sogar der Fall: unsere Töchtergenerationen sind ihr noch mehr ausgesetzt. Im beitragsbezogenen Pensionssystem ist das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine Realität, in der wertvolle, meistens von Frauen geleistete Care-Familien-Arbeit finanziell wertlos gemacht wird. In dieser Perspektive ist Care-Arbeit für Männer nicht unbedingt attraktiv bzw. wirtschaftlich erstrebenswert. Aber wie und wann soll dann Gleichwertigkeit umgesetzt werden?
Laut einer letzten repräsentativen Bevölkerungsumfrage sind 67 % der Südtiroler, Frauen und Männer, für eine gleichberechtigte Aufteilung von Mann und Frau in der Familie. Die traditionellen Familienmodelle transformieren sich, langsam, aber stetig, mit der aktuellen Erwerbstätigkeit beider Partner.
Das Querschnittsthema Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Ehrenamt ist laut besagter Studie auch Haupthürde für den geringen Anteil der Frauen in der lokalen Gemeindepolitik. Dennoch, das Ehrenamt ist in „weiblicher Hand“: 60 % sind Frauen, bedenklich die Tatsache, dass nur 30 % davon in der Führungsebene zu finden sind. Immerhin wird mit ehrenamtlicher Tätigkeit 10% der Südtiroler Wirtschaftssubstanz abgedeckt.
Darum ist es enorm wichtig, dass die politischen Weichen für bessere Voraussetzungen gelegt werden: Frauen müssen sich gesellschaftspolitisch stärker engagieren können und ihre zentrale Rolle in der Gesellschaft selbstverständlich einnehmen dürfen.
Der Frauenanteil in der Südtiroler Bevölkerung von 50,7 % und parallel die unausgewogene Geschlechterrepräsentation in den politischen Gremien gibt klar zum Ausdruck, dass es von „Haus aus“ nicht möglich ist, die Stimmen der Frauen in politischen Entscheidungsprozessen angemessen zu vertreten. Dabei ist es doch zum Wohle aller, dass die Interessen und Bedürfnisse der gesamten Bevölkerung in der Politiklandschaft vertreten sind.
Wollen wir, dass man den Frauen ihre zentrale Rolle und Arbeit endlich gesellschaftlich zuspricht, dann sollten wir in schwesterlicher Art und Weise jenen das Vertrauen schenken, die uns in den nächsten 5 Jahren die Sicherheit geben, konkret ihr Bestes für das Gesamtkonzept „gleichwertige Gesellschaft“ beizutragen. Frauen wählen Frauen und auch Männer.
Der Hochunserfrauentag bietet nicht nur Anlass zum Nachdenken über den Wert und die Vielfalt der weiblichen Rollenbilder, sondern gibt uns Anlass sie zu feiern, sie zu segnen und stolz auf ihren Beitrag in der Gemeinschaft zu sein.