Von: mk
Bozen – Nachdem die Gemeinde Toblach dem Krampus im eigenen Gemeindegebiet Grenzen gesetzt hat und Auftritte nur in einem bestimmten Rahmen erlaubt, schlägt auch Südtirols Familienseelsorger Toni Fiung kritische Töne an.
„Gewaltdarstellung liegt in der Natur des Krampus“, erklärt Fiung im Hinblick auf die vielen und jährlich zunehmenden Krampusumzüge in Südtirols Ortschaften. Gewalt marschiere da immer mit – in den Gebärden und in der körperlichen Überlegenheit der Krampusse. Der Krampus sei eine durchwegs männliche Figur. Wen Krampusse vielerorts erwischen, auf den dreschen sie mit roher Gewalt ein, auch auf Frauen: Das sei auch sexualisierte Gewalt, sagt Toni Fiung. „In einer Zeit, in der wir durch Krieg und ökonomische Bedrohungen belastet sind, sollte der Fokus viel mehr auf das gelegt werden, was uns guttut, was uns versöhnlich stimmt und wobei wir Freude spüren“, ruft Toni Fiung auf. Er plädiert für „mehr Christkind und weniger Krampus“.
Der Krampus gilt althergebracht als Schreckgestalt und Begleiter des Heiligen Nikolaus: fürsorglich der Nikolaus, angsteinflößend der Krampus. „Der Krampus zeigt sich als Eroberer, stark, unerschrocken und mächtig. Im Alltag würden die Drohgebärden des Krampus sofort sanktioniert werden“, ist Toni Fiung überzeugt. Aber hinter Maske und Brauchtum seien seine Handlungen legitim. Die Masken, die getragen werden, hätten kaum mehr etwas mit der ursprünglichen Krampus-Vorstellung zu tun. Es handle sich um eine Mischung aus Mumie, Zombie und Totenkopf. Im Bösen spiele sich pure Psychologie ab, versucht Toni Fiung eine Erklärung. „Dabei spielen sich bekannte Abläufe ab: Eifersucht, Neid, Hass, Kränkung, Machtkämpfe.“ Jeder Mensch wisse und spüre, dass er oder sie in sich auch böse Anteile trägt, dass es Verschattetes und seelische Abgründe gibt. „Diese Abgründe wollen Teilnehmende an Krampusumzügen anscheinend kennenlernen. Es gibt kaum eine Ortschaft, die ihren Krampuslauf nicht als großes Event anpreist. Touristisch betrachtet sind die Krampusläufe vor allem ein gutes Geschäft“, erklärt Fiung.
Auch bei Nikolausumzügen oder bei Hausbesuchen wird der Nikolaus häufig von Krampussen flankiert. “Wenn du nicht brav bist, holt dich der Krampus!” wird als Warnung für Kinder noch immer verwendet. Toni Fiung ist empört: „Dabei bedroht der furchteinflößende Krampus mit der Rute unartige Kinder und zeigt seine Absicht, sie in die Kraxe packen und in die Hölle mitnehmen zu wollen.“ Der Nikolaus hingegen übergebe Geschenke und rate bösen Kindern, im kommenden Jahr ja artig zu sein, damit der schaurige Krampus sie nicht mitnehmen müsse. Das seien Drohungen, die in der Erziehung nichts zu suchen haben, sagt der Familienseelsorger. „Sie bedienen schwarze Pädagogik und können das Vertrauensverhältnis zwischen Kind und Bezugsperson belasten.“
„Ich frage mich immer öfter, warum die Menschen in dieser Zeit Spektakel und Schrecken brauchen, wo die Adventszeit doch als ruhige Zeit herbeigesehnt wird. Warum müssen diese Wochen mit Krawall und Spektakel eventisiert werden?“, meint Toni Fiung. Dabei werde Gewalt verherrlicht. „Wie soll das zusammengehen?“, fragt der Familienseelsorger, wo das Thema doch in aller Munde und von großer Relevanz sei. „Welches Bild vermitteln wir unseren Kindern und Jugendlichen?“ Die schöne Botschaft des Nikolaus gehe verloren. Der Nikolaus werde zur kaum mehr wahrgenommenen Witzfigur und legitimiere Gewalt mit Bonbons und anderen Süßigkeiten.