Von: luk
Bozen – Die neue Theatersaison steht in den Startlöchern und beginnt mit einer geballten Ladung Frauenpower. Im Folgenden ein Überblick über die Herbstsaison im Stadttheater Bruneck, in der Dekadenz Brixen, in der Carambolage Bozen und im Theater in der Altstadt Meran.
Die Herbstsaison in Bruneck startet mit dem viel gespielten und aufwühlenden Stück „Prima Facie“. Die künstlerische Leiterin Christine Lasta steht in dem packenden Monolog von Suzie Miller gemeinsam mit der Musikerin Marion Feichter auf der Bühne. In der Regie von Christian Mair, spielt sie Tessa, eine Strafverteidigerin, die es mit Sexualstraftätern aufnimmt. Das volle Ausmaß patriarchaler Strukturen wird ihr jedoch erst bewusst, als sie selbst Opfer eines sexuellen Übergriffs wird.
Mit diesem Stück knüpft das Stadttheater Bruneck inhaltlich an „72 Stunden“ von Barbara Plagg an. In dem Stücksetzt sich die Wissenschaftlerin, Aktivistin und Autorin Plagg mit einer Gesellschaft auseinander, in der Frauenmorde an der Tagesordnung stehen. In Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Kulturinstitut tourt „72 Stunden“ in diesem Herbst als Wiederaufnahme durchs Land und soll auch in Schulen zu Diskussionen anregen. „72 Stunden“ ist eine Koproduktion des Stadttheaters Bruneck, der Carambolage Bozen und des Theaters in der Altstadt, Meran.
Alle vier Stadttheater arbeiten gemeinsam an einer Produktion, die Ende September Premiere feiert und durch alle vier Theater tourt. Es handelt sich um „Der Traam“, ein „elektronisches Musical“ von Simon und Dietmar Gamper nach einer Vorlage von Selma Mahlknecht. Inspiriert von realen Fällen wird die Suche nach einem Zuhause geschildert. Auf humorvolle Weise streift das Stück eine Reihe von Fragen rund um das Thema Wohnen: Rassismus auf dem Wohnungsmarkt, Erbstreitereien, touristische Vermietung und vieles mehr. Im Zentrum steht Milena (Viktoria Obermarzoner), die erkennt, dass der Kapitalismus der Architekt ihrer Wohn(t)räume ist. Simon Gamper hat für die humorvolle Dialekt-Erzählung rund 20 Lieder geschrieben, die das musikalisch begabte Ensemble vorträgt. Es besteht aus einer Südtiroler All-Star-Kompanie: René Dalla Costa, Georg Kaser, Brigitte Knapp und Viktoria Obermarzoner. Die bekannte Zitherspielerin Reinhilde Gamper interpretiert Simon Gampers Musik live.
Simon Gamper sagt dazu: „Für ‚Der Traam‘ haben wir uns vorgenommen, etwas zu kreieren, das wir in dieser Form noch nie gemacht haben. Genau das reizt mich an jeder neuen Arbeit besonders. Das Stück ist poppig, emotional, ergreifend und irgendwie auch alltäglich und fröhlich. Und natürlich spielt die Musik darin eine herausragende Rolle – diese mit einem so großartigen Ensemble ausfüllen zu dürfen, ist für mich eine besondere Freude.“
Von September bis November ist das Stück in Brixen, dann in Bozen, anschließend in Bruneck und zuletzt in Meran zu sehen.
Das Theater in der Altstadt Meran eröffnet derweil mit einer starken Frauenfigur aus der Mythologie: Elektra. Dabei wählen sie die Fassung von Nino Haratischwili, die den Titel „Elektras Krieg“ trägt. Die Autorin sagt zu ihrer Interpretation des Stoffes: „Ich wollte Elektra ins Heute versetzen, ohne mich in Tagesaktualitäten zu verlieren. Ich wollte die Spaltung meiner Welt, wie ich sie empfinde, darstellen: in Ost und West, Christentum und Islam; das Fremde, das einen ängstigt und überfordert, thematisieren.“ In dieser Inszenierung – unter der Regie von Torsten Schilling – spielt ein starkes Schauspielsextett: Jasmine Mairhofer, Markus Westphal, Margot Mayrhofer, Horst Hermann, Julia Augscheller und Laura Masten.
Neben diesen eindrucksvollen Stücken sind die Spielpläne voller spannender Gastproduktionen. So tourt Lukas Lobis mit seinem neuen Solo „Verwirrt“ durch alle vier Stadttheater. Musikalisch kommen nicht nur, aber besonders Jazz-Fans auf ihre Kosten.
Die bevorstehende Theatersaison verspricht nicht nur künstlerische Vielfalt und spannende Inszenierungen, sondern regt mit starken Frauenfiguren und aktuellen gesellschaftlichen Themen auch zu tiefgehenden Diskussionen an – ein Herbst, der auf Südtirols Bühnen in Erinnerung bleiben wird.
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