Von: mk
Bozen – Der Begriff „Notfall” ist sinnbildlich für unsere Zeit, die von so vielen Krisen in Umwelt, Wirtschaft, Gesundheit und Krieg geprägt ist. SOS! lautet die Antwort der Fakultät für Design und Künste. Kein Hilferuf, sondern ein Aktionsprogramm, das mit Kreativität und innovativen Vorschlägen einer durch Angst entstandenen Lähmung entgegenwirken möchte. Die durchwegs positiven und proaktiven Diplomarbeiten werden am Freitag, den 14. und Samstag, den 15. Juli am Campus Bozen ausgestellt.
Interpretieren Sie die S.O.S.-Botschaft – „Save Our Souls” – neu und verwandeln Sie diese von einem Hilferuf in einen Slogan, der zur Suche nach positiven Lösungen für die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart einlädt: „Sorting Out Solutions”. Viele der aktuellen Themen lähmen die neue Generation, die eigentlich Protagonisten des Wandels sein wollen. SOS! ist daher der gemeinsame Nenner, den die Fakultät für Design und Künste gewählt hat, um die Studierenden aufzufordern, sich mit den Notlagen unserer Welt zu befassen. 28 Diplomarbeiten – 17 aus dem Bachelor in den Studienzweigen Design bzw. Kunst und zehn aus dem Master in Eco-Social Design – werden in der Ausstellung „Diplorama!“ präsentiert, zu sehen am 14. und 15. Juli in den Hörsälen und verbindenden Korridoren am Campus Bozen.
„Das Schicksal unseres Planeten zu verändern ist komplex, und von allen Projekten, die wir Designer:innen in Angriff nehmen können, ist jenes der Gegenwart sicherlich das ehrgeizigste. Eine ganze Reihe von Gründen bestärkt uns darin, ein solches Risiko einzugehen“, unterstreicht Gianluca Camillini, Forscher und Kurator von Diplorama!. „Für viele der aktuellen Notfälle gibt es keine fertige Lösung. Aber wir können versuchen, uns der Herausforderung zu stellen. Unsere Studierenden haben sich mit sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Problemen auseinandergesetzt, die dringend einer Antwort bedürfen.”
„Mit dieser neuen Ausgabe von Diplorama! wollen wir nicht nur einen Beitrag zur Debatte leisten, sondern auch eine Botschaft des Engagements vermitteln, wir wollen Lösungen suchen und zum Wandel beitragen”, bekräftigt der Dekan der Fakultät, Prof. Nitzan Cohen. „Die ausgestellten Arbeiten sind ein manchmal provokanter und praktischer Anstoß, das Verhalten und unsere Art einer Problemlösung zu überdenken“.
Die ausgestellten Projekte
Die Abschlussarbeiten, die den Besucherinnen und Besuchern während der zweitägigen Ausstellung gezeigt und von den Studierenden erläutert werden, sind das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen den Studierenden und den Dozenten, die die Arbeiten in den Bereichen Kunst, Grafikdesign, Produktdesign und Okösoziales Design begleitet und angeleitet haben.
Das Projekt „The Bridge” der Absolventinnen des Masters in Eco-Social Design Lisa Bachmann und Virginia Professione (geleitet von den Professon Letizia Bollini und Matteo Moretti) zielt darauf ab, die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen, indem es die Kluft zwischen Wissenschaft und Gesellschaft durch den Ansatz der Citizen Science überbrückt. Durch die aktive Einbindung von Einzelpersonen in den wissenschaftlichen Prozess wollten die Studentinnen eine besser informierte Bevölkerung und eine fundierte Entscheidungsfindung fördern. Ihre Abschlussarbeit befasste sich mit einem Citizen Science-Projekt über Flussökosysteme, wobei der Schwerpunkt auf der Überwachung des Zustands dieser Ökosysteme durch die Entnahme von Kleinlebewesen als Bioindikatoren lag. „Durch die transdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und der Bevölkerung sowie relevanten Behörden wollten wir eine demokratische Kultur kultivieren, in der akademisches Wissen geteilt und allen zugänglich ist, um so das Potenzial von Design voll auszuschöpfen“, so die zwei Absolventinnen.
Charlotte Einzelweiler, ebenfalls eine Absolventin des Masters in Ökosozialem Design, entwarf eine Dämmplatte, die auf ihrer persönlichen Erfahrung als Mieterin einer alten Wohnung mit schlecht isolierten Wänden und niedrigen Innentemperaturen im Winter basiert. Dazu recherchierte Einzelweiler über historische und traditionelle Wandverkleidungen. Im ersten Teil der Forschung wurde die Wand in einem historischen Kontext auf der Grundlage der Fassadentheorie von Semper und des Konzepts der „Wand als Haut” von Pettenkoffer behandelt. Der zweite Teil bestand aus einer Untersuchung der heute verwendeten Dämmstoffe. Im dritten Teil erstellte die Studentin Prototypen von Dämmplatten aus Hanf-Filz. Das Ergebnis der Arbeit ist eine Dämmplatte, die sich gut für die Mietbedürfnisse eignet, da sie ohne Werkzeug angebracht und entfernt werden kann und die Wände nicht beschädigt. Diese eigens entwickelte Dämmplatte kann daher bei einem Wohnungswechsel leicht wiederverwendet werden.
Schließlich hat Luis Medina Rodrigo, der drei Jahre lang Design studiert hat, VIBO entworfen, Sitzgelegenheiten für den Außenbereich, die dazu beitragen sollen, ungenutzte Räume im Bozner Stadtteil Casanova wieder attraktiv zu gestalten. Um den Prozess der Wiederaneignung in Gang zu setzen, ist es notwendig, dass diese Objekte an Orten aufgestellt werden, die sowohl die Gemeinschaft (des Stadtteils) miteinbeziehen als auch den klimatischen Bedingungen angepasst sind. Es werden Objekte präsentiert, die verschiedene Szenarien ermöglichen, frei interpretiert durch die Nutzerinnen und Nutzer. VIBO besteht aus drei Elementen, die nach Belieben so im Raum angeordnet werden können, dass die Möglichkeit besteht, sich eine eigene „Wohnblase” zu schaffen. Die Höhe der Sitzfläche soll explizit an ein Sitzen auf dem Boden erinnern, was in gewissem Sinne ein “primitives” Sitzen darstellt, das das Konzept der Aneignung und Besiedlung umfasst. Es impliziert eine Form der Rückbesinnung an alte Werte.