Von: mk
Bozen – Die langen Sommerferien sind fast um. Kommende Woche kehren in Südtirol Tausende Kindergartenkinder, Schülerinnen und Schüler in den Kindergarten und in die Klassenräume zurück. Wohl kaum wurde in einem gewöhnlichen Jahr dem Kindergarten- und Schulstart so sehr entgegengefiebert wie in den vergangenen Wochen. Der Beginn vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie bestimmt den gesellschaftlichen Diskurs. Obwohl das Rahmenkonzept rund um Hygiene- und Sicherheitsregeln seit Mitte August stehe, gibt es noch zahlreiche Unsicherheiten und Detailfragen. Um diese zu klären, haben der Landesrat für deutsche Bildung, Bildungsdirektor Gustav Tschenett, Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner sowie Landeskindergartendirektorin Helena Saltuari die Sozialpartner, Lehrerverbände und weitere Interessensvertreter zu einem Treffen eingeladen.
Ein Großteil der Vertreterinnen und Vertreter der Kindergarten- und Schulgewerkschaften, der Lehrverbände ASM und KSL, des Landesbeirates für Eltern und Schüler und Schülerinnen sowie des Familienverbandes, des Forum Prävention, der Allianz für Familie und des Jugendrings sind heute (3. September) der Einladung in den Innenhof des Landhauses 1 in Bozen gefolgt.
Kernauftrag: Chancengerechtigkeit im Bildungsbereich
Für den Bildungslandesrat steht fest, dass das Kindergarten- und Schuljahr am kommenden Montag so normal wie möglich beginnen soll. “Die Unsicherheit in der Gesellschaft ist derzeit groß. Auch weil Fehlinformationen wie Unkraut aus dem Boden sprießen”, betonte der Landesrat beim Treffen in Bozen und richtete seinen Appell an die Anwesenden: “Wir wollen alles dafür tun, dass wir etwas mehr Ruhe, Sicherheit und Normalität in den bevorstehenden Schulbeginn bekommen.” Der Start ins Bildungsjahr 2020/21 erfolgt in den Grund- und Mittelschulen durchwegs im Präsenzunterricht und an den Ober- und Berufsschulen im Wechsel zwischen Präsenz- und Fernunterricht. “Unser Kernauftrag ist die Chancengerechtigkeit im Bildungsbereich. Beim ausschließlichen Fernunterricht ist diese nicht gewährleistet. Darum brauchen wir Sicherheitsmaßnahmen, um einen erneuten Bildungslockdown zu verhindern”, sagte der Bildungslandesrat. Für das Schuljahr 2020/21 stehe das “Corona-Ampelsystem” an den deutschsprachigen Schulen derzeit auf Gelb, auch weil an den Schulen unterschiedliche strukturelle Voraussetzungen (wie Schülertransport und unterschiedliche Raumsituationen) mit zu berücksichtigen seien.
Rahmenbedingungen abgesteckt, autonome Lösungen vor Ort
In der inhaltlichen Diskussion ging zunächst Landeskindergartendirektorin Saltuari auf die allgemeinen Sicherheitsrichtlinien in den Kindergärten ein: Heuer wird auf gleichbleibende stabile Gruppen und ein vermehrtes Händewaschen geachtet. Kinder müssen keinen Mundschutz tragen, Erwachsene hingegen immer, wenn der Mindestabstand von einem Meter nicht eingehalten werden kann. Weitere Maßnahmen müssen je nach den räumlichen Gegebenheiten vor Ort lokal getroffen werden – dies betrifft auch den Zutritt von Eltern in die Räumlichkeiten des Kindergartens. Auch im Schulbereich müssen lokale Lösungen gefunden werden: “Autonomie heißt nicht Beliebigkeit, sondern Autonomie braucht einen Rahmen – und dieser ist vorgegeben,” hob Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner in diesem Zusammenhang hervor.
“Wir können keine vollkommenen Rahmenbedingungen schaffen, sondern ein zentrales Basisangebot geben“, betonte der Bildungsdirektor Gustav Tschenett. Immer dann, wenn es zu Veränderungen komme, komme es auch zu Diskussionen. Dessen sei man sich bewusst. Dennoch wolle man nun starten “mit Phase Gelb, in der Hoffnung, dass es ein Grün wird”, sagte Tschenett. Besonders zum Nachmittagsangebot kämen derzeit sehr viele Nachfragen, berichtete Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner. Vor allem auch, weil es immer wieder Vergleiche zwischen den Schulen gebe, die Realitäten aber auch in Zeiten vor der Coronapandemie unterschiedlich waren. “Die Schulen haben sich sehr darum bemüht, dieses Angebot innerhalb eines sehr kurzen Zeitfensters zu realisieren. Das gilt es auch anzuerkennen”, sagte Falkensteiner.
Erfahrungswerte nutzen
“Unser Ziel ist der bestmögliche Schutz der Gesundheit und das Ermöglichen eines möglichst normalen, sicheren Kindergartenalltags”, fasste Landeskindergartendirektorin Helena Saltuari zusammen. Dies gelte auch für den Schulbereich. Ängste, dass es durch diese Situation zu Bildungsverlierern komme, seien nicht berechtigt. Schon seit 15 Jahren werde in Südtirol nicht mehr nach Lehrplänen unterrichtet. Vielmehr gehe es um das Erreichen von Kompetenzzielen, betonte Bildungsdirektor Tschenett und verwies dabei auf die bestehenden Rahmenrichtlinien. In der Diskussion mit den Gesprächsteilnehmern wurden zudem Themen wie die (technische) Ausstattung der Schulen, die Regelungen für Quarantänefälle und die Kommunikation mit den Familien und Eltern angesprochen. “Wir konnten im Notdienst viele wertvolle Erfahrungen sammeln, die uns nun zugutekommen. Aber wir befinden wir uns immer noch auf einer Gratwanderung zwischen gesicherten und ungesicherten Informationen”, beschrieb der Bildungslandesrat die momentane Situation im Hinblick auf die gesamtstaatlichen Vorgaben. Gerade deshalb sei es wichtig, auch im Sinne der Kinder und der Familien, aber auch des Lehrpersonals, den Austausch und die Kommunikation untereinander weiter zu verbessern und im ständigen Dialog miteinander zu bleiben.